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Feuer und Flamme

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 8. September 2022

Vom Dorfschmied zum Dorfschlosser bis hin zum Metallbaubetrieb. Ueli Hauser blickt zurück.

Zumikon und sein Dorfschmied: Das sind viele Geschichten. Eine davon endete am vergangenen Samstag. Ueli Hauser von «stahl & form» überreichte nach über 34 Jahren den Schlüssel an seinen Nachfolger Roland Zurgilgen, der damit ein neues Kapitel aufschlägt. «Ich hätte natürlich auch an ein grösseres Unternehmen verkaufen können, aber mir war es wichtig, dass es weiterhin einen Dorfschlosser gibt, der auch für kleine Aufträge zu haben ist», unterstreicht Ueli Hauser.

Für Schmiede gab es gute und weniger gute Zeiten in der Gemeinde. 1845 gründete Heinrich Hardmeier eine Schmitte gegenüber vom alten Gemeindehaus. Auf ihn folgte Rudolf Binder. Beide profitierten von der holprigen Strasse von Zollikerberg nach Esslingen. Das änderte sich mit dem Bau der Forchstrasse. Dazu hiess es damals in der Dorfzeitung: «Ein typisches Beispiel hierfür bildet die Schmitte Zumikon. Der Stich gegen die Kirche verschaffte viel Arbeit. Hier löste sich manches Hufeisen und etliche Achse und manches Rad brach an der alten und holprigen Strasse. Mit der neuen Forchstrasse, die mehr oder weniger eben verlief, versiegte diese Einnahmequelle.»

Viele scheiterten

Nach Binders Konkurs 1883 versuchten sich bis 1910 noch sechs weitere Schmiede an diesem Standort; halten konnte sich aber keiner. Im Morgental wurde von Johannes Hardmeier 1872 eine neue Schmitte eröffnet. Im Jahr 1937 übernahm dann Ernst Eberhard-Hochstrasser, der schon seit 1930 dort gearbeitet hatte. Sein Sohn Ernst Eberhard-Allenspach absolvierte die Lehre als Huf-, Pflug- und Wagenschmied im elterlichen Betrieb. Da es aber immer weniger Bauern im Dorf gab und das Auskommen als reiner Schmiedebetrieb nicht mehr gewährleistet war, absolvierte er die Zusatzlehre als Schlosser mit der Weiterbildung zum Schlossermeister. Mit dem Umzug ins neue Werkstattgebäude 1971 im Schwäntenmos 1 begann eine neue Ära. Die Zeiten der klassischen Schmiedearbeiten waren vorbei, es wurden keine Pferde mehr beschlagen, ­keine Pflugscharen gerichtet und ­keine Wagenräder mehr mit Eisenringen versehen. Nur für das Abrichten und Nachschmieden von Bauwerkzeugen und Kunstschmiedearbeiten wurde die Esse noch angefeuert. Während der Energiekrise in den 1970er-Jahren tat sich für die Eberhards ein neues Geschäftsfeld auf: Sie konnten Wärmetauscher und Scheibenrahmen für Cheminées herstellen. Das Öl war knapp und mit den Cheminées konnte man den Wohnraum auf angenehme Temperaturen erwärmen.

Ueli Hauser selbst absolvierte seine Lehre als Metallbauschlosser beim Schmied Frei in Herrliberg – nicht, weil dies sein Wunschberuf war, sondern einfach, weil dort eine Lehrstelle frei war. Aber als er dort das erste Mal die Esse anfeuern durfte und mit dem Hammer das glühende Eisen bearbeiten konnte, da wusste er, dass dies sein Traumberuf war. Nach dem Abschluss als Metallbauschlosser – für die Schmiede gab es keine Weiterbildungsmöglichkeiten mehr – wollte Ueli Hauser unbedingt die Meisterprüfung absolvieren. Es folgten Lehr- und Wanderjahre im In- und Ausland. Wieder zurück in der Schweiz, besuchte der heute 60-Jährige für zwei Jahre die Metallbautechnikerschule in Basel mit Abschluss als Metallbau-Techniker und -Meister.

Keine EDV, kein Kopierer, kein Fax

1988 trat Ueli Hauser in den Betrieb von Eberhard Metallbau ein, mit der Absicht, diesen einmal zu übernehmen. Ein Geschäft, das damals noch ganz anders funktionierte wie heute. «Wir hatten natürlich überhaupt keine EDV, keinen Kopierer, kein Faxgerät. Der Chef hat damals noch richtig in der Werkstatt und auf Montage mitgearbeitet. Die Chefin schrieb mit der Schreibmaschine und Durchschlagpapier Offerten und Rechnungen, machte die Buchhaltung und verteilte Pflästerli an die Mitarbeiter, wenn sich diese in die Finger geschnitten hatten … so wie es eben in einem Familienbetrieb war.»

Schon ein Jahr nach dem Eintritt konnte Ueli Hauser Aktien erwerben, 1998 gehörte ihm der Betrieb ganz. Die Zeit nach der Übernahme war sehr anstrengend und arbeitsintensiv. Nach einem 12-Stunden-Arbeitstag zusammen mit den drei Kindern essen. Danach brachte der Papi die Kinder ins Bett, meistens ist er beim Geschichten vorlesen auch eingeschlafen … Brigitte Hauser ging ins Büro, schrieb Rechnungen, erledigte die Buchhaltung und die Administration.

Nachfolger gesucht

Mit 50 Jahren machte sich Ueli Hauser daran, einen Nachfolger zu suchen. Das stellte sich als sehr schwierig heraus. Mehrere Versuche scheiterten, kosteten ihn aber viel Geld. Die Suche stresste ihn zusehends. Irgendwann wollte er das Unternehmen liquidieren – einfach schliessen – nur noch den Lehrling durch die Prüfung bringen. Dann lernte er Bruno Hauser kennen, der Firmen auf störende Energiefelder untersucht. Er spürt die positiven und negativen Ladungen auf, als Messgerät dient ihm allein sein Gefühl und Gespür – und viel Erfahrung. Er betrachtet eine Firma wie ein Lebewesen mit Erinnerungen und einer energetisch spürbaren Vergangenheit. Zwei Wochen nach der «Reinigung» meldete sich Roland Zurgilgen, interessiert an der Übernahme. «Es hat sofort gepasst», erinnert sich Ueli Hauser. Die beiden Männer machten sich auf die gemeinsame Reise der Firmenübergabe – auch mittels Workshops zur neuen Identität des Unternehmens.

Das heisst nun für Ueli Hauser, dass er sich neben dem Schmieden seiner zweiten Leidenschaft widmen kann, der Traditionellen Chinesischen Medizin. Vor rund zwölf Jahren entdeckte er zunächst Qigong für sich, dann wurde er auf das ­Laoshan Zentrum in Österreich aufmerksam. Er besucht dort regelmässig Workshops, liess sich selber zum Taiji- und Qigong-Lehrer ausbilden. Jeden Morgen übt er sich während zwei Stunden in der alten Bewegungskunst. Er kann sich gut vorstellen, neben seiner Berater­tätigkeit auch Qigong an Firmen-Workshops zu vermitteln.

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