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Der Igel und der Mähroboter

Von Ramona Bussien ‒ 22. September 2022

Sie sind leise, hochmodern und gründlich. Ausserdem laufen immer mehr Mähroboter über Batterien. Rasenbesitzern scheinen die Geräte ideal; gefährdete Kleintiere wie Igel, Schnecke, Frosch und Co. ­verdrängen sie.

Nachhaltig, batteriebetrieben, total öko. Dass die Wiese auch Lebensraum von Tieren ist, geht oft vergessen. (Bild: rb)

Wird mit Begriffen wie «nachhaltig» und «umweltschonend» geworben, muss es ja eine gute Sache sein. Oder? Gärtner Nicolas Benz aus Zumikon steht den Mährobotern skeptisch gegenüber: «Auf die Biodiversität wirkt sich ein Mähroboter natürlich negativ aus. Eine Primel oder eine Braunelle wird man in einem solchen Rasen kaum finden.» Dass Igel einem Mähroboter zum Opfer gefallen sind, hat er bislang nicht erlebt. Aber gehört von einigen Zwischenfällen: von Mährobotern, die nachts an der Arbeit sind. Igelstationen und auch Tierärzte versorgen wieder und wieder Igel mit Schnittverletzungen. Die Ursache lässt sich nicht immer klären. Abgetrennte Gliedmassen, sauber aufgeschlitzte Bäuche und geköpfte Leichname dürften wenigstens zu Teilen auf den steigenden Gebrauch der Gartenroboter zurückzuführen sein.

Schwer bis tödlich verletzt

Laut Stiftung Warentest haben sieben von acht getesteten Robotern einen liegenden Kinderarm verletzt (Ausgabe 4/2022). Auch die Studie der dänischen Igelforscherin Sophie Rasmussen lässt kaum ein gutes Blatt an den praktischen Robotern. So reagierten alle 18 Testgeräte erst bei Körperkontakt zu den Igeln – egal ab Igelbaby, Jungigel oder Adulttier. Für den Igel zu spät: Anstelle die Flucht zu ergreifen, rollt er sich zur stachligen Kugel ein. Dieser Abwehrmechanismus funktioniert in der Natur einwandfrei – einzig Dachs und Uhu sind in der Lage, mit ihren langen Krallen die Igelkugel zu öffnen und das Tier zu töten. Im Idealfall umfahren Mähroboter die Igelkugel. Sophie Rasmussen beobachtete allerdings, wie die Geräte die Tiere überrollten – abhängig von der Grösse und der Ausrichtung des Tiers. Für den Versuch nutzte die Forscherin tote Tiere. Diese wurden vorher gründlich auf Verletzungen untersucht. So stellte sich heraus, dass vor allem Jungigel schwerste bis tödliche Verletzungen beim Zusammentreffen mit einem Mähroboter erlitten. Alle zum Versuchszeitpunkt im Jahr 2021 getesteten Geräte reagierten ungenügend auf die Igel – wobei die Verletzungsmuster von Gerät zu Gerät höchst unterschiedlich ausfielen. Geräte mit beweglichen Klingen beispielsweise neigen weniger dazu, ein Tier ernsthaft zu verwunden.

Keines der von Rasmussen überprüften Geräte erfüllte sämtliche Sicherheitsvorkehrungen. Jedes Modell erkannte einen Igel erst durch Berührung. Kein Modell stoppte bei Igelbabys. Mäher mit feststehenden Messern verursachten deutlich schwerere Verletzungen als solche mit beweglichen Messern. Sophie Rasmussen, auch die Igelstation Zürich rufen die Hersteller auf, sicherere Geräte zu entwickeln; die Technik wäre vorhanden. Solange keine tiersicheren Mähroboter erhältlich sind, empfehlen Igelforscherin, Igelstationen, Naturschutz und verantwortungsvolle Gärtner:

  • Vor Einsatz den Rasen auf Tiere kontrollieren
  • Auf keinen Fall nachts mähen lassen
  • Beim Kauf auf Modelle mit beweglichen Klingen achten
  • Den Roboter idealerweise im Auge behalten
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