Von Ramona Bussien ‒ 23. September 2022
Am Donnerstagnachmittag führt Markus Rüegg Senioren und Interessierte mit Bildern und Videos durch seine Vater-Sohn-Reise im südlichen Afrika.
Orange die Sets, grün die Servietten. Die Plätze im reformierten Kirchgemeindehaus füllen sich. Silvia Nigg begrüsst die Anwesenden. «Wo ist unser Referent?» «In Afrika!», witzelt ein Gast. Da ist er auch schon: Braun gebrannt und jung geblieben, einzig das Haar ergraut. Markus Rüegg schmunzelt über sein neustes Bilderbuch. «Ich habe mir angewöhnt, nun immer eins zu machen – für mein Gedächtnis.» Er beginnt mit einem Gedicht von Bridget Dore: «Du wirst Afrika niemals verlassen können», sagte Afrika. «Afrika wird immer ein Teil von dir sein …»
«Afrika kann man nur hassen oder lieben. Etwas dazwischen gibt es nicht.» Mit dabei war Sohn Christian. Die Reise begann zu Pandemie-Zeiten in Windhoek, Namibia, wo sie ihr Offroad-Fahrzeug mit Dachzelt organisierten. Ihr Zuhause für die nächsten Monate. Ab Windhoek werden die Strassen staubig, trocken, gelb. 38 Grad bei Sonnenuntergang. Ohne zu schwitzen.
In ihrem Fahrzeug lagern ein Kühlschrank, 70 Liter Wasser und Nahrungsvorräte – Datteln über Datteln. In vielen Gebieten regnete es das letzte Mal vor fünf bis sieben Jahren. Wie unwirtlich die Gegend auch ist: Tiere begegnen den Reisenden überall. Seltene Bergzebras und Orixantilope etwa. Aber keinen Touristen. Nur Afrikas Natur, und ein Firmament, wie sie es in Europa nie sehen. Milchstrasse, Milchnebel, Abermillionen Sterne – ein Nachthimmel frei von Lichtverschmutzung. Die Nächte verbringen sie in ihrem Dachzelt. Immerhin sind sie umgeben von Hyänen, Löwen und Leoparden. Auch tagsüber begegnen ihnen die imposanten Tiere – einmal streift ein Löwenmännchen nur wenige Meter hinter Christian Rüegg vorbei. Aggressiv seien sie nicht.
Die Sonne diktiert den Tagesrhythmus. Um 5 Uhr morgens stehen die Reisenden auf, um 8 oder 9 ziehen sie sich in ihr Dachzelt zurück. Am Heiligabend erreichen sie die Wüste Namib mit ihren weltgrössten Dünen. Christian Rüegg hat Chräbeli dabei. Weihnachten mit einem der schönsten Sonnenuntergänge. «Deswegen geht man nach Afrika.» Nach einem Sandsturm, einer Heissluftballonfahrt in 1400 Meter Höhe, dem unverhofften Besuch einer verlassenen deutschen Jagdfarm die erste grosse Hürde: der Grenzübertritt in die Kalahari, eine Dornstrauchsavanne.
«Gegen den Ärger brauchten wir einen Whisky», kommentierte Markus Rüegg die administrative Mühsal eines Grenzübertritts in Afrika. Immerhin: Sollten sie die andere Seite der Kalahari nicht erreichen, würde eine Suchaktion eingeleitet. Die beiden wussten, worauf sie sich einliessen. Sie bereisten die Kalahari während der Regenzeit. Das bedeutet schlammige Strassen, die das Fahrzeug dann und wann zu verschlucken drohten. Begegnungen mit den riesigen Tierherden waren Dank genug. Strausse, Löwen und Elefanten vor die Handykamera. Die Tiere zeigten keine Scheu, Touristen waren sie nicht gewohnt. Zebra- und Gnuherden, Giraffen, Schabrackenschakale, Erdhörnchen – ehe sie unverhofft dem ersten Menschen begegneten, einem jungen Mann aus Kloten. Im Okavango-Delta sahen sie Elefantenkühe mit Jungtieren – keineswegs unproblematisch –, Paviane, Impalas, Fischadler, aggressive Kaffernbüffel, Tüpfelhyänen, Warzenschweine, seltene Wildhunde, Nilkrokodile und die gefährlichsten Tiere des Kontinents: Nilpferde. Menschen begegneten sie in Livingstone auf einem Markt, im Dorf der San in Angola und dem Dorf der Himbas. «Das Elend gehört auch zu Afrika.»
Krönender Abschluss waren die Breitmaulnashörner, die Geparde und Markus Rüeggs’ Lieblingstiere, die Leoparden. Schliesslich war die Batterie voll. «Wir haben zu viele Tiere gesehen. Wir wollten wieder Menschen sehen.» Auch die Batterien des Publikums sind voll. Zeit, bei Kaffee und Kuchen über die neuen Eindrücke zu sinnieren und zu philosophieren.
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