Hier ist nichts abgekupfert

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 1. Dezember 2022

Rolf Arnold Müller hat seine Sammlung mit fast 3000 Objekten in einem umfassenden Buch dokumentiert. Doch das ist nur eine seiner Leidenschaften. Der Zumiker war auch Vertriebsleiter beim Pädagogischen Verlag «Modellbogen».

Rolf Arnold Müller hat 50 Jahre lang Kupfer in den unterschiedlichsten Formen gesammelt. Dokumentiert hat er dies nun in einem Buch. (Bild: bms)

Wenn jemand eine Kupfersammlung mit fast 3000 Exponaten aus fünf Jahrhunderten vorlegt und dazu noch ein 450-seitiges Buch zur Sammlung, sollte man meinen: Das ist sein einziges Hobby. Weit gefehlt. Diese Sammlung ist eine von Rolf Arnold Müllers Leidenschaften. Der Zumiker ist vielseitig interessiert und mit 80 Jahren immer noch neugierig.

Die Anfänge seiner Begeisterung für das Buntmetall liegen lange zurück. «Eigentlich habe ich seinerzeit mit Zinn begonnen. Aber mir wurde schnell klar, dass das zu teuer ist», erinnert er sich. Damals fehlte nicht nur das Geld, sondern vor allem die Zeit. Nach der Matura begann Rolf Arnold sein Studium der Germanistik, Anglistik und Musikwissenschaft. Früh lernte er seine heutige Frau kennen. «Wir wollten eine Familie gründen und vier Kinder bekommen», erzählt er. So kam es. Eine Tochter und drei Söhne wurden geboren. Rolf Arnold Müller begann, an der Kantonsschule Oerlikon zu unterrichten, wo er bis zur Pensionierung tätig war. Noch heute korrigiert er Maturaarbeiten und nimmt Prüfungen ab.

Knicken, falzen, kleben

Doch Müller war nicht nur Pädagoge, sondern auch in der Geschäftsleitung des Pädagogischen Verlags des Lehrerinnen- und Lehrervereins engagiert. Mit den Modellbogen des Verlags können wunderschöne Bauwerke entstehen – Schlösser, Flugzeuge, Autos. Die Objekte werden ausgeschnitten, gefaltet, geklebt. «In unserer besten Phase haben wir 2000 Schulhäuser beliefert», erinnert sich der ehemalige Geschäftsführer. Acht Bögen hat er selber beigesteuert. Da er in Oerlikon arbeitete, das Lager des Verlags jedoch in Grüningen war, zog die Familie nach Zumikon – genau dazwischen. «Ich habe damals bei der Gemeinde gefragt, ob es Bauland gebe.» Gab es. Sogar bezahlbar. Seit 1979 lebt die Familie an der Ringstrasse.

Die Kinder wurden grösser, das Berufsleben routinierter, und so gab es plötzlich ein bisschen Zeit für die alte Sammelleidenschaft. In fünfzig Jahren hat Rolf Arnold einen wahren Schatz zusammengetragen – von Wasserspendern über Brot- und Tabakdosen zu Kannen und Krügen, von Backformen über Fischpfannen bis zu Bettflaschen und Fusswärmern. In den ersten 30 Jahren war er vor allem in Antiquitätenläden unterwegs. «Davon gab es noch viele, in Zürich, Bern, Basel, auch im Welschland.» Mal war er mit einem speziellen Wunsch unterwegs, mal liess er sich einfach inspirieren.

Parallel besuchte er Auktionen, nicht immer erfolgreich. «Ich erinnere mich an eine Auktion in ­München, für die ich extra früh aufgestanden bin. Ich hatte Geld abgehoben, wurde aber immer wieder überboten. Aus Frust habe ich dann irgendeinen Quatsch gekauft», lacht er.

Lagerräume unter dem ­Gemeindehaus

Da die Sammlung stetig wuchs, stellte sich die Frage nach der ­Lagerung. «Meine Frau war sehr wohlwollend, weigerte sich aber, aus unserem Haus ein Museum zu machen.» Ein paar ausgewählte Stücke durften ins Haus. Für das grosse Mehr fand Rolf Arnold ­Müller unter dem Zumiker Gemeindehaus einen Lagerraum. In dem ehemaligen Reisebüro war eine Apotheke und diese verfügte über vier Lagerräume im Keller. Dazu noch über ein Fotostudio. Hier konnte er alle Objekte für die Publikation «Altes Kupfer» fotografieren. Er hat auch die Bilder bearbeitet, den Text geschrieben und das Layout gestaltet. Lange schon hatte er die Idee des Buches gehabt. Die Corona-Pandemie mit ihrer leeren Agenda und der vielen freien Zeit brachte die Chance.

Das Stöbern in Antiquitätengeschäften wurde mit der Jahrtausendwende durch das Suchen im Internet abgelöst. Vor allem auf eBay habe er viel erstehen können. «Durch das plötzlich viel grössere Angebot sind auch die Preise gefallen.» So gern er auf eBay biete, so ungern sei er auf dem Schweizer Portal Ricardo unterwegs. «Bei eBay gibt es eine Frist. Ist diese abgelaufen, hat das höchste Gebot gewonnen. Bei Ricardo verlängert sich mit jedem Gebot die Frist. Das ist nervenaufreibend.» Aber das ist eh Geschichte. Rolf Arnold Müller will sich von seiner Sammlung trennen. Da die Gemeinde ihre ­Kellerräume für das eigene Archiv benötigte, ist die Sammlung in Kartons verpackt anderswo eingelagert. «Vielleicht interessiert sich ein passionierter Sammler, ein Museum für Kunsthandwerk oder ein Kupferbergwerk.»

Erzählen, schreiben, reisen

Rolf Arnold Müller möchte sich wieder mehr der Familie und den acht Enkelkindern widmen. So versuchte er sich auf Anregung der Tochter in «Oral History». Gemeinsam mit seiner Frau erzählte er von den Grosseltern und Eltern, hat also einen Teil der Familiengeschichte festgehalten. Kein Wunder, interessiert ihn auch die Stammbaumforschung. Aber der 80-Jährige reist nicht nur gern in die Vergangenheit, sondern auch in ferne Länder. Zur goldenen Hochzeit ging es nach Ostafrika. Zuvor besuchten seine Frau und er schon Japan, China, den Jemen, Burma – um nur einige Ziele zu nennen. Dann gibt es noch ein Hobby: die Schriftstellerei. Mit «Der letzte Held» hat der Zumiker noch im alten Jahrtausend einen Roman mit einer spannenden Grundidee publiziert: Was wäre, wenn man der letzte Mensch auf der Erde ist? Gibt es einen Lebenssinn? Gibt es eine Motivation?

Eines steht fest: Sollte es jemals wieder zu einem Lockdown kommen, Rolf Arnold Müller wird die Zeit zu nutzen wissen.


«Altes Kupfer» – Die Sammlung Müller von Flurlingen
Rolf Arnold Müller
Cuprum-Verlag
ISBN 978-3-033-08690-6

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