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Mit Schere, Leim und Fantasie

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 8. Dezember 2022

Das Buch «Kreative Kinder» bietet viel mehr als nur Bastelanleitungen. Ein Plädoyer für die Kreativität.

Annette Gröbly testet alle Anleitungen aus – oft gemeinsam mit dem Sohn. (Bild: zvg)

Dass Annette Gröbly kreativ ist, beweist die Zumikerin regelmässig mit ihrem Magazin «Kiludo». In diesem gibt sie mal nach Thema, mal nach Jahreszeit Anleitungen für Spiele und Bastelarbeiten sowie Bastelboxen. Mit dem Buch «Kreative Kinder» legt sie nun, gemeinsam mit Andrea Syz, ein Mammut-Bastel-Buch vor – rechtzeitig zur Adventszeit, in der Jungen und Mädchen noch lieber schneiden, kleben, stanzen und malen. In dem liebevoll gestalteten Buch helfen die Autorinnen vor ­allem Müttern und Vätern, die mit der Heissleimpistole nicht auf du und du sind. In den 55 Ideen zum freien Gestalten ist für jeden Geschmack etwas dabei. Da gibt es essbare Kunstwerke, Portraits, Masken und selbst gestaltete Skizzenbücher. Das Tun steht im Vordergrund. Das Ergebnis ist sekundär. Die Autorinnen brechen eine Lanze für die Schlüsselkompetenz Kreativität. Diese schult Feinmotorik und bildet einen Gegenpol zum kopflastigen Schulalltag.

Grundsätzlich gibt es zwei Wege: einer Anleitung folgen oder frei experimentieren. «Dieser zweite Weg braucht mehr Zeit. Er ermöglicht es den Kindern aber, vielfältige ­Erfahrungen zu machen, eigenständige Ergebnisse zu kreieren und Kompetenzen für Problemlösungen zu entwickeln», schreiben die Autorinnen.

Wichtig bei der Förderung der Kreativität seien unter anderem Anregungen, Begleitung und Wertschätzung, auch Zeit und Freiraum. So gerne Wohnzimmer und Küche für Bastelarbeiten belagert werden, so wichtig seien einige Vereinbarungen. Ist ein Projekt abgeschlossen, wird aufgeräumt. Nicht alle Werke können aufbewahrt werden, und natürlich gehört Abfallmaterial in den Papierkorb. Im besten Fall gebe es einen festen Ort, an dem ein Grundstock an Bastelmaterial parat liegt (eine Liste mit Basismaterial liefert das Buch). «Oftmals vergessen sich die Kinder beim Gestalten: Sie malen oder kleben über den Rand des Blattes oder benutzen Alltagsgegenstände, die sie in der Nähe finden. Da kann es sinnvoll sein, im Voraus den Boden mit ­einem alten Teppich oder die Wände mit Malerpapier abzudecken.» Ausreichend Zeit sei einzuplanen, denn Zeitdruck behindere Kinder bei der Entfaltung. Auch sollten ­Erwachsene nicht ungeduldig werden, sondern im besten Fall auch die Aufräumzeit miteinplanen. Als ­Material eigne sich fast alles. Neben dem Grundstock an Farben, Kleber und Stiften kann das gut auch ­Recyclingmaterial sein: WC-Rollen, Kartonverpackungen, auch defekte Kleider oder Geschenkbänder.

Keine Lust auf Basteln?

Zur freien Entfaltung braucht es manchmal gewisse Impulse. Gibt es besonders spannende Materialien? Welche Techniken möchte das Kind kennenlernen? Welches Thema findet es spannend? Und wenn das Kind gar keine Lust auf Basteln hat? Auch damit befasst sich das Buch. Wichtig sei es herauszufinden, ob es einfach nur keine Lust hat. Oder vielleicht Angst hat, etwas Neues auszuprobieren, oder gar Hemmungen hat, weil es denkt, das Ergebnis sei nicht ansprechend. «Richtig» oder «falsch» gibt es beim Basteln nicht. Manchmal verbreiten sogar Eltern Unlust. Etwa mit wertenden Fragen wie «hast du die Arme vergessen?» oder «wo sind denn die Haare?» «Sie lassen die Kinder glauben, sie hätten etwas falsch gemacht.» Viel wichtiger sei die Wertschätzung. «Eine Herzenskreation braucht einen geeigneten Platz, wo sie für eine gewisse Zeit zur Schau gestellt werden kann. Die Kinder fühlen sich dadurch wahrgenommen und geachtet. Das motiviert sie wiederum, weiterhin kreativ zu sein.» Natürlich dürften Kunstwerke auch verwendet werden. Aus Kinderzeichnungen können Briefumschläge werden oder Grusskarten.

Ein besonderes Kapitel gehört der Natur – diesem enormen Fundus für Kreativität. Steine, Stöcke, Moos, Zapfen, Blätter. Angst vor schlammigen Schuhen oder dreckigen Hosen muss zu Hause bleiben. Die abschliessenden konkreten Anleitungen für verzierte Schneckenhäuser oder ein Lesezeichen sind übersichtlich und inspirierend. Das gilt auch für die praktischen Tipps wie das Was-wäre-wenn-Spiel. Was wäre, wenn es keine Smartphones gäbe? Wenn die Kinder nicht zur Schule gehen dürften? Wenn es ­keine Farbe gäbe? Mit «Kreative Kinder» haben vielleicht sogar Mama oder Papa wieder Lust am Experimentieren.


Kreative Kinder, 160 Seiten
ISBN 978-03902-183-3

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