Vielfache Unterstützung für schwerkranke Kinder

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 16. Februar 2023

Evi Ehrensperger-Schaub engagiert sich als Geschäftsführerin der Stiftung «Chance für das kritisch kranke Kind» auf den Intensivstationen und der Neonatologie des Kinderspitals Zürich.

Mit Power setzt sich Evi Ehrensperger-Schaub für die Stiftung ein. (Bild: bms)
Mit Power setzt sich Evi Ehrensperger-Schaub für die Stiftung ein. (Bild: bms)

Ab der ersten Frage sprudelt es aus Evi Ehrensperger-Schaub heraus. Sie erzählt von der Stiftung, vom neuen Newsletter, der Webseite, dem QR-Code. Von den Spendern und Spenderinnen, den neuen Projekten. Die 62-Jährige ist seit April 2022 Geschäftsführerin der Stiftung. Gegründet 1999 unterstützt die Stiftung kritisch kranke Kinder, deren Eltern und Familien. Kinderkrankheiten kennen alle Eltern. Aber es gibt schwere Erkrankungen, die Kinder und Eltern zur Verzweiflung treiben können. Der Newsletter erzählt zum Beispiel vom kleinen Ben, der viel zu früh zur Welt kam. Nach dem Kaiserschnitt musste er reanimiert werden. Nach bangen Stunden ist er stabil genug, um mit der Babyambulanz ins Kinderspital gebracht zu werden. Über den Stunden des Wartens hängt die Frage: Wie lange war der Junge im Mutterleib ohne Sauerstoff? Ist sein Gehirn geschädigt? Wird er körperlich behindert sein? Im Fall von Ben hat die Geschichte ein gutes Ende. Bei einem Jugendlichen hingegen sind nach einem Unfall mit Starkstrom 85 Prozent der Haut verbrannt. Es beginnt ein langer Weg. Immer wieder wird Haut transplantiert. Dann versagt beim 14-Jährigen ein Organ nach dem anderen. Für Eltern und Geschwister heisst es Abschied nehmen.

Bewegende Geschichten. Aufgabe der Stiftung ist, bei den Herausforderungen einer schweren Erkrankung zur Seite zu stehen. «Und weil es so vielfältige Aufgaben sind, sind wir für jede Spende dankbar», unterstreicht Evi Ehrensperger-Schaub. Nimmermüde wirbt sie für die Organisation, knüpft Kontakte, bespricht sich mit dem Stiftungsrat. Vor zehn Jahren publizierte die Stiftung ein Tagebuch, in dem Eltern und ältere Kinder Erfahrungen, Gefühle und medizinische Informationen festhalten können.

Notoperation in der Nacht

Evi Ehrensperger-Schaub hat seinerzeit intuitiv ein solches Tagebuch geführt. Sie kennt die Ängste der Eltern genau. Ihre Tochter ­Caroline war ein fröhliches, sportliches Mädchen. Mit 13 Jahren bekam sie oft Kopfschmerzen, nahm ab, sah schlechter. Der Kinderarzt beruhigte. Vermutlich die Pubertät. Vielleicht auch die Trennung der Eltern oder eine überbesorgte ­Mutter. Doch dem Mädchen ging es immer schlechter. Sie übergab sich öfters, die Kopfschmerzen nahmen zu. Schliesslich war sie so geschwächt, dass die Mutter ihre Tochter auf den Armen ins Kinderspital brachte. In der Nacht kam der Anruf: Caroline habe einen Hirntumor. Sie müsse sofort notoperiert werden.

Fortan drehte sich das Leben der Mutter um die Folgen des Tumors. Sie informierte sich, sprach mit den Ärzten und notierte sich alles. «Nach der Entfernung des Kraniopharyngeoms kann es viele Folgeerkrankungen geben. Caroline hat das Pech, dass sie alle hat.» Ihre Sehkraft ist stark eingeschränkt, der Kopfschmerz weicht nicht, sie ist wackelig in der Koordination, hat Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis, leidet extrem unter Lärm und Hitze. Sosehr das Mädchen vor der OP abgenommen hatte, weil der Tumor auf das Zentrum für Hunger und Durst drückte, sosehr hat sie danach trotz Diät zugenommen. Die Regulierung durch Hormone fehlt. Sie muss neben vielen anderen Medikamenten auch Kortison nehmen. Natürlich hadere ihre Tochter ab und zu mit dem Schicksal. Wenn andere junge Erwachsene reisen, ein Auto fahren können, zum Skifahren gehen. «Aber Caroline hat ihre Leidenschaft, das Malen entdeckt», freut sich die Mutter. Vor einigen Jahren durfte sie mit einem Werk das Zumiker Neujahrsblatt gestalten.

So selbständig wie möglich

Lange wich Evi Ehrensperger-Schaub nicht von der Seite der Tochter, fuhr sie von Arzttermin zu Arzttermin, zur Physiotherapie, war auch nachts zur Stelle. Gleichzeitig war ihr wichtig, nur so viel Unterstützung zu leisten, wie absolut notwendig war. Caroline wohnt mittlerweile in einem Haus der Pigna-Stiftung. Diese fördert, unterstützt, betreut und beschäftigt Menschen mit Behinderung. Caroline wird Zeit ihres Lebens auf Betreuung selbst in der Nacht angewiesen sein. Ist sie zu Hause, übernimmt die Mutter diese Aufgabe.

Dank der Wohngruppe hat Evi ­Ehrensperger-Schaub nach vielen gemeinsamen Jahren wieder mehr Zeit. Sie geht ins Pilates, trifft sich mit Freunden, geniesst Ausflüge in die Natur, übernimmt fürs Museum Zunftstadt Zürich regelmässige Führungen in Deutsch und Englisch. Doch die meiste Zeit fliesst in die Stiftung. «Wir haben neu einen Känguru-Stuhl. Auf ihm können die Frühchen auf dem nackten Oberkörper der Eltern liegen», erklärt sie. Sie erzählt auch von der beruhigenden Wirkung der Musiktherapie und der Kunsttherapie mit den schillerndsten Farben.

Aktuell ist die Pflegeberatung als Bindeglied zwischen Medizin, Pflege, Behandlungsteam, Eltern und Familie gefordert. Da aussergewöhnlich viele, kritisch kranke Kleinkinder mit viralen Atemwegsinfektionen (häufig RSV) hospitalisiert sind, kommen die Behandlungsteams aus Medizin und Pflege an ihre Grenzen – dies bei einem bereits bestehenden Mangel an Fachkräften. Die Pflegeberaterinnen integrieren die Familien wo möglich in die Prozesse und unterstützen die Eltern und medizinischen Teams bei ihrer Arbeit.

Zu den Aufgaben der Geschäftsführerin gehört Administratives: Spenden erfassen, Spendern danken, die Sitzungen des Stiftungsrats planen und führen. An diesen wird über die Anträge der Intensivstationen und Neonatologie entschieden. Anträge zur Unterstützung, Entlastung. Welche Chance!

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