Von Ramona Bussien ‒ 9. März 2023
Schweizweit und in Echtzeit zeichnen die Stationen des Nationalen Pollenmessnetzes Pollenflug und -konzentration auf. Dieses Jahr erreichte die Hasel schon im Januar mässige bis starke Werte. Zusammen mit der Erle markiert sie die erste Pollensaison, ehe sich ab März Esche und Birke anschliessen. Während die Haselblüte im April endet, wartet die Erle im Mai und Juni mit einer zweiten Saison auf – überboten wird sie in Intensität und Dauer von den Gräsern, die dank ihrer Diversität und Dichte von April bis Ende September Pollendaten liefern. Die Schweizer Pollenprognose sammelt nicht nur bedeutsame Daten für die Wissenschaft, sie hilft auch Betroffenen, Symptome zu deuten und präventiv mit der Medikation zu beginnen. Fürs Immunsystem ist Blütenstaub ein medizinisches Debakel, aus wissenschaftlicher Sicht ein Wunder der Natur.
Die einzelne Blüte eines Grashalms enthält rund vier Millionen Pollenkörner. Diese riesigen Mengen sind typisch für windblütige Arten – für Pflanzen, die sich an die Bestäubung durch den Wind angepasst haben. Die Verbreitung ihrer Pollen ist, anders als bei Tierbestäubung, komplett dem Zufall überlassen. Je mehr Pollen, desto höher die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung. Die meisten für Allergiker relevanten Arten fallen in diese Kategorie.
Der umgangssprachliche Pollen- oder Blütenstaub beschreibt eine Masse, die aus Abermillionen einzelner Pollenkörner besteht. Ein Pollenkorn wiederum setzt sich aus zwei bis vier Zellen zusammen, darunter jene männliche Keimzelle, die bei der Befruchtung mit der weiblichen Keimzelle schliesslich zur Zygote verschmilzt. Die meisten Allergene befinden sich im Innern des Pollenkorns. Dabei handelt es sich um wasserlösliche Proteine, die bei Kontakt mit der menschlichen Schleimhaut in Sekundenschnelle freigesetzt werden und eine Immunreaktion auslösen können. Ob Hasel, Esche oder Gräser: Unter den für die Schweiz relevanten Arten befinden sich ausschliesslich Blütenpflanzen im engeren Sinne, sogenannte Bedecktsamer. Die ursprünglicheren Nacktsamer, wozu die Nadelhölzer zählen, stellen unser Immunsystem hingegen kaum vor eine Herausforderung.
Übrigens: Pollenkörner verfügen über eine für ihre Gattung oder Art typische Pollenwand, die so stabil ist, dass sie Jahrmillionen überdauert. So ziehen Paläontologen aus fossilen Pollendaten Rückschlüsse darüber, wie die Vegetation etwa zu Zeiten der Dinosaurier ausgesehen und wie sich das Klima auf der Erde in den letzten zehn, hundert oder zweihundert Millionen Jahren verändert hat.
Der Beginn der Pollensaison schwankt von Jahr zu Jahr, von Pflanzenart zu Pflanzenart. Einmal blüht die Hasel bereits im Januar, einmal erst im März. Dies hängt von der Temperatur, Feuchtigkeit und Niederschlagsmenge ab. So zeichnen die Messstationen in höheren Lagen weniger Pollen auf als im Mittelland. Die Klimaerwärmung bewirkt eine zeitliche Verschiebung der Pollensaison: Birken und Eschen blühen zwei bis drei Wochen früher als vor 20 Jahren. Während sich die Pollensaison bei Bäumen zeitlich verschiebt, verlängert sie sich bei Gräsern und Kräutern. Hinzu kommen künftig auch allergene Pflanzenarten aus dem Mittelmeerraum, die sich nördlich der Alpen ausbreiten und ihren Teil zum Pollen-Cocktail beitragen. Für Allergiker keine rosigen Aussichten.
Pollenprognose Schweiz:
www.pollenundallergie.ch oder «Pollen-News» App vom Allergiezentrum Schweiz: www.aha.ch/allergiezentrum-schweiz
ANMELDEN
Herzlich willkommen! Melden Sie sich mit Ihrem Konto an.