Abschied von Elisabeth Kopp

Von Franca Siegfried ‒ 4. Mai 2023

Eine Trauerfeier am Mittwoch 3. Mai in der kleinen Kirche in Zumikon. Ein intimer Rahmen für eine Frau, die gross denken konnte. Eine Hommage an die erste Bundesrätin der Schweiz, die mit 86 Jahren verstarb.

Ein Aufmarsch der Medienleute aus der ganzen Schweiz vor der Kirche in Zumikon. Besonders gefragt sind persönliche Aussagen von Politikerinnen über die erste Bundesrätin der Schweiz. (Bild: fs)
Ein Aufmarsch der Medienleute aus der ganzen Schweiz vor der Kirche in Zumikon. Besonders gefragt sind persönliche Aussagen von Politikerinnen über die erste Bundesrätin der Schweiz. (Bild: fs)

«Trauern um die erste Bundesrätin im Land, trauern um eine Pionierin, trauern um eine Mutter, Gross- und Urgrossmutter – trauern um eine Freundin.» Bundesrätin Karin Keller-Sutter steht am Rednerpult der reformierten Kirche in Zumikon und findet die richtigen Worte. Sie erwähnt, dass in der Kirche wohl auch andere sitzen, die zu dieser Stunde Elisabeth Kopp um Verzeihung bitten – fast 30 Jahre nach ihrem Rücktritt. Und betont, dass sie selbst in ihrer politischen Karriere mehr Glück hatte – sie habe ­Kolleginnen im Bundesrat. Diese Institution hätte sich 1988 von ­Verdächtigungen mitreissen lassen und die erste Bundesrätin allein gelassen – auch viele aus ihrer Partei, der FDP. Zur Versöhnung kam es erst viel später, als der juristische Fall um Geldwäsche ihres Mannes Hans W. Kopp sich als nichtig erwies. Diese Situation soll eine Lehre sein: «Nicht jeder Fehler ist ein Skandal», betont die Bundesrätin. Sie spricht über eine der Höchststrafen in unserem Land – die gesellschaftliche Ächtung.

Illustre Gäste

Paul Imhof, langjähriger Gemeinde­schreiber, berichtet über Elisabeth Kopp als erste Gemeindepräsidentin 1974 im Kanton Zürich, lange bevor sie nach Bern gewählt wurde. In den zehn gemeinsamen Jahren wuchs neben den grossen Projekten, wie Forchbahn-Untertunnelung und «Dorfplatz für alle» eine Freundschaft. Darum war es für den damaligen Gemeindepräsidenten und ihn als Gemeindeschreiber selbstverständlich, als sie vom ­Eklat hörten, dass sie Elisabeth Kopp in Bern abholten – den schweren Weg sollte sie nicht alleine ­machen müssen. Zumikerinnen und Zumiker haben an sie geglaubt. Das wird wohl der Grund sein, dass Elisabeth Kopp nicht im Grossmünster in Zürich verabschiedet werden wollte. Eine logistische Herkulesaufgabe für die Gemeinde, bestätigt der aktuelle Gemeindeschreiber Thomas Kauflin. Die Trauerfeier wird in die Turnhalle Farlifang übertragen. Die Inter-Community School (ICS) schickte die Kinder ins Homeschooling, stellte Parkplätze für die Trauergäste bereit und die Schulbusse transportierten Gäste aus der Politik: Alt-Bundesräte ­Johann Schneider-­Ammann, Arnold Koller, Adolf Ogi und Christoph ­Blocher, Alt-Bundesrätin Ruth Metzler-­Arnold, diverse Parlamentarierinnen wie die Regierungsrätinnen Natalie ­Rickli und Carmen Walker Späh. Die Bundesrätinnen Karin Keller-Sutter und Elisabeth Baume-Schneider brachten Weibel diskret zum Hintereingang der Kirche.

Im Zwiegespräch

Die Tochter Brigitte Küttel spricht über und mit ihrer Mutter, als würde diese auf der vordersten Bank in der Kirche sitzen. Geschichten von Gemeinsamkeiten und Distanzen – von zwei Frauen aus zwei Generationen. Beide haben Rechtswissenschaft studiert, im Eiskunstlauf hingegen war die Mutter erfolgreicher. Die Tochter entschied sich gegen eine politische Karriere, doch beide leisteten Militärdienst, überzeugt von der Gleichberechtigung. Die Tochter erzählt von gemeinsamen Erinnerungen an Orten wie Zumikon, dem Gardasee und den Bergen – nicht zu vergessen die Hündin Zita. Und sie spricht davon, wie sie die gesellschaftliche Ächtung zusammen mit ihrer Mutter erlebt hat und heute weiss, wie ­Sippenhaft sich anfühlt.

Auftritt in Königsblau

Regierungsrätin Carmen Walker Späh kondoliert im Namen der ­Zürcher Regierung und betont, wie mutig Elisabeth Kopp war. Fortschritt sei ihr Zeit ihres Lebens wichtig gewesen. Klug und diskussionsfreudig habe sie als erste ­Bildungsrätin im Kanton Zürich ­gewirkt – elegant im Kleid, als Statement zur Gleichberechtigung. Carmen Walker Späh: «Sie liebte Königsblau, die Farbe des Zürcher Heimatkantons und der FDP.»

Leben in Versöhnung

Vier Frauen und ein Mann sprechen an der Trauerfeier. Als vierte Frau erzählt die Zumiker Pfarrerin Adelheid Jewanski, wie sie Elisabeth Kopp an ihrem 80. Geburtstag getroffen hat, eine Dame, die Versöhnung lebte, frei von Bitterkeit. Die Pfarrerin zitiert die NZZ, welche in einem Nachruf die Alt-Bundesrätin als tragische Figur bezeichnet hat. «Das war sie nicht.» Sie hielt zu ihrem Ehemann und musste erleben, wie sich Menschen im Umgang mit Macht verhalten können, die einen aktiv, die anderen passiv mit Wegschauen. Zum Schluss ­zitiert sie Albert Schweitzer: «Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren von Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir weggehen.»

Elisabeth Kopp hat Spuren hinterlassen, das zeigte sich auch am Aufmarsch der Medienleute vor der malerischen Kirche: darunter jüngere Journalistinnen, Fotografen, Kameramänner, die nicht erlebt hatten, was die Medien damals zur Ächtung der ersten Bundesrätin beigetragen haben – im guten Glauben als Wächter der Demokratie.

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