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«Menschlichkeit verbreiten – Mitverantwortung tragen»

Von Franca Siegfried ‒ 8. Juni 2023

Am 13. Juni wird die geplante Asylunterkunft an der Gemeinde­versammlung Zumikon viel zu reden geben. Ein Nein-Komitee mobilisiert gegen das Projekt. Leserbriefe im Zolliker Zumiker Boten beinhalten vier Haupt­argumente dagegen.

Mit einer provokativen Bildsprache wirbt das Plakat für Nein-Stimmen.(Bild: cef)
Mit einer provokativen Bildsprache wirbt das Plakat für Nein-Stimmen. (Bild: cef)

Die neue, gestiegene Aufnahmequote von 1,3 Prozent bzw. 74 Personen gilt ab 1. Juni 2023 auch in der Gemeinde Zumikon. Die Anzahl der Asylsuchenden nimmt weiter zu, Bund und Kantone ­suchen nach Lösungen, welche schliesslich die einzelnen Gemeinden umsetzen müssen. Zumikon wird mit der Unterbringung in der Kollektiv-Unterkunft Schwäntenmos 12 an die Grenzen stossen. ­Deshalb wurde die Projektierung für zusätzliche Plätze notwendig. Die Entwicklung im Asylbereich ist nicht absehbar und erfordert viel Flexibilität in der Planung. Der Zumiker Gemeinderat hat mit der Landreserve beim Schulareal Farlifang die bestmögliche ­Option gefunden, zumal der neue solide Holzelementbau später umgenutzt werden könnte. Durch kontroverse Diskussionen in der Gemeinde hat sich gegen dieses Projekt ein Nein-Komitee formiert. Entsprechende Leserbriefe sind auch im Zolliker Zumiker Boten publiziert worden (siehe Box).

Simple Botschaft

Interessant ist die Plakat-Kampa­gne des Nein-Komitees. Eine vierstöckige schwarze Kaserne, davor kleine Kinder mit Springseil ins Spiel vertieft, so soll die Unterkunft in Zumikon werden. Unsere Kinder im Schatten von Asylsuchenden. Diese polarisierende Bildsprache ist schon geläufig. So hat etwa die Stadt Basel 2009 das Plakat, welches für das Minarett-Verbot warb, auf öffentlichem Grund verboten. Auffällig waren damals schwarze Türme für die Gebetsrufer, die wie Bajonette aus der Schweizer Flagge ragten. Schwarz waren auch die Schafe für die Ausschaffungs- und später Durchsetzungsinitiative im Jahr 2016. Das Deutsche Magazin «Der Spiegel» titelte: «Simple Botschaften, drastische Bilder.»

Geheime Abstimmung

Am Pfingstmontag hat das Komitee zu einer Information auf dem Schulareal Farlifang eingeladen. Es gab Bratwurst und dazu seine ­Argumente. Das Komitee wird an der Gemeindeversammlung eine geheime Abstimmung fordern, da angeblich die Stimmberechtigten in Zumikon ihre demokratische Mitbestimmung nur so wahrnehmen können, was de facto nicht stimmt. Die Landsgemeinde als gesetzgebende Volksabstimmung ist die Frühform der direkten Demokratie in unserem Land. Will das Nein-Komitee mit seiner Forderung die Schweigespirale der 1970er-Jahre aufleben lassen? Damals hat die Kommunikationswissenschaftlerin Elisabeth Noelle-Neumann über die Theorie der öffentlichen Meinung geforscht. Ihr Fazit: In dem vorherrschenden Meinungsklima würden viele nicht wagen, sich frei zu äussern, daraus entstehe eine Schweigespirale. Tatsache ist, dass bei einer Ablehnung am 13. Juni eine andere Lösung gefunden werden muss – an den Vor­gaben des Kantons gibt es nichts zu rütteln. Neue Projektierung, neue Kosten und die Suche nach neuem Standort: Im Dorf oder Container in einem anderen Quartier? Als Übergangslösung Wohnungen mieten zu üblichen Marktpreisen? Zur Not eine kürzere oder längere Nutzung von Gemeinderäumlichkeiten, etwa Turnhalle oder Gemeindesaal? In zwei Leserbriefen wird für ein Ja zur Asylunterkunft Farlifang appelliert: «Wir müssen tun, was uns vielleicht gar nicht so einfach fällt. Menschlichkeit verbreiten und Mitverantwortung tragen.»


Analyse der Leserbriefe mit vier Hauptargumenten gegen die Asylunterkunft Farlifang

1. Strategischer Fehlentscheid: Zumikon hat in der Vergangenheit mehr Asylsuchende als vorgegeben aufgenommen. Es geht nicht um Solidarität, sondern um Landreserve bzw. um einen Generationenwechsel in Zumikon. Hort und Schule sind jetzt schon an ihren Grenzen.
2. Teures Chamäleon: Kosten sind von geplanten 2,9 Millionen auf 4,5 Millionen Franken gestiegen wegen möglicher Umnutzung, falls die Zahl der Asylsuchenden zurückgehen würde.
3. Schulraum ist kein Wohnraum: Der Pausenplatz ist schon mit Kindergarten und Hort übernutzt bzw. ein Problem für die Aufsicht. Familien der Asylunterkunft werden diese Umgebung auch noch nutzen.
4. Wertvolle Landreserve – Parzelle 3742: Die 18 000 Quadratmeter sind bereits zu Dreiviertel überbaut (Schulanlage, Turnhalle, Tartanbahn usw.). Mit der Asylunterkunft bleiben den ­Kindern noch 2000 Quadratmeter, die sie jetzt schon für den Fussball nutzen.

Einordnen der vier Gegen­argumente vom Gemeinderat Zumikon

1. Asylpolitik wird nicht in der Gemeinde gemacht. Die Gemeinde hat wenig eigene Landreserven, die alle auf ihre Eignung geprüft wurden. Die Parzelle in der «Zone für öffentliche Bauten» ­erwies sich als geeigneter, weil man aus der Gesamtsicht andere Parzellen mit vielfältigeren Nutzungsmöglichkeiten als Reserve benutzt. Andere, vielleicht einmal benötigte Wohnbauten sind nur in anderen Bauzonen zulässig, wo aber die erlaubte Gebäudehöhe niedriger und der Baugrund teurer ist.
2. Effektive Kosten sind erst bei einem fertigen Projekt mit Kostenvoranschlag bekannt. Für die Projektierung muss man eine ungenaue Annahme treffen. Die budgetierten 2,9 Mio. Franken wurden aus einem Vergleichsobjekt in Gossau abgeleitet, mit einer deklarierten Ungenauigkeit von plus-minus 25 bis 30 Prozent. Als Vergleich: Die Gemeinde Stäfa hat für die gleiche Anzahl Personen Container
für 3,5 Mio. Franken erstellt; ­Lebensdauer maximal zehn Jahre. Diese Kostendifferenz für
die solide, umnutzbare Zumiker Lösung ist eine Investition in die Zukunft: Das Gebäude kann auch nach 40 Jahren genutzt werden.
3. Warum soll der Pausenplatz mit Kindergarten und Hort (fünf Klassen) übernutzt sein, angesichts der Tatsache, dass hier einst neun Sekundarklassen unterrichtet wurden. Zur Benützung des Spielplatzes gilt schon heute die Regel: Während Unterrichts- und Hortbetreuungszeiten ist der Spielplatz reserviert; am Wochenende und abends dürfen ihn jedoch alle Zumiker Kinder benützen.
4. Die 18 000 Quadratmeter sind um 2000 Quadratmeter grösser als der Sechseläutenplatz. Davon benötigen heute Schulhaus und Turnhalle 4450 Quadratmeter. Von den restlichen 13 550 Qua­dratmetern wird das neue Gebäude 450 benötigen. Es bleibt genügend Raum für spielende Kinder und sogar für Erweiterungsbauten der Vorschule.

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