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Toleranz gegenüber Unkraut

Von Sabine Born ‒ 8. Juni 2023

Herbizide und Biozide zur ­Unkrautvernichtung auf Wegen und Plätzen sind verboten. Die Rechtslage ist klar, die ­Umsetzung erfolgt in der Praxis jedoch nicht immer gleich.

Was Unkraut ist und was nicht, ist oftmals eine rein ästhetische Frage. (Bild: cef)
Was Unkraut ist und was nicht, ist oftmals eine rein ästhetische Frage. (Bild: cef)

Seit 2001 ist der Einsatz von Herbiziden auf Strassen, Wegen, Plätzen sowie auf Dächern und Terrassen verboten. Seit 2020 gilt dieses Verbot auch für Biozide gegen Algen und Moose. «Es gibt also keine zulässigen Mittel für die Anwendung auf befestigten Flächen. Die Verordnung unterscheidet auch nicht zwischen biologischen oder natürlichen Inhaltsstoffen und chemisch-synthetischen», betont Claudia Vogt, Projektleiterin Natur- und Grünunterhalt bei der «sanu future learning ag», eine Bildungs- und Beratungsstätte für den Bereich Nachhaltigkeit. Oft werde beispielsweise Pelargon- beziehungsweise Essigsäure als natürliche Alternative verkauft. Doch auch das seien keine zulässigen Mittel zur Beikrautbekämpfung auf Strassen, Wegen, Plätzen und Terrassen.

Die Gemeinde Zollikon setzt in der Unkrautbekämpfung schon seit zehn Jahren auf ein thermisches Verfahren mit Wasser, wie Adnan Imeri, Teamleiter Unterhaltsdienst, erklärt. Konkret bedeutet das, dass Unkraut mit einem speziellen Gerät behandelt wird, das ausschliesslich Trinkwasser verwendet. Das Wasser wird auf 100 Grad erhitzt und dann auf die zu behandelnde  Oberfläche aufgetragen. So wird die oberflächliche Zellstruktur der Pflanze ohne Chemikalien geschwächt und bei wiederholter Behandlung gänzlich zerstört. Andere direkte Verfahren werden vom ­Unterhaltdienst der Gemeinde Zollikon nicht angewandt. Wobei ­übliche Unterhaltsarbeiten – mit Fadenmäher an Trottoirs beispielsweise – im grossen Ganzen auch Teil der Unkrautbekämpfung sind. In der Gemeinde Zumikon wird ­Unkraut hauptsächlich manuell entfernt, nur bei umfangreicheren Unterhaltsarbeiten kommen Abflammgeräte zum Einsatz, sagt Thomas Krauer, Leiter Tiefbau.

Toleranz gegenüber Unkraut

Das Ausbringen von Herbiziden und Bioziden war bis 2001 beziehungsweise 2020 eine kostengünstige und effiziente Art der Bekämpfung von Unkraut, Algen und Moose. Die heute zulässigen Unterhaltsmethoden sind in der Regel mit höheren Material- und Personal­kosten verbunden. Kosten, die sich teilweise reduzieren lassen, wenn man zu einer differenzierten Pflege der Grünbereiche übergeht. Das heisst, man pflegt Aussenbereiche nicht nach einem starren Regime, sondern definiert pro Bereich individuelle Massnahmen und hält diese im besten Fall in einem Pflegeplan fest. Man hält also beispielsweise die Verbundsteine vor der Kirche oder dem Schloss weiterhin unkrautfrei, reduziert aber das Jäten auf den Kieswegen hinter dem Schulhaus oder gestaltet andere Flächen in naturnahe Bereiche um.

In den letzten Jahren fand diesbezüglich glücklicherweise ein Umdenken statt, das auch sprachlichen Niederschlag gefunden hat. Statt von Unkräutern ist zunehmend von Beikräutern oder Spontanvegeta­tion die Rede. Man anerkennt den ökologischen Wert von Wildkräutern, da auch sie zur Gebiets­vernetzung und zur Förderung der Biodiversität beitragen. «Auf den Unterhalt umgemünzt heisst das, dass eine gewisse Toleranz gegenüber Unkraut durchaus zulässig und erwünscht ist und – wenn entsprechend kommuniziert – sicher auch bei der Bevölkerung auf Verständnis stösst, solange es sich nicht um invasive Neophyten oder andere Problempflanzen handelt», sagt dazu Claudia Vogt.

Ausfugen statt jäten

Wo Unkraut bekämpft werden muss, lassen sich die Unterhaltsarbeiten teilweise auch mit Sanierungsmassnahmen reduzieren. «Denn unerwünschter Bewuchs ist häufig auch einfach eine Folge schadhafter Beläge», betont Claudia Vogt. «Das heisst also, Randabschlüsse aus­fugen oder erneuern sowie die Abstände zwischen Platten verringern, da Bewuchs überall dort entsteht, wo sich in Ritzen, Fugen und Rissen Feinmaterial ansammelt. Wo nötig und sinnvoll, wechselt man einen Belag vielleicht auch aus und ersetzt den unterhaltsintensiven Kiesplatz durch einen Schotterrasen.»

Vorbeugend gegen Unkraut wirken ausserdem regelmässiges Rechen und Wischen sowie eine Reihe von Verfahren, die auf Mechanik, Druck, Gas oder Wasser setzen aber je nach Produkt wie erwähnt entsprechende Budgets voraussetzen. «Welche davon die Umwelt gesamthaft am wenigsten belasten, ist schwierig zu sagen. Handgeräte wie Fugenkratzer oder Wildkrautbürsten brauchen kein Warmwasser und wenig bis keine Energie, letztlich geht es aber auch um Nachhaltigkeit im Sinn einer Langzeitwirkung oder des sinnvollen Einsatzes personeller Ressourcen», sagt Claudia Vogt abschliessend.

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