Ein Weg in die Selbständigkeit

Von Franca Siegfried ‒ 10. Mai 2024

Von der Steiermark nach Zollikon, Andrea Perhofers Leben ist geprägt vom Lernen, der Jurisprudenz, einer Traumhochzeit und ihrem Sohn Maxi. Neu hat sie in Zollikon eine Kanzlei für Arbeitsrecht eröffnet.

Die Zolliker Anwältin Andrea Perhofer in ihrem eleganten Büro an der Alten Landstrasse. (Bild: fms)

Für Andrea Perhofer gab es nur einen Traumberuf – Anwältin. «Meine Mutter war lange Hausfrau, sie konnte meinen Wunsch verstehen und mich dabei unterstützen», sagt die 42-Jährige. Mit 28 Jahren hatte sie bereits den Doktortitel in Jurisprudenz der ­Universität Graz in der Tasche. Ihre Doktorarbeit verfasste sie über die Grenzen der privatautonomen Gestaltung und der gerichtlichen Durchsetzung von ehelichen Rechten und Pflichten ausserhalb des Vermögensrechtes. «Zum Beispiel, inwiefern Kinderbekommen zu ehelichen Pflichten gehört, Vereinbarungen darüber möglich sind und bei Nichterfüllung als Scheidungsgrund anerkannt wird.» Als nächsten Karriereschritt fand sie eine Assistentenstelle am Lehrstuhl für Sachenrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich. Schon bald ermunterte die Zürcher Professorin die Österreicherin zu einer Karriere an der Hochschule. «Ich musste mich entscheiden, noch eine Habilitation zu schreiben mit dem Ziel, als Professorin zu forschen und Studierende zu unterrichten.» Sie entschied sich für die Praxis und gegen den Elfenbeinturm.

Neuanwältin im Kanton Zürich

Aufgewachsen ist Andrea Perhofer in der Steiermark, rund 50 Kilometer von der Stadt Graz entfernt. Im Ort besuchte sie das Gymnasium und begegnete dabei dem Klassenkollegen Thomas Ludersdorfer. «Wir verliebten uns jedoch erst nach der Maturität», erzählt sie. Er sei «schuld», dass sie sich an der Universität Zürich bewarb. Ihr Freund doktorierte damals am Institut für Medizinische Virologie auf dem Campus Irchel. 2015 bezog sie mit ihm eine Wohnung in Zollikon. Heute ist er in der Pharmabranche tätig und pendelt zwischen Zollikon und Baar im Kanton Zug. Andrea Perhofer arbeitete zehn Jahre lang in einer Anwaltskanzlei an der Goldküste mit Schwerpunkt Wirtschaftsrecht. Die Anwaltsprüfung war der nächste Schritt. «Zur Vorbereitung habe ich mich aus unserem Alltag zurückgezogen. Es war eine Art Isolation für neues Wissen, ich wollte mich ja auch als Juristin weiterentwickeln.» 2016 absolvierte sie die anspruchsvolle Prüfung.

Traumhochzeit und Maxi

Ihre Jugendliebe Thomas stellte der Neuanwältin nach 15 Jahren die grosse Frage: «Im Innenhof eines privaten Schlosses in Österreich haben wir uns bei 37 Grad Sommerhitze das Ja-Wort gegeben.» 100 Gäste, rund 40 aus der Schweiz, feierten ein Wochenende lang das Paar. Am ersten Abend waren alle in steirischer Tracht gekleidet: Damen im Dirndl, Herren in Lederhose. Im kleinen Ort beim Schloss gab es einen Trachtenladen. Sein Umsatz stieg an jenem Wochenende, da nicht alle Schweizer eine Lederhose im Gepäck hatten. Ein Jahr nach der Traumhochzeit kam Sohn Maximilian im Spital Zollikerberg auf die Welt. «Mein Mann und ich haben uns gut organisiert und teilen uns die Elternzeit. Wir brachten Maxi zuerst in die Kinderkrippe; und seit er den Kindergarten Witellikon besucht, blüht er richtig auf.» Andrea Perhofer hat den Wohnort Zollikon liebgewonnen. Daher engagiert sie sich gern im Chramschopf im Zollikerberg: «Rund sechsmal im Jahr habe ich am Samstag Dienst im Kaffee und backe Kuchen», berichtet sie. «Manche Gäste stehen schon eine halbe Stunde vor der Öffnung vor der Tür und warten. Diese Begegnungen mit Menschen aus der nahen Umgebung sind für mich wertvoll.» Das bestätigt sie auch vom Kiwanis Club Zollikon, in dem sie Mitglied ist und seit letztem Jahr die Sozialkommission präsidiert. Der Kiwanis Club engagiert sich für Projekte, die Kinder aus aller Welt unterstützen und ihr Leben verbessern, beispielsweise für die Trinkwasser-Aufbereitung in Uganda.

Mit Blick auf See und Park

Vor einem halben Jahr hat sich die Anwältin einen Traum erfüllt. Die Selbständigkeit mit eigener Kanzlei, der Advokatur Perhofer: In einer Villa an der Alten Landstrasse fand sie ein passendes Büro. Hinter dem Schreibtisch lehnt das Anwaltsdiplom an der Wand, daneben ein Strauss frischer Pfingstrosen. Alle Wände sind makellos weiss, ohne Bilder. Sie freut sich am Blick auf See und alte Bäume im Park – das ersetze jedes Gemälde. Ein begehbarer Erker mit Fenster füllt das Büro mit natürlichem Licht. Andrea Perhofer will in ihrer Kanzlei keine Scheidungen mit endlosen, deprimierenden Rosenkriegen aushandeln. Ihr Schwerpunkt sei Arbeitsrecht. Für Arbeitgeber, etwa für KMU könne sie als externe Anwältin die Rechtsabteilung ersetzen. «Das Ausarbeiten von Verträgen, bei Konflikten nach Lösungen suchen, wenn nötig mit einer Gegenpartei verhandeln, soweit möglich ohne zermürbende Rechtsstreitigkeiten», so beschreibt sie ihre Tätig­keit. Andrea Perhofer hat sich ein Arbeitsfeld gesucht, das aktuell hohe ökonomische Anforderungen bewältigen muss. Wissenschaftliche wie technologische Fortschritte verändern Berufe, verlangen neue Bedingungen, angepasste Organisationsstrukturen und verändern letztlich die ganze Wirtschaft. Man denke an das Potenzial von Künstlicher Intelligenz (KI). Diese Veränderungen bedeuten auch für Arbeitnehmende neue Qualifikationen mit neuem Wissen. Ihr Mann zum Beispiel hat sich als promovierter Virologe im vergangenen Herbst an der ETH als Student eingeschrieben. Für die Herausforderung, nebst Beruf und Familie nochmals ein Studium zu absolvieren, hat Andrea Perhofer grosses Verständnis. Sie unterstützt ihn so gut sie kann. Auch sie hat die Lust am Lernen nicht verloren. Neues Wissen erarbeiten – nicht als Zwang, sondern als Bereicherung fürs Leben.

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