Von Franca Siegfried ‒ 17. Mai 2024
In der Gesundheitsversorgung sind die 600 000 pflegenden Angehörigen, welche Tag und Nacht im Einsatz stehen, nicht wegzudenken. «Oft sind es Frauen, die auf ein Erwerbseinkommen und damit auch auf eine sichere Altersvorsorge verzichten, damit Pflegebedürftige nicht in einer Institution untergebracht werden müssen.» So steht es im Regierungsratsbeschluss Nr. 317 des Kantons Zürich. Mit dem demografischen Wandel und zunehmendem Fachkräftemangel werden pflegende Angehörige sichtbarer. Seit Dezember 2019 ermöglicht ein Bundesgerichtsurteil, dass sie entschädigt werden können. Die Bedingung?
Die Angehörigen müssen von einer anerkannten Spitex-Organisation angestellt werden, welche deren Arbeitsleistung überwacht. Im April hat der Spitex Verband des Kantons Zürich an seiner Mitgliederversammlung über ein lokal verankertes Anstellungsmodell gesprochen mit dem Hinweis, damit auch die Gemeindekassen zu entlasten.
«Diese Dienstleistung ist bei uns seit letztem August im Angebot», sagt Claudius Holinski, Leiter von Spitex Pfannenstiel, der öffentlichen Non-Profit-Organisation. «Bis jetzt hat erst eine Familie davon Gebrauch gemacht. Intern haben wir ein Konzept erarbeitet, obligatorisch ist jedoch der Kurs des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) für Pflegehelfende.» So ist es zwischen Spitex und Krankenkassen vertraglich vereinbart. Innerhalb von 365 Tagen nach der Anstellung muss eine Angehörige oder ein Angehöriger den Kurs mit Zertifikat absolviert haben. «Wir haben besagter Familie den Kurs, rund 2500 Franken, finanziert, da es sich um die erste Anstellung handelte und wir dazulernen mussten», sagt Claudius Holinski. «Dieser Kurs kann auch eine Hürde sein. Letztes Jahr hatten wir eine Anfrage aus Zumikon, der Aufwand war für den Angehörigen jedoch zu zeitintensiv.» Aus diesem Grund will das Schweizerische Rote Kreuz des Kantons Zürich einen angepassten Kurs für pflegende Angehörige konzipieren.
Auch die Spitex Zollikon wird Angehörige anstellen. Details werden in den nächsten Wochen geklärt. «Wir finden es wichtig, pflegende Angehörige zu unterstützen und sind daher sehr offen», erklärt Claudia Kolb, Leiterin der Spitex Zollikon. «Angehörige können von 30 Minuten bis zu vier Stunden pro Tag entschädigt werden, je nach Aufwand der Grundpflege. Gemäss Arbeitsrecht gilt das für fünf Tage die Woche inklusiv Ferien», sagt der Leiter der Spitex Pfannenstiel. Der Stundenlohn beträgt etwa 30 bis 35 Franken, Sozialleistungen, Versicherungen, wie auch Pensionskasse sind garantiert. Entschädigt werden Grundpflegeleistungen wie Körperpflege, Ankleiden und Essen – keine Hausarbeit. «Medizinische Leistungen wie Verband wechseln oder Medikamente verabreichen darf nur eine diplomierte Pflegefachperson.» Claudius Holinski berichtet, wie diese Angehörige Teil seines Spitex-Teams geworden ist. Dazu gehöre an Teamsitzungen teilnehmen oder im Büro vorbeikommen, sich mit dem Team austauschen und gemeinsame Mittagessen.
Die Entlastung ist für die Pflege des Angehörigen nicht beliebig formbar und der SRK-Kurs garantiert einen Qualitätsstandard. «Wie es sich im privaten Spitex-Markt gestaltet mit der Qualitätssicherung, ist für uns nicht einsehbar», sagt der Leiter Spitex Pfannenstiel. In Zumikon wurden beispielsweise im Jahr 2023 insgesamt 11 500 Stunden vom Spitex-Team geleistet. «Die Evaluation zeigte auch, dass diese im Vergleich zum bisherigen Pflege-Kerngeschäft mit geringerem internem Aufwand durchgeführt werden kann», schreibt der Spitex Verband des Kantons Zürich. Aus diesem Grund empfiehlt er seinen Mitgliedern, bei der Anstellung von pflegenden Angehörigen auf die Restkostenfinanzierung zu verzichten. Das bedeutet, dass die Spitex-Organisation auf den Anteil verzichtet, welcher aus Steuergeldern der Gemeinden finanziert wird. Mit der Reduzierung der Kosten für die Gemeinden hätten sie noch keine Erfahrung, sagt Claudius Holinski. Die Krankenkassen hingegen beurteilen das Anstellungsmodell mit grosser Skepsis. So steht es im Regierungsratsbeschluss Nr. 317: «Und schon fordert der Krankenkassenverband Santésuisse, dass das heutige System überarbeitet werden müsse, da es damit zusätzlich belastet werde. Dabei geht vollkommen vergessen, dass ohne die 600 000 Menschen, die andere pflegen, die Personen in entsprechenden Institutionen untergebracht würden, was um einiges teurer wäre als die nun zusätzlich abgerechneten Spitextarife.»
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