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Warm, etwas spröde und immer authentisch

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 17. Mai 2024

Carla Fellinger gewinnt als Nola Kin bei den Swiss Music Awards: von der Schülerband im Juch zur grossen Bühne im Hallenstadion.

Carla Fellinger alias Nola Kin gewann einen Swiss Music Award. Durch ihre Musik ist sie gleichermassen verletzlich und stark geworden. (Bild: zvg)
Carla Fellinger alias Nola Kin gewann einen Swiss Music Award. Durch ihre Musik ist sie gleichermassen verletzlich und stark geworden. (Bild: zvg)

Wenn eine Singer-Songwriterin aus Zumikon kommt, kann man sicher sein, dass Jürg Bruhin am Anfang der Karriere stand. So war es auch bei Carla ­Fellinger. Nun feierte die 31-Jährige den grössten Erfolg ihrer musikalischen Karriere: Beim Swiss Music Award 2024 wurde sie unter ihrem Künstlernamen Nola Kin von den Kollegen und Kolleginnen aus der Musikbranche auf den ersten Platz gewählt und erhielt im Hallen­stadion den «Artist Award». «Diese Auszeichnung bedeutet mir unendlich viel. Eigentlich habe ich es immer noch nicht so richtig begriffen», erzählt sie im Gespräch. Immerhin kam der Erfolg nicht ganz plötzlich. Nola Kin war als Background-­Sängerin schon bei Dodo, Baschi und auch Nemo zu hören. Jüngst spielte sie bei «Zermatt Unplugged». Bei Schneetreiben und eiskalten Temperaturen hätten die Zuhörer und Zuhörerinnen vor der Bühne ausgeharrt. «Trotz der Umstände war es einfach nur toll.»

Auftritt am Züri-Fäscht

Noch tiefer in der Erinnerungskiste muss sie wühlen, wenn sie an die Anfänge denkt. Sie ging in den Zumiker Chindsgi zu Beatrice Berchtold, kam dann in die Primarschule am Juch. «Wir hatten bei Herrn Zanetti ein Klavier im Zimmer stehen und es wurde oft gespielt.» Dabei gehörte Musik ohnehin schon zu ihrem Leben. Ihr Vater, ein grosser Musikliebhaber, spielte leidenschaftlich Gitarre, eine Grosstante war gar Konzertpianistin. Nola Kin erlernte zunächst das Klavierspiel und sang gerne. Als Jürg Bruhin eine Schülerband zusammenstellen wollte, fragte er auch sie. Die Karriere begann. Mit dem Bandnamen «Not Too Young» spielte die Formation sogar am Züri-Fäscht ihre besten Coversongs.

Nola Kin wechselte nach der Mittelstufe ins Gymnasium Küsnacht, und die Leidenschaft für Musik trat zugunsten des Tanzes etwas in den Hintergrund. Aber nur bis zur ­Matura. Dann begann die ehemalige Zumikerin ein Studium der Popmusik an der Hochschule der Künste. Spät erst lernte sie auch ­Gitarre und spielte in diversen Bands. Das Rampenlicht suchte sie zunächst nicht. «Die Musik hat mir schon seit Kindesalter den Weg zu meinen eigenen Emotionen geöffnet», sagte sie einmal in einem ­Interview. Zu diesen Emotionen ­gehörte auch die Angst, nicht gut genug oder zu verletzlich zu sein. «Vielleicht habe ich mich anfangs wirklich in den Bands etwas versteckt.»

Mit dem Abschluss des Studiums fiel die Künstlerin in ein schwarzes Loch. Ihr Vater verstarb. Zweifel machten sich breit. Sie zog einen dicken Schlussstrich unter ihr Musikerleben. Sie arbeitete ganztags in einem Café und schuf während zweier Jahre jede Menge Abstand zwischen sich und ihre Vergangenheit. «Dann kam aus meinem tiefsten Inneren wieder das Bedürfnis, Musik zu machen.»

Die neue Single «Remnant»

Sie schrieb Melodien und Texte, neue Melodien, neue Texte. «Von elf Songs sind vielleicht zehn nicht gut. Aber das gehört dazu.» Einer, der definitiv gut genug ist, ist ihre neue Single. Es ist nicht nur ihre etwas spröde Stimme, die das Lied so ­authentisch macht. Es ist die ­Mischung aus Melancholie, Stärke und Wärme. Abgerundet wird die Single durch ein Video, gedreht mit einer Super-8-Kamera, das an alte Urlaubsfilme erinnert. Ein bisschen wackelig, ein bisschen nostalgisch und sehr ehrlich zeigt das Video eine Künstlerin, die in ihrer Sensibilität stark wirkt. «Ich habe einfach versucht, mich in das Gefühl fallen zu lassen und gar nicht an das Ergebnis zu denken.» So ist eine Rohheit in ihrer Stimme zu hören, die prägnant ist. Der Weg zu einem neuen Song sei immer weit. Meist sei zunächst eine Melodie im Kopf. «Dann spiele ich die, verändere wieder – und irgendwann singe ich einfach irgendwelche Wörter darauf. Die richtigen Worte kommen dann von alleine.» Sie nimmt sich Zeit für die Entwicklung und sagt mittlerweile auch, dass sie eigentlich in erster Linie nur für sich selber ­Musik schreibe und lebe.
Der nächste logische Schritt für die Singer-Songwriterin, die mittlerweile in einer WG in Zürich lebt, ist nach dem Mini-Album «Mayhem» das komplette Debüt-Album und dann im besten Fall der Schritt ins Ausland, auf die internationale Bühne. «Parallel will ich einfach so viel wie möglich live spielen.»
Aber vielleicht kann sie ja vorher nochmals im Hallenstadion feiern: Falls der Eurovision Song Contest im kommenden Jahr dort stattfinden wird. Sie hat nicht nur wegen der Auszeichnung beste Erinnerung an diesen Ort. Vielleicht gibt es dann ein Wiedersehen zwischen ESC-Star Nemo und Nemos ehemaliger Backgroundsängerin

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