Italianità im Radio

Von Franca Siegfried ‒ 14. Juni 2024

Die italienische Gemeinschaft liebt die Stimme von Bruno Indelicato. Der Radiojournalist lindert mit seinen Sendungen sogar Heimweh. Der Sohn von Sizilianern ist in Küsnacht geboren und lebt heute in Zumikon.

Mit der italienischen Sendung «Azzurro» im Radio 24 wurde die Stimme des Radiojournalisten Bruno Indelicato bekannt. (Bild: fms)
Mit der italienischen Sendung «Azzurro» im Radio 24 wurde die Stimme des Radiojournalisten Bruno Indelicato bekannt. (Bild: fms)

Guglielmo Marconi hat 1909 für Funktelegrafie den ­Nobelpreis in Physik bekommen. Gut zwanzig Jahre später nahm er als Radio-Pionier weltweit den ersten Ultrakurzwellensender (UKW) in Betrieb; das heisst, er gründete mit dem Papst zusammen Radio Vatikan. Es dauerte nochmals zwanzig Jahre, bis die ersten Transistorradios auf den Markt kamen. Diese hatten damals viele Italiener auf ihrer Suche nach Arbeit im Gepäck. Ende der 1950er-Jahre reiste auch der Vater von Bruno Indelicato in die Schweiz. Der Friseur aus Sizilien fand in Erlenbach eine Stelle und eine Wohnung im benachbarten Küsnacht: In diesem Mietshaus an der Seestrasse sind auch die beiden Söhne aufgewachsen. «Bei uns lief ständig ein italienischer Sender. Das Radio war für meine Eltern ein wichtiges Stück Heimat – italienische Musik und Nachrichten.» In den Ferien reiste die Familie nach Sizilien zu den Grosseltern. «Dort zeigte mir ein Cousin erstmals eine Privatradio-Station», erzählt Bruno Indelicato. «Damit wurde mein Wunsch gestärkt, Radiojournalist zu werden.»

Kultsendung «Azzurro»

Nach der Sekundarschule machte er eine Kaufmännische Lehre im einzigen Reisebüro in Küsnacht. Fasziniert hörte er vom «Radio-­Piraten» Roger Schawinski, der das erste Schweizer Privatradio gründen wollte. Anfangs betrieb Schawinski jedoch einen italienischen Sender, den er vom Pizzo Groppera mit dem stärksten UKW-Sender in die Schweiz ausstrahlte – Radio 24. «Schawi» erhielt von einer breiten Öffentlichkeit viel Sympathie und Unterstützung für sein Projekt: «Ich sammelte eifrig Unterschriften und kontaktierte Roger Schawinski auch persönlich.» Dank diesem Engagement ergab es sich, dass er mit 20 Jahren im Radio 24 seine erste eigene Sendung auf Italienisch moderierte. «Ganz unerfahren war ich nicht, ich hatte schon bei Radio LoRa moderiert.» Doch mit seiner Sendung «Azzurro» bekam die italienische Gemeinschaft eine äusserst beliebte Stimme. Eine Sendung gegen Heimweh. Also war der Radiojournalist indirekt an der Integration der Gastarbeiterinnen und -arbeiter in unserem Land beteiligt. Bruno Indelicato hat als Secondo grossen Respekt vor dem Schicksal der Italienerinnen und Italiener, die auswandern mussten. In den 1955er-Jahren waren schon über 160 000 junge Männer in der Schweiz angekommen. Aufgeschreckt durch politische Bestrebungen, die Lebensbedingungen italienischer Arbeitnehmenden mit ihren Familien zu verbessern, wurde in den 1960er-Jahren eine beschämende «Anti-­Italiener-Partei» gegründet. Die Schwarzenbach-Initiative hatte jedoch keine Chance beim Stimmvolk.

Sprungbrett San Remo

Seit 30 Jahren reist Bruno Indelicato ans «Festival della Canzone Italiana» nach San Remo. Aus Ligurien berichtet er über neue Talente am italienischen Musikhimmel. Dank diesem Wettbewerb ist nicht Wenigen eine Weltkarriere gelungen: Beispielsweise Eros Ramazzotti, Al Bano & Romina Power, Andrea ­Bocelli, Adriano Celentano usw. Und Michelle Hunziker (geboren in Bern) wurde als Co-Moderatorin am Festival bekannt – heute eine begehrte Protagonistin der europäischen Regenbogenpresse. 2004 zeichnete die Festival-Jury Bruno Indelicato als besten ausländischen Korrespondenten aus. Er war tatsächlich der einzige Journalist aus der Deutschschweiz, der regelmässig über das Festival berichtete. «Als Schawinski sein Radio 24 an Tamedia verkaufte, war auch die Sendung ‹Azzurro› am Ende. ­Danach bekam ich andere italienische Sendungen bei diversen ­Radiostationen, etwa Radio1 und Radio LoRa.» Dank der Digitali­sierung produziert er heute auch Blogs und Podcasts. Journalist ­Indelicato kennt sich in der italienischen ­Musikszene wie kein anderer aus. Daher ist er nicht nur im Radio zu hören, sondern auch online und in Zeitungen zu lesen.

Geprägt vom Leben in der Schweiz

Bruno Indelicato lebt seit zwei Jahren mit seiner Partnerin Paola in Zumikon. Er sieht zwar nicht mehr auf den See wie aus der elterlichen Wohnung, aber Wald und Wiese rund um die Überbauung gefallen ihm gut. Zudem ist er von Zumikon aus schnell in der Stadt am Arbeitsplatz. Seit zwei Jahren hat er eine Anstellung in der Teppichetage im Medienunternehmen TX Group (früher Tamedia). Sich in Zumikon für einen Schweizer Pass zu bewerben, darüber denkt der 57-Jährige nach: «Meine italienische Seele ist durch meine Kindheit, mein ­Leben in der Schweiz geprägt.» Deshalb haben er und sein Bruder die verstorbenen Eltern in Küsnacht begraben lassen – nicht in Sizilien. Mittlerweile sei Italien in der Schweiz ja allgegenwärtig: «Überall gibt es italienische Restaurants; die meisten lieben die italienische Küche, wissen über Olivenöl Bescheid, tragen italienische Mode, und Radio SRF spielt öfters Canzone Italiana.» Als der Zolliker Zumiker Bote auf einen Espresso bei ihm zu Gast war, führte er anschliessend ein Online-Interview mit Laura Pausini. «Diese Sängerin, San Remo-­Gewinnerin 1993, ist ein Weltstar in Musik und Film geworden», sagt der Journalist nicht ohne einen gewissen Stolz. Das gehört auch zur Italianità.

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