Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 21. Juni 2024
Sowohl Zollikon als auch Zumikon verfügen über Kleiderbörsen: Die eine ist der Chramschopf im Zollikerberg, die andere unter dem Dach des Zumi-Treffs in direkter Nachbarschaft zum Dorfplatz.
In beiden gibt es Shirts, Hosen, Kleider, Anzüge, Jacken, Jupes, Shorts, Taschen und vieles mehr. In beiden biegen sich die Stangen unter den zahlreichen Kleidern. Die Regale quellen fast über. Neue Kunden und Kundinnen – ob alt oder jung – sind erwünscht. Die Börsen arbeiten mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen. Doch bei beiden gilt: Stöbern lohnt sich, es sind wunderschöne Schätze zu entdecken. Eine Schnäppchenjagd wird dringend empfohlen.
Schon vor Jahren ist die Börse Zumikon im wahrsten Sinne befördert worden: Aus dem Keller des Zumiker Treffs ging es in das helle Obergeschoss. Die gesamte Fläche im zweiten Stock steht dem Frauenverein zur Verfügung. Die braucht es auch – es könnten noch mehr Quadratmeter gefüllt werden. Der Ruf der Börse geht weit über Zumikon hinaus. Das ist Segen und Fluch zugleich. Kundinnen aus der ganzen Region machen hier ihre Schnäppchen. Aber auch Verkäuferinnen aus dem Umland möchten hier ihre ausgemusterten Hosen, Pullis, Taschen, Schmuckstücke, Jacken und mehr verkaufen. Denn in der Zumiker Börse verdient die Verkäuferin mit; sie erhält 40 Prozent des Verkaufspreises. Mit den anderen 60 Prozent finanziert sich die Börse selber – vor allem aber spendet sie jedes Jahr an mehrere karitative Einrichtungen. Auch die Kleidungsstücke, die nicht verkauft werden können, gehen weiter, unter anderem an einen befreundeten Secondhand-Laden in Ilanz.
Das Markenzeichen der Börse an der Dorfstrasse ist Qualität. Daher nehmen sich die Mitarbeiterinnen schon bei der Warenannahme genug Zeit, um jedes einzelne Stück zu prüfen. Ist es sauber? Hat es Löcher? Und natürlich: Welche Marke ist es? Denn diese bestimmt den Verkaufspreis mit. «Um unseren guten Ruf zu wahren, hat sich der Frauenverein gegen den Verkauf von Billigware entschieden», erläutert Maya Zimmermann. Die Annahme erfolgt nur nach vorheriger Terminvereinbarung. Danach wird jedes Stück digital aufgelistet. Wird es verkauft, wird das Guthaben sofort der Verkäuferin zugesprochen. Aktuell ist die Zeit der Annahme vorbei und die Mitarbeiterinnen hoffen, dass sich der Bestand langsam und stetig dezimiert. «Es ist jedes Jahr erstaunlich, was für schöne Stücke bei uns landen», betont Maya Zimmermann. Mittlerweile sei spürbar, dass auch Jugendliche Secondhand als «cool» ansehen. Bei der Kinderkleidung gilt das schon lange. Babys oder auch grössere Kinder wachsen viel zu schnell, als dass sich neue Kleidung lohnt. Zudem ist bei gebrauchten Stramplern, Shirts oder Hosen die unerwünschte Chemie schon rausgewaschen.
Neben den Kinderkleidern nimmt die Damenbekleidung am meisten Platz ein. Es gibt nichts, was es nicht gibt – jeweils für die aktuelle Saison, nach Grössen und Farben aufwendig sortiert. Auch Herren sind zum Stöbern eingeladen, ebenso wie Sportlerinnen und Sportler. Ob Fussballschuhe oder Tennisrock: Die Bandbreite ist enorm.
Die Mitarbeiterinnen würden sich freuen, wäre auch die Nachfrage so gross. Der Chramschopf bietet einfach alles: Möbel, Bücher, Geschirr, Schmuck, Elektronik und eben auch Kleidung. Wer die steile Treppe empor steigt, wird staunen über das vielfältige Angebot. Anzüge in gedeckten Farben, bunte Shirts, elegante Blusen, coole Lederjacken oder auch hautenge Jeans warten da auf den neuen Besitzer, die neue Besitzerin. Das Geschäftsmodell: Die Ware wird gespendet, die Helfer arbeiten ehrenamtlich, der Erlös wird jedes Jahr an soziale Einrichtungen im In- und Ausland gespendet.
Der Chramschopf hat eine lange Tradition und doch muss er sich verändern, um attraktiv zu bleiben. «Mittlerweile werden viele Kleidungsstücke, vor allem die wertvollen, über das Internet verkauft», weiss Co-Präsident Tom Spillmann. Er findet das verständlich. «Aber wenn ab und zu eines der hochwertigen Stücke bei uns landen würde, wären wir dankbar.» Langfristig will sich das Brockenhaus vom Zollikerberg über die sozialen Medien präsentieren und einen neuen Kundenstamm aufbauen. Mit Freude sieht Tom Spillmann, dass gerade die Jugend die Secondhand-Welt vermehrt für sich entdeckt. «Wenn junge Frauen kommen, sich hier durch die Klamotten probieren und die obligatorischen Selfies machen, habe ich richtig Freude.» Sei es vor einigen Jahren noch verpönt gewesen, getragene Kleidung zu kaufen, gebe es momentan ein Umdenken. Besonders in der Mode kommt irgendwann alles wieder. «Es geht dabei auch um Nachhaltigkeit.» Schon bei der Warenannahme wird genau hingesehen. Was kann verkauft werden? Was wird besser direkt der Caritas gespendet? Was muss leider in den Kleider-Container und landet im schlimmsten Fall auf Müllhalden in Afrika?
Zur Klientel des Chramschopfs zählen viele Stammkunden und Leute, die aus finanziellen Gründen hier kaufen müssen. «Wir sind für fast alle die richtige Adresse.» Auf Kinderkleidung verzichten sie aus Platzgründen. Dafür gebe es genug andere Anbieter. Was es hingegen im Chramschopf gibt: einen gemeinsamen Kaffee mit Kuchen, Begegnungen, Gespräche. Und diese sind unbezahlbar.
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