Höhenfeuer oder Lampion

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 26. Juli 2024

Festredner Adrian Michael über Jammern auf hohem Niveau, Wünsche für die Zukunft und den zauberhaften Blick von der Allmend.

Adrian Michael, ehemaliger Primarlehrer und Leiter des Redaktionsteams des Zolliker Jahrhefts spricht in Zollikon. (Bild: zvg)
Adrian Michael, ehemaliger Primarlehrer und Leiter des Redaktionsteams des Zolliker Jahrhefts spricht in Zollikon. (Bild: zvg)
Als Lehrer sind Sie es gewohnt, vor einer Gruppe zu reden. Ist als Redner an der Bundesfeier trotzdem noch etwas Aufregung dabei?

Ein gewisses Kribbeln werde ich unmittelbar vor der Rede sicher verspüren, aber Aufregung? Eher nein. Ich finde, meine Ansprache «verhebt», und freue mich sogar ­darauf. Da ich noch nie eine derartige Rede gehalten habe, könnte es auch anders herauskommen, aber ich denke, eher nicht.

Die Zolliker Feier findet traditionell auf der Allmend statt. Wäre es nicht mal Zeit, eine Feier im Zollikerberg auszurichten, um ­diesen Teil der Gemeinde mehr zu integrieren?

Das fände ich keine gute Idee, die Allmend ist perfekt für eine solche Feier. Zudem liegt sie auch nicht mitten im Dorf, sondern oberhalb, fast ein Kompromiss zwischen den beiden Dorfteilen. Abgesehen davon fällt mir spontan auch kein Platz im Berg ein, der sich für eine derartige Feier eignen würde. Zu einer 1. August-Feier gehört ja, dass wir auch die Höhenfeuer anderer Orte sehen können. Das wäre im Zollikerberg ebenfalls schwieriger als auf der Allmend, wo die Feuer der gegenüberliegenden Gemeinden herüberleuchten – und umgekehrt.

Den Bürgern und Bürgerinnen in Zollikon – wie den meisten an der Goldküste – geht es sehr gut. Trotzdem wird oft gemäkelt. Wäre mit Blick auf das Weltgeschehen nicht etwas mehr Dankbarkeit angebracht?

Das ist richtig. Wird bei uns oder in anderen Schweizer Gemeinden gejammert, geschieht das oft auf hohem Niveau. Ein Beispiel: Wenn bei uns die S-Bahn drei oder vier Minuten zu spät ankommt oder losfährt, wird bereits geschimpft. Im Vergleich nur schon zu unserem nördlichen Nachbarland ist das doch nichts, dort sind es oft 30, 40 Minuten – oder die Bahn kommt bzw. fährt gar nicht.

Die 1. August-Feier findet in den Sommerferien statt. Wie feiern Sie, wenn Sie nicht in Zollikon sind?

Wenn ich am 1. August irgendwo in der Schweiz bin, gehe ich vielleicht an die Feier des Dorfes, in dem ich gerade bin; ich finde es interessant zu erleben, wie in anderen Gemeinden gefeiert wird. Im Ausland erinnern wir uns vielleicht daran, dass in Zollikon gerade das Höhenfeuer angezündet wird, aber besonders feiern wir den 1. August nicht. Sind noch andere Schweizer anwesend, kann es sein, dass noch irgendwo ein Lampion hängt.

Gibt es eine Feier zum 1. August, die Ihnen besonders in Erinnerung ist?

Eine solche Feier kommt mir spontan nicht in den Sinn. Höchstens eine, an der das Wetter überhaupt nicht mitspielte und Wind und Regen die Feierlichkeiten beeinträchtigten.

Was raten Sie den vielen Zugezogenen? Schwyzerdütsch lernen und sprechen oder besser nicht?

Schwierig. Grundsätzlich ist mir ein ehrliches Deutsch lieber als ein unecht wirkendes Schweizerdeutsch. Ich kenne höchstens eine Handvoll Leute, denen es gelungen ist, ein nahezu hundertprozentiges Schwyzerdütsch zu lernen. Aber dass sich die Zugezogenen bemühen, unseren Dialekt zu verstehen, das erwarte ich schon – und das klappt aus meiner Erfahrung auch gut. Kinder hingegen lernen schnell ein perfektes Schweizerdeutsch.

Was wünschen Sie der Gemeinde Zollikon für die nahe Zukunft?

Zollikon ist eine Gemeinde mit ­einer sehr hohen Lebensqualität, dafür darf man den Verantwortlichen auch dankbar sein. Dazu gehören ja nicht nur der Gemeinderat, sondern zum Beispiel auch die zahlreichen Vereine, die mit ihrer Arbeit zu einem vielfältigen Dorfleben beitragen. Aber auf diesen Lorbeeren darf sich die Gemeinde nicht ausruhen, Verbesserungspotenzial gibt es immer. Stichwörter: Wohnungen mit erschwinglichem Mietzins für nicht so Betuchte, Förderung der Biodiversität, ein öffentlicher Verkehr, der den Bedürfnissen der Bevölkerung entgegenkommt. ­Natürlich müssen immer auch die finanziellen Aspekte berücksichtigt werden, sie sollten jedoch nicht im Vordergrund stehen.

Sie sind gerne in der Natur. Nutzt sich da der Blick von der Allmend auf See und Berge irgendwann ab?

Nein, im Gegenteil. Je älter ich werde, desto mehr weiss ich ihn zu schätzen und geniesse zu jeder Tageszeit und auch bei jedem Wetter den weiten Blick auf See und Berge, um den uns viele beneiden.

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