Von Franca Siegfried ‒ 13. September 2024
Die Kommission für Planung und Bau (KPB) habe einen bemerkenswerten Kompromiss gefunden, schreibt der Zürcher Kantonsrat am 28. Juni in einer Medienmitteilung. Worum geht es? Zwei parlamentarische Initiativen (KR-Nr. 341/2019 und KR-Nr. 171/2020) aus den Jahren 2019 und 2020 verlangten eine Flexibilisierung beim Bau von Parkplätzen. Kurz gesagt, Bauherrinnen und -herren sollen zusammen mit den Gemeinden die Anzahl Abstellplätze ihrer Liegenschaft selbst bestimmen. Seit Juli steht das Geschäft auf der Traktandenliste des Kantonsrates – am 9. September auf Platz Nummer 81. Langsames Nachrücken in der Warteschlange; die beiden parlamentarischen Initiativen zeigen exemplarisch auf, wieviel Zeit ein demokratischer Prozess braucht.
Was sich auf den ersten Blick einfach beschreiben lässt, verbirgt grössere Konsequenzen für Grundeigentum und Gemeinde: «Es ist tatsächlich so, dass die Gemeinden in ihren Bauordnungen festhalten müssen, wie sie die Parkplatzsituation geregelt haben wollen», erklärt Zolliker FDP-Kantonsrätin Corinne Hoss-Blatter. «Dies gibt den Gemeinden mehr Spielraum und mehr Autonomie, weshalb ich diese Regelung natürlich befürworte.»
Am 1. Juni zählte das Bundesamt für Statistik (BFS) 51 974 Leerwohnungen inklusive Einfamilienhäuser, davon 40 423 Mietwohnungen. Noch nie gab es so wenige freie Wohnungen – die Leerwohnungsziffer beträgt 1,08 des gesamten Wohnungsbestands der Schweiz. Deshalb ist verdichtetes Bauen gefragt: «Wenn Sie ein Mehrfamilienhaus besitzen und dieses mit einer Wohnung aufstocken wollen, können Sie dies unter Umständen nicht machen, weil Sie keinen Parkplatz dazu erstellen können», sagt Corinne Hoss-Blatter. «Mit dem neuen Gesetz wird dies möglich.» Die fünf Jahre alten Initiativen sind mit dem Leerwohnungsbestand in den Fokus gerückt.
Die Parkplatzreduzierung verbirgt jedoch weitere Aspekte: Wer beispielsweise eine «autofreie» Wohnung mietet, wird per Gesetz sein Auto nicht heimlich auf einen öffentlichen Parkplatz abstellen dürfen – selbst wenn die Besitzerin oder der Besitzer eine Parkkarte löst. Bisher gab es für verkehrsarme oder autofreie Siedlungen keine Rechtsgrundlage. «Autofreie Siedlungen sind möglich; es gibt sie übrigens bereits heute in der Stadt Zürich», ergänzt Corinne Hoss-Blatter. «Wer dort einen Mietvertrag unterschreibt, akzeptiert, kein Auto zu besitzen. Dies ist natürlich freiwillig. Es gab für die bestehenden Siedlungen Ausnahmebewilligungen, was der Rechtssicherheit resp. Rechtsgleichheit wenig dienlich ist.»
Da wäre auch noch der Ersatzabgabefond. Können beispielsweise Parkplätze nicht gebaut werden, sind Grundeigentümerin oder -eigentümer gezwungen, eine Abgabe zu leisten. Das Geld muss die Gemeinde in einem zweckgebundenen Fonds anlegen. Die Kommission für Planung und Bau (KPB) wollte im Zusammenhang mit dem geplanten Gesetzt zur flexibleren Handhabung der Parkplätze die Zweckbindung des Ersatzabgabenfonds ausweiten. Das Geld soll künftig zugunsten der Mobilität eingesetzt werden. Über die Verwendung könne jedoch die Gemeinde selbst entscheiden, heisst es in der erwähnten Medienmitteilung. Wobei die grünen Kommissionsmitglieder eine Förderung des Fuss- und Veloverkehrs verlangen. Die Mehrheit der Kommission erachtet das geltende Recht als ausreichend und will, dass alle Abstellplätze grundsätzlich unterirdisch gebaut oder überdeckt werden. Die Kommission feiert ihren Kompromiss in der Medienmitteilung als grossen Erfolg, zumal sie über Jahre keine Einigung finden konnte: «Sie ist überzeugt, dass sie mit vorliegendem Resultat einen Meilenstein erreichen wird.» In welcher Form wird jedoch der Kantonsrat entscheiden.
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