Keinen Nachschlag in der Nachbarschaft

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 25. Oktober 2024

Fremde Katzen sollen nicht gefüttert werden. Der Chip kann gegen Ungewissheit helfen. Besondere Aktion im kommenden November.

Moderne Katzenklappen öffnen sich nur, wenn der richtige Chipträger Einlass begehrt. So bleibt unerwünschter Besuch draussen. (Bild: pixabay/AndreasGoellner)

Normalerweise gilt im Tierreich «Fressen und gefressen werden». Für die heimischen Katzen allerdings gibt es oft einen anderen Grundsatz, und zwar «Fressen und noch mehr fressen». Ist der eigene Napf leer, geht so mancher Schmusekater auf Tour durch die Nachbarschaft und schaut, ob es nicht dort auch noch ein paar Leckereien gibt. In der vergangenen Ausgabe des Zolliker Zumiker Boten wandten sich die Besitzer von Artemis an die Leser und Leserinnen. Die junge Katze wohnt an der Forchstrasse und ist sehr schlank. Das würde vermeintliche Tierliebhaber dazu veranlassen, dem scheinbar hungrigen Tier etwas zu essen zu geben. Zu viel Futter wirkt sich grundsätzlich aber auch bei Tieren negativ auf Körper und Gesundheit aus, zudem finden sie dann nur noch schwer wieder den Weg nach Hause. Bei dem zarten Tier geht die Geschichte aber noch weiter. Sie wurde als «Urlaubsandenken» von einer Schweizer Familie aus Albanien mitgebracht. Dort war sie es gewohnt, hartnäckig vor dem Supermarkt auszuharren und auf Futterbrocken zu hoffen.

Noch immer vermisst: Kiki, die seit der Rad-WM nicht mehr ­heim­gekommen ist. (Bild: zvg)

Die neuen Besitzer kamen mit der eigensinnigen Katze nicht zurecht und wollten es in ein Tierheim stecken. ­Hanife Olbrich hörte davon und verstand die Welt nicht mehr. Man könne doch nicht ein frei umherlaufendes Tier mitnehmen und einfach einsperren. Das Ehepaar vom Zollikerberg hat schon drei Katzen und adoptierte kurzerhand Artemis und ist seitdem auf Trab. Bei den Coop-Märkten hat es Aushänge gemacht und bittet darum, der Katze nichts zu geben. «Nur so kann sie doch diese alte Gewohnheit ab­legen», so die Katzen-Mami. Aber die Zolliker füttern nicht nur. Sie vermuten immer mal wieder, dass das Tier unterernährt oder gar krank sei und bringen sie einfach zum Tierarzt. «Ich musste Artemis schon mehrfach vom Tierarzt und -spital abholen», erinnert sich ­Hanife Olbrich. Und so entschied sich das Ehepaar für das Inserat. Eine Reaktion darauf eine Postkarte mit dem Vermerk: «Artemis gehört in ein Katzenheim!»

Schon vor drei Jahren hatte das Thema Zollikon bewegt. Damals verschwand eine kleine Katze. Die Besitzer suchten mit Plakaten und Inseraten nach ihr. Schliesslich die Nachricht: Der Kadaver war gefunden worden. Das Tier überfahren. Doch das einst so ranke Tier war wohlgenährt und wohl von einer anderen Familie «adoptiert» worden. Dabei trug es noch immer das Halsband mit dem Namen und der Adresse der ursprünglichen Besitzer.

Der Chip ist so klein wie ein Reiskorn

Auch Tierärztin Dr. Regina Hauser hört solche Geschichten immer wieder von den Frauchen und Herrchen, die in ihre Praxis nach Zumikon kommen. Tierbesitzer selbst wüssten natürlich, dass fremden Katzen nichts angeboten werden soll. Sie hofft, dass sich das allmählich auch in der Bevölkerung herumspricht. Und auch, wie sinnvoll es ist, dass Katzen mit einem Chip ausgestattet werden. Die Praxis beteiligt sich daher auch an der November-Aktion der Schweizer Vereinigung für Kleintiermedizin in Zusammenarbeit mit der Identitas AG. Kostet es sonst rund 116 Franken, das Tier mit dem Chip zu versehen, gibt es im November eine Reduktion auf 90 Franken. Das Prozedere ist einfach. «Wir schauen das Tier vorher gründlich an, ob es gesund und fit ist. Dann wird die Stelle gründlich desinfiziert und schliesslich der Transponder mit einer Nadel unter die Haut gebracht», erklärt Dr. Regina Hauser. Der Chip selbst sei so klein wie ein Reiskorn und würde das Tier nicht stören. Die Veterinärin empfiehlt diesen kleinen Eingriff, weil er gleich mehrere Vorteile mitbringe. Verläuft sich ein Tier, kann es problemlos wieder dem ­eigentlichen Besitzer zugeführt werden. Aber auch bei verendeten Katzen ist es sinnvoll. Wenn das Büsi nicht nach Hause kommt, weiss Frauchen nicht: Ist es einfach mal länger unterwegs, ist es vielleicht in irgendeinem Keller eingesperrt oder ist es vielleicht unters Auto gekommen. «Diese Ungewissheit ist für viele Tierhalter nur schwer auszuhalten.»

Der Chip kann aber auch zum Türöffner werden. Mussten Katzen früher lange vor der Tür oder dem Fenster warten, bis sie wieder in die warme Stube konnten, gibt es nun die Katzenklappen. Sie können so programmiert werden, dass sie sich nur zu bestimmten Uhrzeiten öffnen und auch so, dass sich die Tür nur für den jeweiligen Chip öffnet. Fremder Besuch bleibt so draussen.

Wer zahlt die Operation?

Auch in der Tierarztpraxis Zollikon wird im November die «Verchippung» günstiger angeboten. Blanca Lindt, die im Januar die Praxis­leitung von «Meikovet» übernimmt, unterstreicht ebenso die Notwendigkeit. Im allerschlimmsten Fall würde ein nicht identifizierbares Tier nach einem Unfall in die ­Praxis gebracht. Dann müssen die Ärzte entscheiden. Operieren sie und bleiben sie eventuell auf den Kosten sitzen? Oder sind die Verletzungen so schlimm und die Heilungschancen so gering, dass sie sich für eine Einschläferung entscheiden? «Dann könnte sich der Besitzer nicht von seinem Tier verabschieden. Wüsste noch nicht einmal, dass es verstorben ist», erläutert Blanca Lindt. Das sei allerdings wirklich der «worst case». Oftmals würden gefundene Tiere gebracht. Sind sie nicht mit einem Chip ausgestattet, wird eine Anzeige auf einer Plattform für ­vermisste Tiere mit Foto und weiteren Infos geschaltet. Das Angebot der Schweizer Tierschutzzentrale (www.stmz.ch) steht aber auch allen Privatpersonen, die ein Tier vermissen oder gefunden haben, zur Verfügung.

Die Zolliker Tierärztin empfiehlt auch allen Besitzern von Hauskatzen, diese mit einem Chip ausstatten zu lassen. Schnell stünde mal eine Tür oder ein Fenster offen und schon locke die grosse Freiheit. ­Gerade Tiere, die nie eigenständig die Umgebung erkundet haben, können sich dann verlaufen. Der Chip wird dann zur Fahrkarte wieder nach Hause.

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