Eine falsche Entscheidung

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 29. November 2024

Der ehemalige Top-Eishockeyspieler Kevin Lötscher beeindruckte mit seiner Lebensgeschichte in der Buechholz-Aula.

Rappelvoll war die Aula und trotzdem war es ganz still, als Kevin Lötscher von seinem Schicksal erzählte. (Bild: bms)
Rappelvoll war die Aula und trotzdem war es ganz still, als Kevin Lötscher von seinem Schicksal erzählte. (Bild: bms)

Am Anfang wurde noch geredet, gelacht, getuschelt, als in der Feel-okay-Woche ein Vortrag von Kevin Lötscher auf dem Stundenplan stand. Doch es wurde ganz schnell ganz ruhig. Dabei erzählte der 36-jährige Walliser «nur» seine Lebensgeschichte. Eishockey – das war schon für den jungen Kevin die Welt. Er war gut, wurde immer besser. Er spielte die Junioren-Weltmeisterschaft, wurde mit 23 Jahren überraschend in die A-Nationalmannschaft berufen. «Ich habe meinen Traum gelebt», erzählte er ganz ruhig. Ein Match gegen die USA stand an. Kevin Lötscher zeigte auf der grossen Leinwand Spielszenen. «Für mich ist es immer noch ­unglaublich schön, das zu sehen.» Kevin ­Lötscher schoss zwei Tore, wurde Spieler des Tages. Die Träume wurden grösser, in Amerika lockte die NHL. Ein Flug nach Washington war schon geplant. Doch vier Tage nach dem Match war alles vorbei. Der Grund? «Weil jemand eine falsche Entscheidung getroffen hat.»

«Es reichte nicht mehr»

Der Sportler wurde von einer Frau überfahren. Sie traf ihn mit 85 Stundenkilometern und 1,6 Promille ­Alkohol im Blut. Für Kevin Lötscher folgte ein sehr mühsamer Weg zurück ins Leben. Zwei Wochen lag er im künstlichen Koma. Die Diagnose: schweres Schädelhirntrauma. «Ich konnte nichts mehr, trug Pampers. Und das nur, weil jemand eine falsche Entscheidung getroffen und sich betrunken ans Steuer gesetzt hat.» Nach vielen Wochen harter Arbeit wurde ihm mitgeteilt, dass auch für ihn wieder Hockey möglich sein könnte. Kevin Lötscher ging zu Spezialisten, trainierte noch härter. Er ging wieder aufs Eis und musste feststellen: «Mein Kopf war zu langsam. Es reichte nicht mehr.»

Nach seinem Vortrag beantwortete Kevin Lötscher die vielen Fragen der Schüler und Schülerinnen. (Bild: bms)
Nach seinem Vortrag beantwortete Kevin Lötscher die vielen Fragen der Schüler und Schülerinnen. (Bild: bms)

Es folgten Depressionen, Selbstzweifel. «Ich wusste überhaupt nicht, wofür ich morgens aufstehen sollte.» Er, der immer Teil eines Teams gewesen war, war plötzlich allein, hatte keine Ziele mehr. Auch die Frage nach der Schuld der Frau habe ihn umgetrieben. Er lud die Fahrerin schliesslich zu sich ein und vergab ihr. «Ich hatte doch selbst auch ein Recht auf Frieden», erklärte er diese grosse Geste. Ganz bewusst habe er sich entschieden, nicht weiter in die Vergangenheit zu schauen, nicht über das zu grübeln, was passiert war. Er guckte lieber nach vorne. «Ich hatte die Wahl. Entweder ich versinke in Selbstmitleid, oder ich entscheide mich für das Leben.» Im Grunde habe er sich damit für sich selbst entschieden. «Vergesst nicht, der wichtigste Mensch in eurem Leben seid ihr selbst. Das ist kein Egoismus, das ist Selbstfürsorge.»
Und er mahnte zum Schluss nochmals eindringlich: «Und wenn ihr an euch denkt, trefft die richtigen Entscheidungen.»

Werbung

Neuste Artikel

Newsletter

Dieses Feld wird benötigt.

ANMELDEN

Herzlich willkommen! Melden Sie sich mit Ihrem Konto an.