Von Brigitte Selden ‒ 6. Dezember 2024
Im Kellergeschoss der Badi Juch eröffnet sich dem Besucher eine überraschende Welt. In kleinen, labyrinthartigen Räumen lagern unzählige Malutensilien, Objekte, Ausstellungsstücke, Blätter, getrocknete Pflanzen und vieles mehr. Diese Schatztruhe ist das Archiv der Stiftung. «Da das Kinder- und Jugendmuseum leider bis heute über keinen festen Standort verfügt, hat die Gemeinde Zumikon uns die Lagerung der Mitmachausstellungen und des Ateliermaterials im Keller der Badi Juch ermöglicht», erklärt die Präsidentin den ungewöhnlichen Ort.
Die Geschichte des Kijumu begann vor 23 Jahren. 2001 gründete ein Viererteam um die Zumikerin Claudia Bischofberger die Stiftung mit dem Ziel, Kindern den Zugang zu Kunst und Kultur zu eröffnen, damit sie ihr gestalterisches Potenzial entfalten können: «Das Kijumu soll unterstützen und anregen, künstlerisch und schöpferisch tätig zu sein.» Das Patronat der Stiftung übernahm zunächst die Schweizerische Unesco-Kommission. «Ein grosszügiges Legat ermöglichte uns später die Einrichtung einer Geschäftsstelle.» Die 70-jährige Künstlerin und Werklehrerin ist im Engadin aufgewachsen, stammt aber aus einer Küsnachter Familie. In Zürich besuchte sie die Kunstgewerbeschule und arbeitete als Werklehrerin am Kindergartenseminar sowie an der Diplommittelschule der Kantonsschule Riesbach. «Von dieser Tätigkeit habe ich mich zurückgezogen, als mein Mann, der Kunstmaler Bruno Bischofberger, schwer erkrankte und 2006 starb», erzählt die Mutter einer 35-jährigen Tochter.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten bietet das Kijumu mobile Atelierkurse und Mitmach-Angebote zu Kunst und Kultur, die sich an Schulen, Gemeinschaftszentren, Kulturevents, Firmenanlässe, Messen und Museen richten. Die Kurse bestehen aus Bausteinen, in denen das Experimentieren, Forschen, Sammeln, Ordnen, Verarbeiten und Präsentieren gemäss den Zielsetzungen des Bildnerischen Gestaltens im Lehrplan 21 gefördert werden sollen. «Es gibt so viele Alltagsgegenstände, die man umwandeln und wieder gebrauchen kann, wie Picasso es mit seinen ‹Objets› gemacht hat.» Stelle man Kindern eine Kiste mit Abfall hin, wühlen sie darin wie in einer Schatztruhe. «Sie entdecken in allem etwas, da sind sie unglaublich erfinderisch und kreativ. Aus einem Sparschäler entsteht dann plötzlich ein lustiges Tier.»
Schulklassen und maximal 20-köpfige Gruppen können bis zu einem Preis von 400 Franken pro Halbtag von den Ateliers profitieren. Zusammen mit professionellen Kunst- und Kulturvermittlerinnen bietet das Kijumu Konzepte für Projekttage oder -wochen, für die es Sammlungen, Materialien und Methoden zur Verfügung stellt. «Ziel ist, dass die Kinder eigene Ausstellungen entwickeln.» Dank der Kooperation mit der Galerie Milchhütte und dem Freizeitzentrum Zumikon werden zudem regelmässig Kinderateliers angeboten, etwa anlässlich der Ausstellung «Picasso in Zumikon». Claudia Bischofberger koordiniert jeweils die Kooperationen und Atelierbestellungen.
Das Kijumu zieht mit seinen mobilen Ateliers von Schulhaus zu Schulhaus. Das Angebot verknüpft museale Elemente zu kleinen Erlebniswelten. Die zwölf Themen reichen von Matisses Formenwelt über Arcimboldos Gemüse bis zu indigenen Völkern im Alto Amazonas und der Geschichte der Kartoffel. Alles ist mit Detailliebe und teilweise einfachen Mitteln erstellt.
Im Kellerarchiv lässt sich erkunden, wie kreativ die Projekttage und -wochen ablaufen können. «Das Archiv ist allerdings nicht öffentlich, sondern nur Lehrpersonen oder anderen Interessierten zugänglich, die sich über unser Angebot informieren möchten.» So hängt in einem der Räume etwa eine grossformatige Kopie der «Schlangenbeschwörerin» von Henri Rousseau an der Wand, dessen Dschungelbilder in die Aktivitäten einfliessen. «Rousseau ist übrigens nie selbst im Dschungel gewesen», bemerkt Claudia Bischofberger schmunzelnd und fährt fort: «Eine indigene Wissensvermittlerin führt die Kinder beispielsweise in die Geheimnisse des Amazonasregenwalds ein.» Auf einem anderen Plakat wird der Einsatz von Färberpflanzen in diversen Kulturen erklärt. Verschiedene Tücher und Kautschukgefässe laden die Kinder zum Tasten und Anfassen ein.
Der gegenüberliegende Raum gehört dem Thema Westafrika. Masken und Utensilien von Regenmachern aus Burkina Faso veranschaulichen das Schamanentum. Im Regal daneben steht eine Modelleisenbahn aus Akazienholz. «Ein Junge aus Ghana hat sie aus Akazienholz gefertigt. Ihre Konstruktion wird nur aus Akazien-Dornen zusammengehalten», beschreibt Claudia Bischofberger das Objekt aus einer Schenkung, die über einen Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes zur Stiftung kam. Wie die Modelleisenbahn erzählen auch die anderen Objekte ihre Geschichten über Land, Kultur und Menschen. Etwa die Kollektion von Kinderschuhen, die ebenfalls zum Bestand gehören – ein Geschenk von Cornelia Falk, deren Mutter Charlotte die getragenen Stücke einst auf ihren Studienreisen mit ihrem Mann, dem Kunstmaler Hans Falk, in 18 Ländern vom Libanon über die Lofoten bis zum Nordkap gesammelt habe. Im Workshop können sich die Kinder mit Fragen beschäftigen, woher die Schuhe kommen, wer sie getragen hat und wie es in dem jeweiligen Land aussieht. «Und dabei ihrer Kreativität freien Lauf lassen.»
2026 feiert das Kinder- und Jugendmuseum sein 25-jähriges Jubiläum. «Es wäre schön, wir könnten zu diesem Anlass eine Kinderausstellung machen.» Und irgendwann einen festen Standort finden, sei nach wie vor das Ziel.
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