Grosszügiger Souverän

Von Franziska Müller ‒ 6. Dezember 2024

Die Gemeindeversammlung letzten Samstag war kurz und kurzweilig. Der Souverän hat alle vom Gemeinderat ­empfohlenen Geschäfte durchgewunken. Sogar noch etwas mehr: Die Auslandhilfe wird dank einem Änderungsantrag von Ferdinand Stemmer wieder aufgenommen.

Begrüssung an der Gemeindeversammlung: Der «Dienstag» auf der Folie blieb der einzige bemerkte Tippfehler am Samstag. (Bild: frm)
Begrüssung an der Gemeindeversammlung: Der «Dienstag» auf der Folie blieb der einzige bemerkte Tippfehler am Samstag. (Bild: frm)

Den ersten Lacher gab es gleich zu Beginn dank eines Tippfehlers. Im gut gefüllten Gemeindesaal begrüsste Gemeindepräsident Stefan Bührer die Anwesenden. Die Folie hinter ihm zeigte weihnächtlich geschmückte Baumstämme in der Tiefgarage unter dem Dorfplatz. Die Dekoration sei die Idee von ­Gemeindeschreiber Thomas Kauflin, um auch diesen Ort etwas fröhlicher zu gestalten. «Mit dem schmucken Bild lenken wir von dem Wort weiter links ab. Heute ist natürlich Samstag, nicht Dienstag.»

Finanzpolitische Ziele

Vor allem beim ersten Geschäft, dem Budget 2025, gab es viele ­Tabellen, Zahlen und Kuchendiagramme zu sehen. Der Gemeinderat ­beantragte die Genehmigung für die Erfolgsrechnung mit einem Aufwandüberschuss von 4,4 Millionen Franken. Es würden Nettoinvestitionen von 15 655 000 Franken aus dem Verwaltungsvermögen getätigt. André Hartmann, Ressort­vorsteher Finanzen, gewährte mit zahlreichen Folien Einblick in die Zahlen. Auf die Schnelle lassen sich die grössten Happen der Ausgaben so benennen: Die Umsetzung der Sanierung Tiefgarage Dorfplatz wird mit 3,73 Millionen Franken, der Neubau Unterkunft für Asyl­suchende mit 3,6 Millionen zu Buche schlagen. Der Dorfplatz soll erneuert werden, Strassensanierungen sind geplant, gut 3,95 Millionen sind unter «übrige Ausgaben» gelistet. Um die finanzpolitischen Ziele zu erklären, legte er den Finanzplan 2024 bis 2028 auf. Die Überschüsse aus den Vorjahren, vor allem von 2023, bedeuteten für die Gemeinde Zumikon höhere Zahlungen in den kantonalen Finanzausgleich. Bremst man das Vermögenswachstum, bremst man Zahlungen an den Finanzausgleich. Bis 2028 wird es also einen Vermögensabbau geben. «Dieser wird eine Kombina­tion aus dem zwei Prozentpunkte tieferen Steuerfuss, dem dadurch geringeren Mittelzuwachs und den kommenden Investitionen sein», ­erklärte der Ressortvorsteher. «Zudem wird die Fremdverschuldung minim erhöht.»

Das «Ja aber» der RPK

Bevor das Budget 2025 mit seiner Investitionsrechnung und der Steuerfusssenkung von 77 auf 75 Prozent von den 180 Stimmberechtigten einstimmig angenommen wurde, kam die Rechnungsprüfungskommission (RPK) zu Wort. Auch sie empfahl die Annahme der Vorlage. Präsident Dominik Ziegler sprach aber die Ausgaben für die Wohnungen zugewiesener Flüchtlinge aus der Ukraine an. Von den 30 in Küsnacht zugemieteten Unterkunftsplätzen seien zurzeit 14 nicht besetzt. Zugunsten einer Vollbesetzung der Küsnachter Unterkunft drängte er im Namen der RPK darauf, dass die Wohnungen in Zumikon möglichst rasch freigegeben und zurück in den Markt geführt werden. Stefan Bührer erwiderte, es sei nicht ziel­führend, die Aufgenommenen bei nächster Gelegenheit in das Provisorium nach Küsnacht umzusiedeln. Würden die Wohnungen übereilt freigegeben, könnte dies zum Problem werden. Sie fehlten, sobald der Kanton das aktuelle Kontingent vollständig ausschöpfen möchte oder der Bund die Kontingente erneut erhöhe. Zudem: Die ukrainischen Kinder hätten ein Recht auf Schulbildung in Zumikon; bei einer Unterbringung von Kindern in Küsnacht wäre es an den Zumiker Behörden, für den Schulweg aufzukommen. Er plädierte für eine gute Integration der geflüchteten Menschen. «Das Hin- und Herschieben der Leute ist für alle Beteiligten nicht gut.» Besonders ärgerlich sei, dass Zumikon aufgrund der ­Blockierung der eigenen Asylunterkunft durch einen Rekurs, für teures Geld die Küsnachter Räume mieten musste.

Herzensangelegenheit

Zur Budgetplanung 2025 gehörte auch der Änderungsantrag von Ferdinand Stemmer. Der pensionierte Orgelbauer plädierte dafür, dass die Beiträge für «Auslandhilfe» wieder ins Budget 2025 aufgenommen werden. Es geht um jährlich 50 000 Franken. «Das gute finanzielle Polster der Gemeinde erlaubt es, diese wertvolle Hilfe zur Selbsthilfe zu sprechen.» Sein Engagement reicht ins Jahr 1999 zurück; er etablierte dank finanziellem Rückhalt aus der Schweiz in Rumänien Lehrwerkstätten für Schreiner und Orgelbauer. Das dort nach schweizerischem Vorbild eingeführte duale Berufsbildungssystem habe einen existentiellen Wert für viele Menschen. Mit 85 Ja gegen 77 Nein wurde sein Änderungsantrag angenommen.

Chinderhuus

Das Kapitel Chinderhuus war schneller gegessen als ein Schoggistängeli. Ressortvorsteher Gesellschaft Mirco Sennhauser rannte offene Türen ein, als er für die Beiträge an die Kindertagesstätte warb. An das Betriebsdefizit des Vereins Chinderhuus soll für die Jahre 2025 bis 2029 ein jährlicher Defizitbeitrag von maximal 400 000 Franken ausgerichtet werden. Allen war klar, dass es diese Institution braucht, die nota bene seit 1972 mit der Gemeinde eng ­zusammenarbeitet. Sogar Dominik Ziegler von der RPK empfahl ohne Wenn und Aber die Genehmigung. Keine Gegenstimme – die vier Stimmenzählenden mussten nicht einmal aufstehen.

Die Perle von Zumikon

Das letzte Geschäft wurde mit Spannung erwartet. «Es hat sicher mit diesem Traktandum zu tun, dass so viele gekommen sind,» meinte Stefan Bührer, der gleich selbst moderierte. Dem Antrag für die angemessenen Betriebsdefizitbeiträge des Vereins Freizeitzentrum Zumikon (FZZ) ging eine längere Debatte voraus. Wir berichteten darüber. Vom Gemeinderat wurde schliesslich für die Jahre 2025 bis und mit 2029 ein jährlicher Defizitbeitrag von maximal 450 000 Franken mit dem FZZ ausgehandelt. Zusätzlich wurde eine neue Fonds-Lösung vorgeschlagen, eine Art finanzieller Puffer, falls die Defizitgarantie in einem Jahr nicht vollständig ausgeschöpft wird. Der Betrag von 450 000 Franken liegt 65 000 über dem, der bis jetzt gesprochen wurde. Für das FZZ sind die 450 000 Franken überlebenswichtig, für die RPK sind sie völlig übertrieben. Sie stellte den Antrag, auf die Erhöhung des Defizitbeitrags zu verzichten. Es folgten eindrückliche Wortmeldungen für den Erhalt der «Perle von Zumikon». Sie leiste unverzichtbare integrative Arbeit. Sie sei ein niederschwelliges Kontaktangebot für Menschen ­jeden Alters und ein wichtiges Präventionsinstrument: Das Geld sei in Anbetracht der Folgekosten, die Vereinsamung verursache, eine überaus günstige Investition. Der Änderungsantrag der RPK wurde deutlich abgelehnt – man könnte sagen abgeschmettert, die Vorlage des Gemeinderats einstimmig angenommen. Es ist 11.30 Uhr. Ende der Versammlung. Draussen wartet der Adventsmarkt.

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