Dieses Jahr wird aus der Ferne gewichtelt

Von Franziska Müller ‒ 20. Dezember 2024

Seit sie nicht mehr in Fuss­distanz voneinander wohnen, treffen sich Eltern und ­Geschwisterfamilien von ­Vedran Zrno im Advent täglich online. Ist Weihnachten endlich da, wird die ganze Familie vor Ort feiern.

Weihnachten kann kommen: Vedran Zrno, seine Familie und die Zolliker Weihnachtstanne auf dem Dorfplatz. (Bild: zvg)
Weihnachten kann kommen: Vedran Zrno neben einer Weihnachtstanne im Büro. (Bild: zvg)

«Für uns war immer klar: An Weihnachten gibt es nur eine Destination – bei Mami und Papi im Seefeld.» Vedran Zrno zählt auf – Kinder, Geschwister, Onkel, Tanten, Nichten und Neffen; rund zwanzig Leute waren jeweils bei seinen Eltern eingeladen. «Wir haben improvisiert. Es war ein bisschen eng und chaotisch, aber lustig. Unsere Familie ist eng verbunden.» Dieses Jahr wird das Setting ein anderes. Die Eltern leben seit kurzem wieder in Kroatien. Über Weihnachten werden sie deshalb für ­einen Monat bei den Kindern zu Gast sein. Bis es so weit ist, wird zu Überbrückung online gewichtelt.

«Alles Gemeinsame gibt mir Kraft»

Der Zolliker Vedran Zrno, Vater von drei Töchtern, Generalagent einer grossen Krankenversicherung und Präsident der Kirchenpflege der katholischen Kirchgemeinde Zollikon-Zumikon hat sein CAS in Leadership an der Hochschule Luzern vor gut einem Jahr abgeschlossen. Er arbeitet 100 Prozent. Zudem spielt er leidenschaftlich Fussball bei den Senioren des FC Witikon.

Wie bringt er all das unter einen Hut? «Alles Gemeinsame gibt mir Kraft», sagt er. Der Tag ist schon gut gefüllt und es dunkelt bereits. Er wirkt keineswegs müde. Sein Haar ist noch immer perfekt gescheitelt, der Anzug sitzt. Heute Abend wird er noch eine Sitzung leiten als – was? «Warten Sie, ich schreibe Ihnen den etwas komplizierten Titel auf», sagt er und lacht. Die Tinte aus seinem Füllfederhalter trocknet und zeigt ein harmonisches Schriftbild: «Präsident der Kirchenpflege der katholischen Kirchgemeinde Zollikon-Zumikon». Dieses Amt hat er seit zweieinhalb Jahren inne. Ihm gefällt, dass er dadurch tief in die Strukturen der Kirchgemeinde hineinsehen und mitgestalten kann. «Die Kirche ist wie ein Unternehmen», erklärt er. Für die Seelsorge und die spirituellen Dinge sei Pfarrer Pascal ­Marquard zuständig. Auf der anderen Seite brauche es jemanden, der sich um die Sachgeschäfte kümmere – um Immobilien, Personal, Finanzen. «Vereinfacht gesagt, könnte der Pfarrer als CEO gelten, wir als Kirchenpflege hätten die Rolle des Verwaltungsrats.» Stünden Umbauten oder Anschaffungen an wie die neue Glocke für St. Michael, werde gemeinsam entschieden, ob und wie dies realisiert wird. «Diese Zusammenarbeit bereitet mir viel Freude.»

Prägende Wurzeln

Seine kroatischen Wurzeln prägen ihn. «Die Mehrheit der Kroaten ist römisch-katholisch», erklärt der 38-Jährige. «Ich bin zwar in Zürich, aber in einer sehr typischen kroatischen Familie aufgewachsen. Der Bezug zum Glauben und zu den Menschen der katholischen Gemeinde war immer selbstverständlich.» Diese Erfahrung erklärt sein Engagement. «Es geht mir nicht allein um den Gottesdienst.», betont er. «Es geht um die Menschen ­darum herum, um Gespräche, das Zusammensein vor und nach der Messe.» Die Kirche sei ein Ort, an dem sich Freundschaften entwickeln und neue Verbindungen entstehen. Dieser Aspekt ist ihm besonders wichtig. Und seine Beziehung zu Gott? Vedran Zrno überlegt. Man müsse vielleicht erst definieren, was es heisst, gläubig oder gar sehr gläubig zu sein. Und sagt dann: «Ich habe einen täglichen Bezug zu Gott.» Dies könne ein kurzer Moment im Laufe des Tages sein. Oder ein Abendgebet mit den Kindern vor dem Schlafengehen. Der Sonntagsgottesdienst mit dem anschliessenden Gebet vor dem gemeinsamen Mittagessen waren in seiner Kindheit feste Rituale. Seit er selbst Kinder hat, habe er realisiert, wie wichtig ihm die Pflege solcher Traditionen sei. «Das heisst jetzt nicht, dass wir jeden Sonntag in die Kirche gehen. Vielleicht gehen wir nur alle paar Wochen einmal. Es soll einfach dazugehören. Wie eine Kultur, die man lebt.»

Das Wochenende gehört der Familie

Seine Tätigkeit als Generalagent einer grossen Krankenversicherung ist anspruchsvoll, er trägt Verantwortung für Kunden und Mitarbeitende gleichermassen. «Ich arbeite viel und bin darauf angewiesen, dass meine Frau sich um den Haushalt und die drei Mädchen im Alter von sechs, vier und einem Jahr kümmert.» Mit ihrem Organisationstalent halte sie die Familie zusammen und sei noch 50 Prozent im administrativen Bereich einer Wirtschaftsprüfungsfirma tätig – meist im Homeoffice. Zudem sei die Schwiegermutter eine verlässliche Hilfe unter der Woche. Vedran Zrno beschreibt sich als ­bodenständig und werteorientiert. «Ich möchte den Standard bieten, den meine Familie verdient – Luxus ist mir weniger wichtig.» Am Wochenende gehört seine Zeit der ­Familie. «Die Spielplätze sind dann unsere beliebten Ziele.» Besonders der Riet-Spielplatz und der von der katholischen Kirche gesponserte EPI-Spielplatz gehören zu den bevorzugten Orten.

Passionierter Fussballer

Seit Jahren spielt Vedran Zrno mit der Nummer 13 auf dem Trikot in der 30+ Mannschaft des FC Witikon. Der Sport sei für ihn mehr als ein Hobby: «Egal wie ausgelaugt, wie müde ich bin – kaum stehe ich auf dem Platz, bin ich voll da.» Auch die Kameradschaft nach dem Training, die Gespräche und der Humor sind ihm wichtig. «Fussball ist meine Leidenschaft, das Training ein fester Bestandteil meines Lebens. Es gibt mir Kraft.» Neu ­seien die Trainingszeiten um halb neun Uhr abends. So könne er den Abend mit der Familie verbringen, mit seiner Frau die Kinder ins Bett bringen, dann mit seinen Kollegen eine gute Stunde trainieren und schliesslich mit den Kollegen bei einem Bier den Tag ausklingen lassen.

Noch einmal zückt er seinen Füllfederhalter, schreibt seine Adresse auf und lächelt. Feierabend. In zwei Stunden wird er die Kirchenpflege-Sitzung der katholischen Kirchgemeinde Zollikon-Zumikon leiten. Für das Fussballtraining wird es heute nicht mehr reichen.

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