Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 31. Januar 2025
Wenn sich morgen Abend der Vorhang im Schulhaus Limberg senkt, ist für Steffi Schneider ein Marathon zu Ende. Fünfmal hat das Laientheater Limberg ihr neues Stück «Bürokratie im Gmeindshuus» auf die Bretter gebracht, und die Präsidentin des Vereins, die auch auf der Bühne steht, hat sich etwas Erholung verdient. Es wird wahrscheinlich bei «etwas» bleiben. Steffi Schneider ist keine Frau, die lange untätig sein kann. Sie packt eher an, als dass sie darüber redet. Die Zumikerin geht immer zielstrebig, Umwege gibt es nicht.
Die Liebe zum Theater hat sie früh erfahren. Ihr Vater hatte 1969 den Theaterverein Obersaxen in Graubünden mitgegründet. Dort wuchs Steffi auf, ging zur Schule und als 16-jährige ein Jahr nach Lausanne. Mit 17 verschlug es sie in den Zollikerberg, wo sie eine Ausbildung als Zustellerin bei der Post begann. So früh von zu Hause weg? «Das war für mich überhaupt nicht zu früh», lacht die resolute Frau. «Ich wollte einfach raus.» Da die Post damals die eiligen Sachen mit der Forchbahn nach Zürich schickte, lernte sie schnell einen Lokführer kennen. «Der Rest ergab sich», kommentiert sie schmunzelnd. Auch Markus Schneider handelt lieber, als dass er grosse Reden schwingt. Er teilte seiner Freundin einfach mit, dass ihr Geburtstag im kommenden Jahr auf einen Samstag fallen werde. Das sei doch ein guter Tag für eine Hochzeit. Und so war Steffi Schneider mit 22 Jahren Ehefrau. Das Paar zog zurück nach Graubünden, nach Sufers, wo Steffi Schneider ihre eigene Poststelle leitete. Der Mann war bei der Gemeinde tätig. Die Söhne Florian und Tobias kamen zur Welt – und für die Familie ging es wieder Richtung Zumikon. Steffi Schneider war in den unterschiedlichsten Berufen tätig: in einer Buchbinderei, bei der Migros, im Spital, bei der Spitex – zurzeit ist sie eine der guten Seelen in der Badi Zumikon und darüber hinaus im Vorstand des Frauenvereins aktiv.
2008 besuchte sie das Chränzli des Männerchors im Limberg. An diesem traditionellen Anlass wurde neben Gesang auch ein Theater aufgeführt – und der Männerchor Berg-Küsnacht suchte dringend Frauen, die in der Ad-Hoc-Theatergruppe mitwirken wollten. Sie meldete sich. Acht Jahre später wollte der Männerchor kein weiteres Chränzli mehr machen – sie fühlten sich zu alt. Daher sei das Stück im Januar 2016 das letzte gewesen. «Wir haben uns hinter der Bühne versammelt und in fünf Minuten beschlossen, dass wir unseren eigenen Verein gründen», erinnert sich Steffi Schneider.
Seitdem wird noch intensiver gespielt, auch professioneller. «Wir haben ein effektiveres Bestellsystem, die Technik ist im Laufe der Jahre immer besser geworden, und wir haben eine professionelle Regisseurin samt Gage.» Doch entscheidend ist, was auf dem Platz geschieht, sprich auf der Bühne. Dort ist die Zumikerin in diesem Jahr als Gemeinderätin zu sehen. Alles dreht sich um eine kleine Gemeinde, die sich am Wettbewerb für die bürgerfreundlichste Gemeinde der Schweiz beteiligt. Ähnlichkeiten mit umliegenden Orten sind nicht zufällig. Schon bei der Auswahl des Stücks werde darauf geachtet, dass es auf die Region umgemünzt werden kann und die Rollen zu den möglichen Darstellern passen. Lange Jahre sass Steffi Schneider in der Auswahlkommission für das jeweilige Theaterstück. Seit 2019 ist sie Präsidentin und immer noch mit Leib und Seele Darstellerin. Eigentlich würde sie jede Rolle spielen, nur zu lieb sollte sie nicht sein. Wie steht es mit dem Lampenfieber? «Ab heute wird es steigen und steigen», sagt sie am Tag der Generalprobe. Sie weiss auch: Jede und jeder kann noch so gut gelernt haben, der Moment wird kommen, in dem der Text eben nicht kommt. «Dann hilft die Souffleuse oder wir improvisieren. Dann muss man sich gegenseitig helfen. Meist merkt das Publikum das gar nicht. Im besten Fall nicht mal die Regie.» Sie erinnert sich schmunzelnd an einen Dialog, den sie und ihr Gegenpart auf der Bühne führten – ziemlich frei. «Die Souffleuse hat dabei völlig hektisch in ihrem Heft geblättert und sich gefragt, wo genau wir eigentlich sind.»
So professionell die Theatergruppe vom Limberg mittlerweile ist, Bedarf an Mitwirkenden und Helfern gibt es immer. «Wir können zum Beispiel die Rollen nicht doppelt besetzen.» Und so stand sie selbst bei ihrem ersten Auftritt mit 39 Grad Fieber im Rampenlicht. Aktuell gibt es im Ensemble einen Bänderriss. Da heisst es Zähne zusammenbeissen und humpeln.
Es sind nicht nur die gemeinsamen Momente auf der Bühne, der Applaus oder das Lampenfieber, das das Ensemble verbindet. Über die Monate wächst es zusammen. «Und ich weiss, dass mancher von uns ab Montag eine grosse Leere empfindet.» Seit vergangenem Oktober haben sie jede Woche zweimal geprobt. Haben die Texte und Dialoge erarbeitet und die Szenen einstudiert. Wenn morgen Abend der letzte Vorhang nach dem Dreiakter fällt, ist ein weiteres Kapitel des Laientheaters Limberg Geschichte. Aber das Gute ist: Nach dem Stück ist vor dem Stück.
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