Mein Garten im März

Von adminZoZuBo ‒ 14. März 2025

Am 20. März, der Tagundnachtgleiche, beginnt der astronomische Frühling. Wir lassen in unserer Garten­serie jeden Monat passionierte Gärtnerinnen und Gärtner aus Zollikon und Zumikon über ihren Garten erzählen. Den Anfang macht Franziska Schläpfer.  Die Kulturjournalistin und Autorin lebt in Zollikon.

Franziska Schläpfer betrachtet die Zaubernuss in ihrem Garten. (Bild: frm)
Franziska Schläpfer betrachtet die Zaubernuss in ihrem Garten. (Bild: frm)

Noch leuchten die Kamelien (Camellia sasanqua), die nach dem ersten Frost die letzten Rosen ablösten und weit in den Frühling hinein blühen. Seit Februar sind Sträucher und Bäume geschnitten: Obstbäume, Reben, Kletterrosen, wuchernde Glyzinie auf der Südseite und wuchernder Efeu an der Nordseite des Hauses.
Der Garten ist alt, älter noch als ich, bald 120 Jahre. Doch als wäre das nichts, erwacht er auch diesmal zu neuem Leben, als wäre es das erste Mal. Diese Kraft der Erneuerung! Diese Lust zu spriessen, zu wachsen, zu blühen! Ich staune auf Schritt und Tritt – und das Frühlingserwachen steckt mich an, lockt die verschlafenen Vitalkräfte heraus. Bald werde ich mich freuen über die Pracht der Pfingstrosen. Jetzt, im März, ist dieser Garten die botanische Kur meiner eigenen Verjüngung.

Voller kleiner Sensationen betört er alle Sinne. Geheimnisvoll die Zaubernuss (Hamamelis), die seit Wochen vor der dunklen Eibenhecke leuchtet. Bescheidener blüht die Kornelkirsche (Cornus mas), der ich ein paar Jahre gut zureden musste, bis sie endlich Früchte für die geliebte Konfitüre trug. Ja, ich rede mit den Pflanzen auf meinen täglichen Rundgängen. Auch mit den Eidechsen, die eben erwacht sind. Es gibt im März fast nichts zu tun in diesem Baum- und Staudengarten. Allenfalls dichte Laubdecken entfernen und Kompost verteilen. Den ersten Gartensalat sammeln: Löwenzahn, Scharbockskraut, behaartes Schaumkraut, Bärlauch – und Giersch, mit dem ich nach Jahren vergeblichen Jätens Frieden geschlossen habe. Nun gehört er zum Gartengemüse, der entsäuernde Doldenblütler ­«Aegopodium podagraria», übersetzt «die Gicht heilend».

Ein zauberhaftes Schauspiel bieten die Elfenkrokusse (Crocus tommasinianus). Sofern kein später Schnee sie zerdrückt und die Sonne scheint, verwandeln sie Mooswiese und Kieswege in ein hellviolettes Blütenmeer und spriessen büschelweise aus den Plattenritzen. Die zarteste aller Frühlingsblumen ist erstaunlich vermehrungsfreudig und durchsetzungsstark. Einen unfreiwilligen Slapstick bietet eine Blaue Holzbiene, die grösste aus der Familie der Echten Bienen: Viel zu schwer für die fragilen Elfenkrokusse schafft sie es nicht, an den Blütenstaub zu kommen. Auch der erste Zitronenfalter torkelt durch den Garten – er gehört zu den wenigen Schmetterlingen, die als Falter überwintern.

Ins Revier der Märzenbecher (Leucojum vernum) mit ihren grüngepunkteten Blütenspitzen dringen die pinkfarbenen Frühlings-Alpenveilchen (Cyclamen coum), die sich von ihrem Stammplatz unter dem Quittenbaum immer weiter ausdehnen. Die Lenzrosen oder Frühlings-Christrosen (Helleborus orientalis) mit ihren weissen, rosa bis purpurnen Blütenkelchen mögen die kalkhaltige Erde des einstigen Weinbergs. Im Gegensatz zu den Christrosen (Helleborus niger) sind sie unkompliziert, vermehren sich fleissig und blühen viele Wochen, bevor sie sich in attraktive Grün- oder Rottöne verfärben. Eine Rarität hingegen ist die duftende Weinbergtulpe (Tulipa sylvestris) oder Wilde Tulpe. In der Schweiz als selten und gefährdet aufgeführt, hat sie sich Jahre Zeit gelassen, bis sie erstmals blühte am Fuss der Reben. Seither überrascht sie uns mit stetig wachsendem Blütenzauber.
Der Märzgarten klingt. Der melodiöse Gesang der Amselmännchen. Das Zwitschern, Piepsen, Gurren der Meisen, Buchfinken, Baum­läufer, Spatzen und Tauben, alle beschäftigt mit Partnerwahl, Revierkämpfen, Nestbau. Und in ­Momenten ohne aufheulende Porsches höre ich die Zapfen der 120-jährigen Schwarzföhre knistern und knacksen; auch sie öffnen sich in der Wärme dieser ersten Märzwoche.


Königin der Winterblüher

An kahlen Zweigen öffnet sie mitten im Winter ihre süssduftenden, fadenartigen Blüten, die Zaubernuss (Hamamelis). Bei Frost rollt sie die Blütenblätter zusammen und übersteht Temperaturen bis minus zehn Grad. Der edle Strauch steht gern sonnig, wächst aufrecht, ausladend vasenförmig – aber sehr langsam. Die Ureinwohner Nordamerikas nutzten die wundstillenden Wirkstoffe; auch bei uns findet man Hamamelis immer häufiger in Cremes, Deodorants und Heilölen. (fs)

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