Von Brigitte Selden ‒ 17. April 2025

Der Gemeinde- und Wirksamkeitsbericht analysiert die finanzielle und strukturelle Lage der 160 Zürcher Gemeinden und betont die hohe Zufriedenheit der Bevölkerung mit Verwaltungsleistungen sowie der Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden. Einen Schwerpunkt legt der Bericht auf die Finanzen und den kantonalen Finanzausgleich.
Seit 2012 zielt der Finanzausgleich darauf ab, finanzielle Ungleichheiten zwischen Gemeinden zu verringern und für stabile Steuerfüsse zu sorgen. Zwischen 2020 und 2024 konnte die Spannweite der Steuerfüsse dank des Finanzausgleichs auf 72 bis 130 Prozent begrenzt werden, im Vergleich zu 26 bis 319 Prozent ohne ihn. Dennoch sieht der Regierungsrat nach 13 Jahren Reformbedarf und möchte die gesetzlichen Grundlagen überprüfen. Er begründet die Reform mit der Aufgabenverschiebung vom Kanton zu den Gemeinden und dem Zentrumslastenausgleich. Zwar trägt der Finanzausgleich zur finanziellen Stabilität der Gemeinden bei, doch wächst der Wohlstand finanzstarker Gemeinden schneller als jener schwächerer Gemeinden.
Welche Bedeutung hat der Gemeinde- und Wirksamkeitsbericht für Zollikon und Zumikon, und wie könnte er sich auswirken? Die Zolliker Kantonsrätin Corinne Hoss betont, dass der Bericht kaum neue Erkenntnisse bringt: «Er zeigt, dass der Finanzausgleich seine Ziele erfüllt.» Da die Steuerkraft finanzstarker Gemeinden wie Zollikon schneller wachse als in finanzschwachen Gemeinden, sei der Finanzausgleich sinnvoll. Er begrenze Unterschiede und führe zu stabileren Steuerfüssen. Auch Zollikons Finanzvorsteherin Sylvie Sieger sieht im Bericht eine wichtige Grundlage für alle Gemeinden. «Der kantonale Zusammenhalt wird gut erfasst und der Finanzausgleich regelmässig analysiert.» Nach 15 Jahren sei es auch an der Zeit, die Zentrumslastenausgleiche an die Städte Zürich und Winterthur zu hinterfragen.
Corinne Hoss verweist darauf, dass Zollikons Bevölkerungswachstum in den letzten fünf Jahren unter dem kantonalen Durchschnitt liege. Gleichzeitig seien die Kosten in den Bereichen Bildung, Soziales und Gesundheit signifikant gestiegen. «Auch in Zollikon wachsen die Nettoausgaben schneller als die Bevölkerung.» Der Gemeinderat müsse sich dessen bewusst sein und Gegenmassnahmen ergreifen: «Die RGPK moniert dies seit Jahren.» Der Bericht verdeutliche, dass Zollikon – nach Küsnacht und Erlenbach – eine der Gemeinden mit den höchsten Einzahlungen in den Finanzausgleich ist. Zum Vorschlag des Regierungsrats, dessen gesetzliche Grundlagen zu überprüfen, sagt Corinne Hoss: «Das ist wichtig und richtig. Ob Zollikon davon profitiert oder letztlich zu den Verlierern zählt, ist aktuell nicht abzusehen.» Mit 26 Gebergemeinden gegenüber 134 Nehmergemeinden rechnet sie jedoch nicht mit grossen Veränderungen: «Für Zollikon dürfte sich wenig ändern.»
In Zumikon wird der Bericht mit einer gewissen Skepsis betrachtet. Wie Gemeindeschreiber Thomas Kauflin erklärt, bestehe die Gefahr, dass Überarbeitungen des Finanzausgleichs erneut zulasten finanzstarker Gemeinden wie Zumikon und Zollikon gehen könnten.

Eine gewisse Brisanz birgt der Wirksamkeitsbericht im Hinblick auf die Neuverteilung der Grundstückgewinnsteuer. Diese geht heute zu 100 Prozent an die Gemeinden. Hintergrund der geplanten Gesetzesänderung ist das Finanzierungsproblem des Kantons bei der Umsetzung neuer Projekte. Seit 2008 haben sich die Erträge aus der Grundstückgewinnsteuer verdreifacht: 2023 beliefen sie sich auf über 1,2 Milliarden Franken. Im Rahmen der laufenden Vernehmlassung zur Änderung des Steuergesetzes sieht ein neuer Gesetzesentwurf vor, dass die Gemeinden künftig 25 Prozent ihrer Einnahmen aus der Grundstückgewinnsteuer an den Kanton abgeben müssten.
Für Zollikon würde dies bedeuten, dass die Gemeinde allein für das Jahr 2024 etwa 5,5 Millionen Franken an den Kanton abführen müsste, sagt Sylvie Sieger. Zollikon müsste diesen Betrag durch Einsparungen bei freiwilligen Leistungen kompensieren, wie beispielsweise Kultur- und Sportförderung oder Unterstützungen im In- und Ausland. Alternativ könnten die Steuern um etwa 3,5 Prozentpunkte erhöht werden. Auch eine Kombination aus Leistungskürzungen und Steuererhöhungen wäre denkbar. Eine Vernehmlassung zu diesem Vorschlag sei geplant, sagt die Finanzvorsteherin: «Der Gemeinderat von Zollikon wird sich entsprechend dagegen wehren.» Statt das Finanzproblem mit eigenen Sparmassnahmen in den Griff zu bekommen, delegiere der Kanton es einfach an die Gemeinden – nach dem Motto «Den Letzten beissen die Hunde».
Auch Corinne Hoss ist entschieden gegen den Vorschlag: «Das ist aus meiner Sicht nicht akzeptabel. Der Regierungsrat bedient sich einfach bei den Gemeinden, anstatt eigene Lösungsansätze zu entwickeln.» In den Bereichen Bildung, Pflege und Sozialhilfe würden viele Kosten weiterhin von den Gemeinden getragen – wie etwa 80 Prozent der Löhne der Lehrpersonen – obwohl sie kaum Einfluss auf die Kostenstruktur haben. Diese zusätzlichen Belastungen würden die Gemeinden zwangsläufig zu Steuererhöhungen zwingen.
Ähnlich tönt es aus Zumikon. «Dass der Kanton auch von den Grundstückgewinnsteuern profitieren möchte, ist vielleicht nachvollziehbar, aus unserer Sicht jedoch nicht gerechtfertigt. Der Kanton unterschlägt in seiner Kommunikation völlig, dass nicht nur er, sondern auch die Gemeinden erhebliche Investitionen in die Infrastruktur leisten», kritisiert Thomas Kauflin.
Die Bedeutung der Grundstückgewinnsteuern für Zumikon macht Finanzvorsteher André Hartmann deutlich: «In den letzten Jahren entfielen durchschnittlich 8,3 Prozent der gesamten Einnahmen auf die Grundstückgewinnsteuern. Diese sind besonders wichtig, da wir bei den allgemeinen Steuereinnahmen bis zu 50 Prozent an den kantonalen Finanzausgleich abführen müssen.» Sollte der Gesetzesentwurf durchgesetzt werden, würde dies für Zumikon Einnahmeverluste in Höhe von 2 bis 3 Millionen Franken jährlich bedeuten – was 3 bis 5 Steuerprozenten entspräche. Für 2025 budgetiert die Gemeinde mit Grundstückgewinnsteuern von 11 Millionen; davon gingen im Fall der Gesetzesänderung 2,75 Millionen Franken an den Kanton. «Das würde über kurz oder lang Steuererhöhungen unumgänglich machen», so André Hartmann. Er lehnt die einseitige Verschiebung von Einnahmen entschieden ab, sofern die Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden nicht entsprechend angepasst wird.
Die Vernehmlassung zur Änderung des Steuergesetzes läuft noch bis Mitte Jahr. Der Finanzvorsteher geht davon aus, dass die meisten Gemeinden eine negative Haltung einnehmen werden. Anschliessend wird das Parlament über die Änderung entscheiden. Sollte der Vorschlag angenommen werden, sei ein Referendum wahrscheinlich, betont André Hartmann: «Im Falle eines Referendums wird das Volk darüber abstimmen.»
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