Von Björn Reinfried ‒ 16. Mai 2025
Es ist fast immer dieselbe Masche: Ein weisser Bus ohne Firmenaufschrift mit britischem oder irischem Nummernschild fährt vor einem Einfamilienhaus vor und die Handwerker bieten ihre Dienste an. Insbesondere Terrassenreinigung ist in der warmen Jahreszeit ein beliebter Service. Bevor die überrumpelten Bewohner die Situation verstehen können, wird ihnen eine dicke Rechnung gezeigt.
Genau das passierte der Zollikerin Annette Lohmüller Hoff. Am vergangenen Montag klingelte bei ihr eine Gruppe britischer Handwerker und bot ihr an, die Steinplatten vor ihrem Haus zu reinigen – sie seien in der Nachbarschaft beschäftigt und hätten gesehen, dass es auch bei ihr etwas zu reinigen gäbe. Im Getümmel wurde der Preis von 30 Franken pro Quadratmeter genannt – sie hatte kaum Zeit zu rechnen: «Sie haben mich völlig überrumpelt. Sie kamen an und begannen praktisch direkt zu arbeiten.»
Nach einer halben Stunde waren die Arbeiter fertig und stellten sich zu dritt vor die Haustür: Sie verlangten 2400 Franken – in bar. Die Stimmung wurde hektisch, die Männer aggressiv und aufdringlich. Die Bewohnerin war nicht bereit, so viel zu bezahlen und schon gar nicht in bar. Sie verlangte Dokumente der Männer: Sie seien von einer Dachdeckerfirma in London. «Das war alles vorgetäuscht und gefälscht.»
Die Anwohnerin verhandelte, wollte per Banküberweisung bezahlen, doch das lehnten die Handwerker ab. Bei einer Banküberweisung nach London würden Steuern anfallen, und dann müssten sie 90 Franken pro Quadratmeter berechnen (7200 Franken). Die Männer meinten, sie blieben so lange in der Tür stehen, bis sie bezahlt würden.
Am Ende setzte einer der Gruppe auf Mitleid: Sie solle doch wenigstens 200 Franken bezahlen – für die getane Arbeit. Die Frau gab nach und bezahlte.
Kenneth Jones ist Mediensprecher der Kantonspolizei Zürich. Ihm ist diese Masche nicht neu: «Der Bezirk Meilen mit seinen vielen Einfamilienhäuser ist natürlich spannend für solche Täter.»
Für die Polizei machen vor allem zwei Punkte diese Fälle schwierig: Zum einen ist das Anbieten einer Dienstleistung auch gegen hohe Preise nicht verboten. «Wenn ausländische Wanderarbeiter alle nötigen Papiere für die Einreise und den Aufenthalt haben und für die Arbeit eine Reisendengewerbebewilligung vorweisen können, dann dürfen sie diese Dienste anbieten. Das ist dann legal, auch wenn die Preise hoch sind», erklärt Kenneth Jones. Zum anderen patrouilliert die Kantonspolizei in den Quartieren und rückt bei Meldungen von betroffenen Personen aus und überprüft verdächtige Handwerker. «Wenn in einer Siedlung eine Gruppe verhaftet wird, bedeutet das jedoch nicht, dass anderen nicht weiterhin aktiv sind. Es sind einige solcher Handwerker unterwegs und sie setzen ihre Tätigkeit fort, bis auch sie auf frischer Tat ertappt werden», so Kenneth Jones. Er empfiehlt, grundsätzlich skeptisch zu sein: «Will jemand etwas an seinem Haus machen lassen, soll er am besten selbst nach einem Dienstleister suchen.» Es gebe natürlich auch Wanderarbeiter, die gute und faire Arbeit machen.
Die Polizei rät im Zweifelsfall, sich nicht überreden zu lassen und nur Dienstleistungen zu akzeptieren, die man wirklich will. Es soll ein schriftlicher Vertrag vorliegen, in dem die Firma sich ausweisen kann und Dienstleistung und Preis schriftlich festgelegt werden – im besten Fall ein Pauschalpreis. Sobald Skepsis aufkommt oder die Arbeiter aufdringlich werden, sollen Betroffene die Polizei anrufen. Diese kann dann die Dokumente der fraglichen Handwerker kontrollieren und bei allfälligen Straftaten entsprechend handeln.
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