Die Quaggamuschel haftet – die Seegänger auch

Von Joachim Lienert ‒ 27. Juni 2025

Seit dem 1. April gilt im Kanton Zürich eine Schiffsmelde- und -reinigungspflicht für alle immatrikulierten Schiffe. Zudem muss für jedes Schiff eine Heimgewässer-Deklaration ausgefüllt werden. Das liegt unter anderem an der Quaggamuschel. Eine Kontrolle der Polizei zeigte: Noch halten sich nicht alle daran. Doch nicht nur Bootsbesitzer sind in der Pflicht.

Wer immer mit einem Gefährt oder Gerät in den See geht, muss es zuvor sorgfältig reinigen. (Bild: jli)
Wer immer mit einem Gefährt oder Gerät in den See geht, muss es zuvor sorgfältig reinigen. (Bild: jli)

b mit Stand-up-Paddle (SUP), Muskelkraft oder Foil: Zollikon hält sich in diesen Hitze­tagen im Wasser auf. Natürlich gerne auch im Boot – 105 sind in der Gemeinde registriert. Im grossen Bootshafen stehen 35 Plätze zur Verfügung, im kleinen 13, und Bojenplätze gibt es 28. Dazu gesellen sich 116 Trockenplätze in der Wässerig. Der See ist einer der liebsten Sommer­orte, entsprechend lang ist die ­Warteliste für Bootsbesitzer. «Aktuell umfasst sie 273 Personen», teilt Melanie Marday, die Kommunikationsverantwortliche der Gemeinde, mit. In Zahlen bedeutet dies: Für einen Trockenplatz muss man fünf bis sieben Jahre warten, für einen Wasserplatz sagenhafte 15 bis 20 Jahre.

Wer Boot und Platz besitzt, hat aber nicht nur Vergnügen, sondern auch Pflichten. So führte die Seepolizei der Kantonspolizei zusammen mit der Wasserschutzpolizei der Stadtpolizei Zürich an Pfingsten eine Kontrolle auf dem Zürichsee durch. 224 Schiffsführer und ihre Boote wurden kontrolliert, 21 verzeigt. Der Fokus lag auf der sogenannten Heimgewässer-Deklaration.

Anerkannte Schiffsreinigung obligatorisch

Auslöser für die Deklarierungspflicht sind die Quaggamuschel und andere invasive gebietsfremde Tiere und Pflanzen (siehe ZoZuBo 28/2024). Es gilt zu verhindern, dass sich diese in noch nicht befallenen Seen ausbreiten. Kenneth Jones, Mediensprecher der Kantonspolizei Zürich, erklärt: «Die Heimgewässer-Deklaration besagt, in welchem See ein Schiff zu Hause ist. Will jemand sein Schiff in einen anderen See überführen, muss es zuvor gereinigt werden.» Ob Zollikerinnen und Zolliker unter den kontrollierten oder gar verzeigten Schiffseignern waren, die diese ­Deklaration nicht ausgefüllt hatten, ist nicht bekannt. Die Reinigung eines Schiffs vor einer Überführung muss professionell von einer anerkannten Reinigungsstelle durch­geführt werden. «Sie umfasst auch die Motoren und alle schwer zugänglichen und einsehbaren Stellen», teilt Katharina Weber von der Medienstelle der kantonalen Baudirektion mit. «Zudem muss das Bilgenwasser abgelassen beziehungsweise abgepumpt werden. Diese speziellen Anforderungen benötigen Know-how und Ausrüstung wie Hockdruckreiniger sowie einen Waschplatz mit Warmwasser zwischen 45 und 60 °C und Anschluss an die Kanalisation.» Denn es geht nicht nur darum, sichtbare klebende Muscheln zu entfernen, sondern die Ausbreitung schon durch kleinste biologische Verunreinigungen zu verhindern.

Wer noch keinen hat, wartet 15 bis 20 Jahre darauf: Die Bootsplätze in Zollikon sind ein begehrtes Strandgut. (Bild: jli)
Wer noch keinen hat, wartet 15 bis 20 Jahre darauf: Die Bootsplätze in Zollikon sind ein begehrtes Strandgut. (Bild: jli)

Verantwortung für kleinere Seen

Wie gross ist das Problem im Zürichsee? Katharina Weber: «Die Quagga­muschel wurde vergangenen Herbst erstmals im Zürichsee entdeckt und seither an vier Stellen nachgewiesen.» Aufgrund ihrer Grösse gehe man davon aus, dass sie sich bereits seit einigen Jahren im See befindet. Die Besiedlung sei aber noch nicht weit fort­geschritten. Als weiteres Beispiel für eine schädliche gebietsfremde Art nennt sie das Schmalrohr, eine Wasserpflanze, die im Genfersee und den Tessiner Seen bereits dichte Teppiche bildet und die Wasserqualität beeinträchtigt. «Darum ist die Schiffsmelde- und -reinigungspflicht auch für den Schutz des ­Zürichsees wichtig, obwohl die Quaggamuschel dort bereits vorkommt.» Der Kanton führt seit mehreren Jahren ein Umwelt-DNA-­Monitoring durch, um Wasserproben auf DNA-Spuren der Quaggamuschel und anderer invasiver Arten zu untersuchen. Die letzten Proben aus dem Greifensee, dem Pfäffiker- und dem Türlersee waren negativ. Mit grosser Wahrscheinlichkeit kommen dort also noch keine Quaggamuscheln vor. Umso wichtiger ist es, dass alle ihre Tauch-, Schwimm- und Fischereigeräte, SUPs oder Schlauchboote vor jedem Wechsel eines Gewässers, zum Beispiel vom Zürich- in den Greifensee, gründlich reinigen – idealerweise mit Hochdruck und Heisswasserdampf – und gut trocknen lassen.

Für die Schiffsmelde- und Reinigungspflicht ist der Kanton zuständig, die Bootseigner wurden im März per Brief direkt darüber informiert. Zollikon beteiligt sich an der Aufklärung, sagt Melanie Marday: «Für die Kampagne ‹Stopp! Schiff gereinigt?› haben wir an den Standorten Wässerig, Schifflände, bei den Surfbrettboxen und bei der Seebadi Plakate aufgestellt.» Zollikerinnen und Zolliker sind also zu Sorgfalt aufgerufen. Und die Zumiker? «Als Gemeinde ohne Seeanstoss sind wir hier wohl raus aus dem Thema», sagt Gemeindeschreiber Thomas Kauflin. «Wir haben keine Bootsplätze und führen auch kein Register von Zumikern und Zumikerinnen mit Booten und Bootsplätzen.» Doch egal, wo man wohnt und ob eine Quagga-Muschel haften bleibt oder nicht: Wer immer mit einem Gefährt oder Gerät in den See steigt, haftet ein bisschen für den Schutz des Zürichsees.

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