«Der Rost ist unser Feind»

Von Joachim Lienert ‒ 19. September 2025

Die Gemeinde lud die Medien dazu ein, in die Baustelle des Schwimmbads Fohrbach einzutauchen (ZoZuBo 37/2025). Ein physischer und fotografischer Blick auf einige der grössten Kostensteigerer.

Früher die Aussengarderoben: Bauleiter Gideon Kistler zeigt, wo der neue Holzbau mit dem Gastrogebäude zu stehen kommt. (Bilder: jli)
Früher die Aussengarderoben: Bauleiter Gideon Kistler zeigt, wo der neue Holzbau mit dem Gastrogebäude zu stehen kommt. (Bilder: jli)

Die Zahl, um die es geht, liest sich nüchtern: 52,6 Millionen Franken. So viel soll, Stand heute, die Sanierung des Schwimmbads Fohrbach kosten. Zur Erinnerung: Im November 2022 hatte die Stimmbevölkerung der Variante «Optima» zugestimmt und einen Kredit von 44,7 Millionen Franken für die Gesamtsanierung von Hallen- und Freibad samt neuem Gastro­nomiegebäude gutgeheissen. Dazu wurden Projektierungs­kosten von 1,5 Millionen Franken bewilligt, und der Gemeinderat sprach einen Zusatzkredit von 0,2 Millionen für das Planerwahlverfahren und die Bauherrenbegleitung. Insgesamt ging man also von 46,4 Millionen Franken aus.

An der Gemeindeversammlung im vergangenen Juni teilte der verantwortliche Gemeinderat André ­Müller mit – die Rückbau-Arbeiten hatten im April begonnen –, die Kostenschätzung belaufe sich aktuell auf 50,3 Millionen Franken. Beim Medienrundgang zeigten André Müller und Bauleiter Gideon Kistler von BGS und Partner Architekten AG, was zur erneuten Steigerung um 2,3 Millionen geführt hat. Bei den Rückbau-Arbeiten, die mittlerweile fast abgeschlossen sind, traten Mängel zutage, die bis dato im Verborgenen geschlummert hatten. Zum Beispiel, weil sie unterhalb des Bodens auftraten, wie bei den Fassadenstützen, weil sie sich unter der Dachabdeckung verbargen oder auf der Unterseite des Hubboden-Beckens. Gideon Kistler fasste zusammen: «Der Rost ist unser Feind.»

Ein Schwimmbad ist besonders heikel

Chlordämpfe, gepaart mit Feuchtigkeit, Reinigungsmitteln und warmer Luft, sind bei einem Schwimmbad Rostbeschleuniger. Manchmal ist es einfach, anderen die Schuld zu geben, hier ist es wohl angebracht: Beim damaligen Bau wurden gewisse Arbeiten wie das Chromstahlbecken oder die Verbindung von Stahlträgern mit dem Dach nicht fachgerecht ausgeführt, und bei den Stahlträgern der Fassade hielten Dichtungen nicht. Feuchtigkeit drang ein, der Rost frass. Und frass. Die Schäden wurden den Laien von der Presse anschaulich vor Augen geführt. Man sieht sie. Man sieht, dass etwas gemacht werden muss. Auch die Leserschaft darf sich in unserer Bildstrecke davon überzeugen.

Dem Laien stellt sich einzig die Frage: Hätte man die Schäden nicht viel früher entdecken und somit deren Behebung von Anfang an einpreisen können? Beispiel Chromstahlbecken: Da ging man von ­einer ­Lebensdauer von 40 bis 60 Jahren aus. Jetzt ist es 20-jährig und muss ausgetauscht werden. ­Gideon ­Kistler sagte: «Das wurde damals beim Bau nicht richtig ausgeführt. Das konnten wir nicht kommen sehen.» Man habe Korrosionsexperten beigezogen und ­Sondagen durchgeführt, doch bei einem Umbau könne immer Unvorhergesehenes zum Vorschein kommen. Sondagen sind Bohrungen und Öffnungen, die man im bestehenden Bauwerk vornimmt, um allfällige Schäden aufzuspüren. Gerade bei laufendem Betrieb seien sie aber schwierig durchzuführen, erklärte der Bauleiter. Zudem wisse man nie, ob man an den richtigen Stellen untersuche. Manche Dinge wiederum lassen sich erst erkennen, wenn Abdeckungen, Beläge, Böden, Dächer und Verkleidungen entfernt sind. Auch das sei bei laufendem Betrieb kaum möglich. «Gewisse Massnahmen hatten wir aufgrund der Erkenntnisse aus den Sondagen einkalkuliert», sagte Gideon Kistler. «Aber man kann nicht nur vom Schlimmstmöglichen ausgehen.»

Man hat keine Wahl

Wie weiter? André Müller sagte: «Die Kostensteigerungen sind gebundene Ausgaben. Wir haben gar keine Wahl. Wir können zum Beispiel nicht einfach sagen, lassen wir das Piratenschiff oder das Restaurant weg, damit es günstiger wird.» Denn das Stimmvolk habe die ­Gemeinde mit einer klaren Eins-zu-eins-Instandsetzung beauftragt. Zudem geht ein grosser Teil der Kostensteigerung auf das Konto «Bauteuerung». Ein neueres Phänomen. «Genau in dieser Projektzeit hatten wir eine Bauteuerung von rund zehn Prozent, zuvor gab es jahrelang keine in der Schweiz.»

Gideon Kistler betonte: «Das Gute ist: Wir haben die Schäden entdeckt, wir können sie beheben.» Ob es bei diesen bleibt? André Müller zeigte sich zuversichtlich: «Weil der Rückbau fast abgeschlossen ist, hoffen wir, dass nichts mehr dazukommt.» Man werde an der Gemeindeversammlung im Dezember wieder über den aktuellen Stand informieren. Bleibt wohl nichts anderes, als in den sauren Apfel zu beissen. Und sich ein bisschen damit zu trösten, dass bei den lieben Nachbarn von einer Kostendimension in siebenfacher Grösse die Rede ist. Statt der ursprünglich geplanten 210 Millionen Franken soll der Neubau des Sportzentrums Oerlikon – natürlich mit Schwimmbad – nun 373 Millionen Franken kosten. Notabene, bevor eine einzige Schaufel in die Hand genommen wurde.

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