Von Joachim Lienert ‒ 19. September 2025

Seit 19. Juni und bis am Montag dieser Woche (15. September) lief die Angebotsfrist in der öffentlichen Ausschreibung der Verkehrsbetriebe der Stadt Zürich (VBZ) für den Busbetrieb der Linien 91, 910, 912, 916, 918 und 919. Die VBZ sind auf dem Gebiet von Zollikon, Zumikon und Küsnacht das marktverantwortliche Unternehmen des Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV) und müssen dort als solches den öffentlichen Verkehr sicherstellen. Melanie Marday, Leiterin Kommunikation der Gemeinde Zollikon, teilt mit: «Die VBZ können diesen Auftrag selbst ausführen oder an ein drittes Unternehmen vergeben.» Letzteres streben die VBZ mit der aktuellen Ausschreibung an.
Wer sich für die Übernahme des Busbetriebs interessiert, muss zahlreiche Kriterien erfüllen. Manchen sind die Hürden zu hoch. Gemäss Ausschreibung muss die neue Anbieterin die bestehenden «betriebsnotwendigen 20 Fahrzeuge» übernehmen, die mit einer Kostengutsprache des ZVV beschafft wurden. Nicht nur die Bevölkerung fragt sich, wie es weitergeht, sondern auch die rund 50 Chauffeure, die beim AZZK angestellt sind. Fadil Rama etwa, seit 24 Jahren dabei, sagt: «Wir hoffen, dass wir weiterfahren können. Es wäre schwierig für einen neuen Betreiber, ein ganzes neues Team aufzustellen. Wir kennen die Routen.»
Nachfrage bei der VBZ: Muss der neue Busbetreiber auch das Personal vom AZZK übernehmen? Mediensprecherin Judith Setz teilt mit, die VBZ orientierten sich bei der Ausschreibung am Personenbeförderungsgesetz des Bundes (PBG). «Gemäss Art. 32l Abs. 3 muss das neu beauftragte Unternehmen die für das Angebot notwendigen zusätzlichen Arbeitsstellen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des bisher beauftragten Unternehmens zu branchenüblichen Bedingungen anbieten. Wir gehen davon aus, dass der neue Betreiber zusätzliches Personal benötigt.»
Béla Kalman, Leiter Fahrdienst beim AZZK, bestätigt: «Es ist gemäss PBG vorgesehen, dass die, die wollen, zum neuen Betreiber wechseln können. Sonst müsste er für unsere Buslinien gleich 50 Chauffeure selbst mitbringen; das findet keiner. Wir haben sehr gutes Personal und gehören auch bei den Bewertungen immer zu den besseren ZVV-Betrieben.» Er spürt, wie das Thema die Bevölkerung bewegt. «Ich wohne im Zollikerberg und werde sehr oft darauf angesprochen, was denn nun mit dem Bus passiere.»
In der Ausschreibung fällt ein Punkt auf: die Busgaragen. Der künftige Betreiber muss sowohl diejenige an der Gustav-Maurer-Strasse in Zollikon als auch eine neue in Oetwil am See betreiben. «Dort rüsten wir derzeit eine Industriehalle zu einer künftigen Garage um, die auch für E-Busse geeignet ist», sagt Judith Setz. Die Busgarage in Zollikon werde ein wichtiger Standort bleiben. Dort befinden sich die Tank- und Waschanlagen und Abstellplätze für jene Busse, die untertags nicht im Einsatz sind. Die Garage gehört dem AZZK, der sie im Baurecht von der Gemeinde Zollikon erstellt hatte. Jetzt beabsichtigen die VBZ, diese Busgarage vom AZZK im Baurecht zu übernehmen. Der neue Transportbetreiber soll die Garage dann bei den VBZ mieten.
Melanie Marday sagt: «Die VBZ benötigten einen Entscheid der Gemeinde, ob sie ihr Vorkaufsrecht wahrnehmen will.» Die Gemeinde verzichtete darauf, im Sinne einer guten Lösung für den Betrieb der Zolliker Buslinien. «Die Gemeinde unterstützt die Nutzung des Grundstücks im Rahmen des öffentlichen Verkehrs, mindestens bis zum Ablauf des heute gültigen Baurechtsvertrags», führt die Leiterin Kommunikation aus. Der Gemeinderat wünsche, dass die Fahrzeuge der Zolliker Bevölkerung dienen. Das Baurecht endet 2043 nach 80 Jahren. Der aktuelle Baurechtszins beläuft sich auf jährlich 45 300 Franken. In die Kaufverhandlungen zwischen dem AZZK und der VBZ ist die Gemeinde nicht involviert.
Der Zolliker Zumiker Bote fragte bei diversen Autobusbetrieben nach, ob sie an der Ausschreibung teilnehmen. Viele winken ab. Für den Laien am naheliegendsten wären wohl die Verkehrsbetriebe Zürichsee und Oberland AG (VZO). Adrian Suter, Leiter Angebot und Markt, sagt: «Die VZO haben die Ausschreibung sorgfältig geprüft und sich entschieden, nicht daran teilzunehmen.» Auf die verschiedenen Gründe, die dafür ausschlaggebend gewesen seien, möchte er nicht näher eingehen. Auch die VBG Verkehrsbetriebe Glattal AG verzichten, wie Mediensprecherin Victoria Sutter mitteilt. Sie seien allerdings kein Transportbetrieb mit eigenen Fahrzeugen, sondern hätten als Managementorganisation diverse Transportbetriebe in ihrem Marktgebiet mit Transportleistungen beauftragt. Genau so also, wie es die VBZ in ihrem Gebiet tun. «Die Busse sind zwar mit unserem Namen angeschrieben, gehören jedoch den jeweiligen Transportbetrieben. Ob einer von diesen an der Ausschreibung teilgenommen hat und allenfalls den Ortsbus in Zollikon, Zumikon und Küsnacht im Namen eines anderen Auftraggebers fahren wird, ist uns nicht bekannt.»

Die Recherchen des Zolliker Zumiker Boten fördern zumindest einen Busbetrieb zutage, der an der Ausschreibung teilnimmt. Doch auf Rückfrage heisst es: «Wir haben eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben und dürfen nichts bekanntgeben.» Ein weiteres Unternehmen steckte bei der Anfrage noch in der Prüfung der Teilnahme. Und dann sind da mehrere Busbetriebe, die nicht an der Ausschreibung teilnehmen. Einer sticht hervor, geht er doch detailliert auf die Gründe ein. Seinen Namen will der Geschäftsleiter des Betriebs nicht in der Zeitung lesen. Er sagt: «Wir haben die Ausschreibung genau geprüft, aber es sind sehr schwierige Umstände.»
Zwei Punkte hebt er hervor: Die Logistik mit zwei Bushallen in Zollikon und Oetwil sei schwierig, etwa wenn Chauffeure am selben Tag zwischen den beiden Standorten pendeln müssten. «Aber man musste wohl lange nach einem geeigneten Standort suchen, denn an der Goldküste will niemand ein Busdepot errichten. Da baut man lieber Eigentumswohnungen, aber sicher keine Busgarage.» Sollte dereinst im neuen Betrieb eine Störung auftreten, die den Austausch eines Busses erforderte, könnte es zu langen Wartezeiten kommen, bis ein Bus von Oetwil am Bellevue sei. Als zweiten Punkt nennt er das in seinen Augen relativ hohe Durchschnittsalter des aktuellen Chauffeur-Teams, das es zu übernehmen gilt: «Es ist gut, langjährige Mitarbeiter zu haben. Aber wenn diese pensioniert werden, wo können ihre Nachfolger, die jungen Chauffeure, wohnen?» Gerade wenn man Schicht arbeite, mit drei bis fünf Stunden Pause, sei es wichtig, in der Nähe zu wohnen. Doch sei es sehr schwierig, für neue Chauffeure hier bezahlbare Wohnungen zu finden. Die Ausschreibung sei für alle in der Branche überraschend gekommen: «Das gab es schon lange nicht mehr, dass so viele Buslinien aufs Mal neu ausgeschrieben wurden. Wir schauen alle gebannt an die Goldküste. Ich bin sicher, es findet sich ein Betreiber.»
Judith Setz teilt diese Zuversicht: «Es gibt mehrere Interessenten. Wir sind zuversichtlich, eine neue geeignete Anbieterin zu finden.» Für die VBZ beginnt jetzt die Prüfung der eingegangenen Offerten. Voraussichtlich Anfang 2026 entscheiden sie über die Vergabe der Fahrleistungen zum Fahrplanwechsel Ende 2026. «Bis zur Bekanntgabe des Zuschlags ist das Verfahren nicht öffentlich», erklärt die Mediensprecherin. Somit wird auch nicht bekanntgegeben, wie viele Betreiber sich an der Ausschreibung beteiligt haben. Es heisst also weiter warten an der Haltestelle auf den Bus. Wer künftig an dessen Steuer sitzt, dürfte die Bevölkerung erst nächstes Jahr erfahren.
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