Von Björn Reinfried ‒ 17. Oktober 2025

Flugzeuge, die am Flughafen Zürich starten, fliegen auf definierten Routen, je nach Wind und Reiseziel. Während des Starts laufen die Triebwerke mit voller Schubkraft und während des Steigflugs mit 75 bis 80 Prozent. Erst auf einer Reiseflughöhe von etwa zehn Kilometern können sie mit der Hälfte der Schubkraft arbeiten. Das heisst: Flugzeuge sind während des Starts und des Steigflugs am lautesten. Dieser Fluglärm beschäftigt die Goldküste schon seit Jahren – jetzt schon wieder.
Der Bundesrat hat die Anpassungen des Sachplans Infrastruktur Luftfahrt SIL mit den wesentlichen Rahmenbedingungen für den Betrieb des Flughafens Zürich genehmigt. In diesem Papier hält er nach wie vor an der Möglichkeit von Südstarts geradeaus fest. Das bedeutet, dass Flugzeuge nach Süden starten und nicht direkt nach Osten abdrehen, wie das aktuell der Fall ist, sondern einige Kilometer geradeaus in den Himmel steigen und erst dann abbiegen.
Passagierflugzeuge haben im Durchschnitt eine Steigleistung von 500 bis 1000 Metern pro Minute. Von Kloten bis Zollikon oder Zumikon brauchen sie etwa drei Minuten. Für die Goldküste heisst das, dass Flugzeuge mit einer geringen Steigleistung hier erst etwa 1500 Meter Höhe erreicht haben und dann abdrehen – die Triebwerke beschallen folglich mit hoher Schubkraft und auf relativ tiefer Höhe direkt die Goldküste. Laut SIL würde es sich hierbei um schwere Langstreckenflugzeuge handeln.
Diese Südstarts sollen laut SIL bei Bise (Ostwind) oder Nebel eine Option sein. Wann die Bisenlage stark genug oder der Nebel genügend dicht ist, um Südstarts durchzuführen, liege im Ermessen der Air Traffic Control – also des Flughafens selbst.
Der Sachplan Infrastruktur Luftfahrt SIL ist nicht anfechtbar. Die Gemeinden warten deshalb auf das überarbeitete Betriebsreglement des Flughafens Zürich, in welchem die nun vom Bundesrat festgelegten Rahmenbedingungen umgesetzt werden. Das Betriebsreglement ist rechtlich anfechtbar, und hier will Zumikon zusammen mit anderen Goldküstengemeinden und dem Fluglärmforum Süd ansetzen. Gemeindepräsident Stefan Bührer schreibt dazu: «Wir erwarten mit Spannung das überarbeitete Betriebsreglement. Bis dann können wir nicht viel machen – es liegt im Moment nicht an den Gemeinden im Süden, die nächsten Schritte zu definieren.»
Die Hauptsorge der Goldküstengemeinden ist der zusätzliche Fluglärm, der durch die Südstarts geradeaus entstehen würde. Da diese zu einer Kapazitätserhöhung des Flughafens führen, befürchtet Stefan Bührer, der Flughafen würde in Zukunft gerne auf dieses Regime umstellen. Zudem sei auch die Definition von Nebellage oder Bise bisher schwammig definiert. Es sei zu befürchten, dass der Flughafen wenig Anreize habe, das Regime umzustellen, wenn sich zum Beispiel der Nebel auflösen würde.
Stephan Oehen vom Fluglärmforum Süd, das die Gemeinden in Flughafenfragen vertritt, befürchtet ausserdem, dass der Flughafen die Südstarts geradeaus viel öfters als nötig anwenden werde: «Es ist für den Flughafen das beste Konzept, weil es die höchste Kapazität hat; und wenn er selbst definieren kann, wann das Südkonzept angewendet wird, wird er es sehr gerne sehr oft anwenden.» Sein Horrorszenario wären Südanflüge am Morgen und Abend und den ganzen Tag durch Südstarts geradeaus.

Bei Bise arbeitet der Flughafen aktuell mit dem Nordkonzept, das heisst die Flugzeuge landen von Norden kommend auf der Piste 14. Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge starten direkt in den Wind gegen Osten auf der Piste 10. Grosse Langstreckenflugzeuge starten auf der längeren Piste 16 gegen Süden und drehen nach dem Start gegen Osten ab, einige überfliegen den Flughafen und ziehen nach Westen. Bei diesem Konzept entstehen mehrere Kreuzungsrisiken der Flugkorridore. Aus diesem Grund ist das Bisenkonzept mit 44 Flugbewegungen pro Stunde dasjenige mit der tiefsten Kapazität. Muss aufgrund der Windverhältnisse auf dieses umgestellt werden, entstehen Verspätungen, die sich häufig bis zum Betriebsschluss nicht mehr abbauen lassen.
Mit dem neuen Bisenkonzept mit Südstart geradeaus könne die Sicherheit erhöht werden, indem diese Kreuzungspunkte eliminiert werden, schreibt die Medienstelle des Flughafens Zürich. Durch das Wegfallen der Kreuzungsrisiken könne bei Bise statt wie bisher 44 Flugbewegungen die angestrebte Stundenkapazität von 70 Flugbewegungen erreicht werden.
Der Wechsel auf das Bisenkonzept solle weiterhin nur dann erfolgen, wenn die meteorologischen Verhältnisse Starts auf der Piste 28 (Richtung Westen) nicht mehr erlauben würden.
ANMELDEN
Herzlich willkommen! Melden Sie sich mit Ihrem Konto an.