Zolliker Initiative schafft Perspektiven in Ruanda

Von Claudia Eberle-Fröhlich ‒ 17. Oktober 2025

Mit bloss 3000 Franken aus der eigenen Tasche gründeten zwei Zollikerinnen zusammen mit Freunden 2021 eine Berufs­schule in Ruanda. Inzwischen wurden dort bereits 620 Jugend­liche ausgebildet. Mitgründerin Claudia Eberle-Fröhlich reiste mit einer Delegation zur diesjährigen Diplomfeier – inklusive Neulancierung der Ausbildung zum Bäckerberuf. Eine Reportage.

Die angehenden Berufsleute mit den drei Bäckermeistern aus der Schweiz, Lukas Imseng, Kurt Wüst und Jörg Heierle (v.l.). (Bild: zvg)
Die angehenden Berufsleute mit den drei Bäckermeistern aus der Schweiz, Lukas Imseng, Kurt Wüst und Jörg Heierle (v.l.). (Bild: zvg)

Im Rahmen der jüngsten Diplomfeier unserer Schule am 4. Oktober und der Neulancierung der Ausbildung zum Bäckerberuf reiste ich in Begleitung einer kleinen Gruppe nach Nyamasheke, einem Distrikt in Ruanda. Zu dieser Gruppe gehörten zwei pensionierte Bäckerunternehmer aus dem Wallis, und auch der Thurgauer Bäckermeister Jörg Heierle, der sich auf einer Afrikatour mit dem Fahrrad befindet, gesellte sich dazu. Vier Tage lang vermittelten die drei den Studierenden praktisches Wissen und backten gemeinsam das Salz- und Süssgebäck für die Diplomfeier. «Die Dank­barkeit und das Engagement der jungen Menschen haben uns berührt», erzählt Bäckermeister Lukas Imseng. Berufskollege Kurt Wüst ergänzt: «Die Jugendlichen folgen dem Unterricht mit einer Begeisterung, die zeigt, wie sie diese Chance schätzen.»

André Lüthi als Botschafter

Ein Höhepunkt der mehrtägigen Veranstaltung war der Besuch von André Lüthi, Verwaltungsratspräsident der Globetrotter-Gruppe und Bäckerbotschafter des Schweizer Bäckerei-Confiseur-Verbands. Er liess sich sofort zum offiziellen Ambassador des Vereins Sangira ernennen. «Dieses Land hat mich in jeder Hinsicht beeindruckt. Fruchtbares Land, Berge und Seen wie in der Schweiz, und das Wichtigste: junge Menschen, die anpacken und mich mit viel Herz und strahlenden Augen begrüsst haben», erzählt er. Der diplomierte Bäcker-Konditor reiste extra zur Diplomfeier und führte vor Ort einen Workshop zum traditionellen Zopfbacken durch. Er begeisterte damit Lernende und Lehrkräfte gleichermassen. «Für uns ist André Lüthi nicht nur ein Botschafter, sondern eine Bestätigung, dass unser Projekt auch in der Schweiz auf Resonanz stösst», so Jackie Helfenberger, Präsidentin von Sangira.

Die beiden Mitgründerinnen Claudia Eberle-Fröhlich (l.) 
und Jackie Helfenberger während der Diplomfeier. (Bild: zvg)
Die beiden Mitgründerinnen Claudia Eberle-Fröhlich (l.) und Jackie Helfenberger während der Diplomfeier. (Bild: zvg)

Bildung als Schlüssel für die Zukunft

«Sangira» bedeutet auf Kinyarwanda «teilen», und genau das lebt der Verein «Sangira – Freunde Ruandas in Zollikon» seit 2021: Als Mitgründerin habe ich mit Jackie Helfenberger, Bobito Masanga und Monika Huber die Berufsschule für Hotellerie in Nyamasheke aufgebaut. Das Team setzt sich zusammen mit weiteren acht Mitwirkenden für berufliche Bildung in einer Region ein, in der fast 90 Prozent der jungen Erwachsenen arbeitslos sind.

Die Schule «Hotel Talents Pool» wird finanziert durch Patenschaften und Spenden. Sie bildet vor allem junge Frauen fundiert aus, mittlerweile in fünf Berufen: Koch, Service, Rezeption, Zimmerdienst – und neu auch im Bäckerhandwerk. Meilensteine waren die Schuleröffnung 2022 und die Einweihung eines Schulrestaurants im Februar 2023, das von den ersten Studierenden und einem lokalen Koch betrieben wird. Auch Franz Schwegler unterstützte den Aufbau. Der ehemalige Direktor des Boutique-Hotels Beausite Zermatt stand dem Team mit seinem Fachwissen kontinuierlich zur Seite. Mittlerweile haben 620 angehende Frauen und Männer ihr Diplom erhalten, wovon gegen 80 Prozent einen bezahlten Job gefunden haben – ein Erfolg, der zeigt, wie dringend solche Projekte gebraucht werden.

Die Sangira-Schulbäckerei wurde im Juli 2023 mit minimaler Infrastruktur eröffnet. Dies mit der Hilfe
von Schweizer Bäckerlernenden, die für ein Praktikum in Kigali und ­Nyamasheke arbeiteten. Die Bäckerei trägt zum Kauf der lokalen Rohstoffe für den Backunterricht bei und fördert zugleich die regionale Wirtschaft und Gemeinschaft. Denn die nächstgelegene Bäckerei ist mehr als eine Fahrstunde entfernt. Weil die Ausbildung zum Bäckerberuf bis anhin im Lande nicht gewährleistet ist, wagte der Verein Sangira den Schritt, eine solche ebenfalls zu etablieren.

Universitäten sind in Ruanda für die meisten unerschwinglich, und nach der Grundschule fehlen berufliche Perspektiven. Viele der Auszubildenden legten bis zu vier Stunden zu Fuss zurück, um zur «Hotel Talents Pool» zu kommen. Seit diesem Jahr bietet die Schule 38 Betten für Studentinnen und 18 für Studenten mit den längsten Schulwegen an. Dank gebrauchten Laptops aus der Schweiz und digitalen Lehrgängen in Kooperation mit der Global Swiss Learning AG wird Wissen nach Schweizer Standard vermittelt.

Gemeinsam mit Zollikern für Nyamasheke

Sangira ist ein Gemeinschaftsprojekt von Ruanderinnen, Ruandern, Schweizerinnen und Schweizern, Zollikerinnen und Zollikern. Es fördert nicht nur die Bildung, sondern treibt auch die wirtschaftliche Entwicklung der Region voran. Der Verein ist dankbar für Sponsoren und Patenschaften. Der bisherige Erfolg der Initiative von uns zwei Zollikerinnen zeigt auf jeden Fall: Wir sind auf dem richtigen Weg.

André Lüthi, Verwaltungsrat der Globetrotter-Gruppe und neuer Bäckerbotschafter des Vereins Sangira in Aktion am Zopf-Workshop. (Bild: zvg)
André Lüthi, Verwaltungsrat der Globetrotter-Gruppe und neuer Bäckerbotschafter des Vereins Sangira in Aktion am Zopf-Workshop. (Bild: zvg)

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