07/2015 Mit Pirouetten und Sprüngen zum Erfolg

Von adminZoZuBo ‒ 12. Februar 2015

Mit Pirouetten und Sprüngen zum Erfolg

Mit eleganten Pirouetten und gewagten Sprüngen begeistert Eveline Brunner auf dem Eis Publikum und Jury. Dabei stand für die Schweizermeisterin aus dem Zollikerberg lange Zeit der Sport nicht im Hauptfokus. Doch ihr Erfolg spornt sie an.

Eveline Brunner sitzt in einem Café und beginnt von der Europameisterschaft im Eiskunstlauf, an der sie vor wenigen Wochen teilgenommen hat, zu erzählen. Sie spricht von einer sehr guten Erfahrung, berichtet vom hohen Niveau der Läufer und schildert das Gefühl, vor einem grossen Publikum auf dem Eis zu laufen. Die 19-Jährige ist ehrgeizig und trainiert hart und fast jeden Tag. Sie freut sich über ihren Erfolg, lässt ihn sich aber nicht zu Kopf steigen. Sie wägt ab, lässt Neues auf sich einwirken und Dinge ihren Lauf nehmen, bevor sie grosse Entscheidungen trifft. Dass die Schweizermeisterin in kurzer Zeit einen rasanten Aufstieg hingelegt hat und nun immer wieder mit Medienanfragen konfrontiert ist, nimmt sie locker.

Für Eveline Brunner war der Einsatz an der Europameisterschaft im Januar ihr erster Wettkampf dieser Grössenordnung. «Die ganze Atmosphäre war anders», vergleicht sie die EM in Stockholm mit den Wettkämpfen in der Schweiz. Erstmals hiess es, vor über 8000 Zuschauern aufzutreten, mit vielen sehr guten Läufern. Läufern, die sie teils nur vom Fernsehen kannte. «Aber schlussendlich mache ich genau das Gleiche wie sonst. Ich fühlte mich nicht anders auf dem Eis.» Sie sei zwar nervös vor ihren Auftritten; doch man gewöhne sich an das «Wettkampffeeling». Von äusseren Umständen lässt sie sich nicht unter Druck setzen. «Der Druck kommt eher von mir», meint sie. Die EM schloss sie auf einem guten 14. Rang ab. «Ich bin sehr zufrieden», sagt Eveline Brunner. Für die Weltmeisterschaft im März hat sie sich damit aber noch nicht qualifiziert. «Es ist sehr schade, dass es für die WM-Qualifikation nicht gereicht hat», bedauert sie. Doch ihr bleiben zwei Wettkämpfe, an denen sie die Teilnahme an der Weltmeisterschaft noch sicherstellen kann. Dazu muss sie für die Kür eine bestimmte Punktzahl erreichen; für das Kurzprogramm hat sie diese schon erzielt. Abgesehen vom sportlichen Erfolg hätte die WM für sie eine zusätzliche besondere Bedeutung: Sie findet in Shanghai statt. Eveline Brunners Mutter stammt aus China, ihr Vater ist Schweizer. Die schweizerisch-chinesische Athletin hat Verwandte in Shanghai und würde sich so besonders freuen, dort aufzutreten.

Eiskunstlaufen nicht im Hauptfokus

Mit dem Eissport angefangen hat Brunner mit sechs Jahren auf der Kunsteisenbahn Küsnacht. Da sie im Zollikerberg aufwuchs und auch heute noch bei ihren Eltern dort wohnt, war es naheliegend, in der Nähe einen Club zu suchen. Mit anderen Kindern begann sie zu trainieren. «Dann hat es sich immer weiterentwickelt», erinnert sie sich. Stets an ihrer Seite stand ihr Trainer Gheorghe Chiper, der sie immer förderte. Bei seinem Clubwechsel von Küsnacht nach Oerlikon folgte sie ihm. An die Spitze zu gelangen, war aber nie erklärtes Ziel. Sie hatte Spass am Eiskunstlaufen, gewann viele Freunde, mochte das Team. Seit einigen Jahren trainiert sie fünfmal pro Woche. In den letzten zwei Jahren intensivierte sich das Training zusätzlich.

Dass Sport einen solch grossen Teil ihres Lebens ausmachen würde, war nicht vorauszusehen. Für ihre Eltern, die beide klinisch tätig sind, war Eiskunstlauf Neuland. «Vor allem meine Mutter wurde ins kalte Wasser geworfen», lächelt sie. Ihre Eltern unterstützen sie; doch für die beiden steht ihre schulische Leistung an erster Stelle. Dies stellt für die Gymnasiastin an der Hohen Promenade aber kein Problem dar. Die Maturarbeit ist abgeschlossen, im Juni beginnen die Abschlussprüfungen. Wegen Wettkämpfen fehlt sie ab und zu in der Schule. Doch den Stoff arbeitet sie schnell nach.

Wenn möglich, trifft sie sich in ihrer Freizeit mit Freunden. Als Ausgleich zum Eiskunstlauf und zur Schule spielt sie Klavier. Hier könne sie ohne Leistungsdruck Zeit verbringen und abschalten, meint sie. Für Eveline Brunner ist Eiskunstlaufen ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens; doch es gibt auch anderes. So absolvierte sie ein Austauschjahr in Kanada: Sie ging dort an eine Highschool und lernte eine neue Kultur kennen. Sie habe sich dadurch sehr entwickelt, sei reifer geworden, betrachte Dinge aus anderen Blickwinkeln, meint sie zu ihrer Auslandserfahrung. Der Hauptfokus lag nicht auf dem Eiskunstlauf; doch auch in Nordamerika trainierte sie weiter. Kurze Zeit nachdem sie wieder in die Schweiz zurückkehrte, begann sie auf dem Eis immer erfolgreicher zu werden. Dann folgte die Krönung: Sie wurde Schweizer Meisterin 2015.

Der Erfolg als Ansporn

Für Eveline Brunner ist noch offen, was sie nach ihrer Matur machen will. Dies gilt sowohl für ihre Eiskunstlaufkarriere als auch für ein mögliches Studium. Gut könnte sie sich vorstellen, nach der Matur ein Zwischenjahr zu absolvieren und etwas mehr Zeit in Shanghai zu verbringen. Die 19-Jährige spricht Mandarin und besucht jedes Jahr im Sommer ihre Verwandten in China. «Ich fände es spannend, dort mehr Leute kennenzulernen, den Alltag zu erleben und meine Sprachkenntnisse zu verbessern», meint sie. Doch eine Entscheidung dazu will sie noch nicht fällen. Denn noch weiss sie nicht, wie viel sie in ihre Eiskunstlaufkarriere investieren wird. Mit der EM hat sie nun erste grosse Wettkampferfahrung gesammelt. «Ich möchte jetzt erstmals abwarten, bis ich weitere Erfahrungen gemacht habe», meint sie im Hinblick auf die WM. Eiskunstlauf lasse sich kaum mit einem Vollzeitstudium verbinden. Gleichzeitig ist ihr bewusst, wie schwierig, ja beinahe unmöglich es ist, in der Schweiz vom Eiskunstlauf zu leben. Die meisten Läufer seien bis zu einem Alter von 25 Jahren dabei; danach sei Schluss, weiss sie. Darüber will sie sich aber jetzt noch keine Gedanken machen. Die Athletin freut sich über ihren Erfolg und lässt die Dinge ihren Lauf nehmen, bevor sie eine endgültige Entscheidung fällt. «Der Erfolg ist ein Ansporn, die nächsten Ziele zu erreichen. Die Motivation ist momentan hoch.» (sb)

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