Von adminZoZuBo ‒ 10. April 2015
12 Jahre lang half er im Wahlbüro, ebenso lang engagierte er sich bei der reformierten Kirchenpflege, 11 Jahre war er Mitglied bei der Baubehörde und 32 Jahre bei der Feuerwehr aktiv. In der Gemeinde engagiert sich Peter Neuenschwander in diversen Vereinen. Aber nicht nur da. Der Zolliker ist auch mit Leib und Seele ein «Zöifter».
Ein kleiner Sechseläuten-Böögg auf dem Sitzungstisch, Bilder der Hirsebreifahrt an der Wand, ein Neptunstab neben dem Pult: Peter Neuenschwanders Büro macht auf den ersten Blick klar, dass hier nicht nur ein Anwalt zuhause ist, sondern auch ein Zünfter. Beide Bezeichnungen bedürfen sogleich der Steigerungsform, denn der Zolliker ist weder ein alltäglicher Anwalt noch ein normaler Zünfter. Bereits 1998 bezeichnete die Handelszeitung Peter Neuenschwander als „Industry Veteran“ der Informatikbranche, schon damals war er, was er heute noch immer ist: ein auf Informatikrecht spezialisierter Anwalt. Ein gefragter Mann ist der 59-Jährige, der sich bei offiziellen Anlässen stets mit Fliege kleidet, nicht nur im Beruf, sondern auch bei seiner wohl intensivsten Freizeitbeschäftigung: dem Zunftwesen.
Seit 30 Jahren gehört Peter Neuenschwander der Zunft zur Schiffleuten an, seit vier Jahren amtet er als deren Zunftmeister. Ein Engagement, in das er viel Zeit steckt, das ihm eine Herzensangelegenheit ist, das von einem viel verlangt, aber auch genauso viel gibt, wie er sofort festhält. «Meine Familie muss viel Verständnis aufbringen», meint der zweifache Vater lachend, «zu gewissen Zeiten sind die Prioritäten klar gegeben, die Termine gesetzt.» Dass sogar die Ferien im Hause Neuenschwander dem zünftigen Kalender angepasst werden, verdanke er seiner Frau Evi, die aus einer Schiffleutenfamilie stammt. «Ohne sie würde es nicht gehen, ich habe nicht nur ihren Startbonus gebraucht, ihren Rückhalt brauche ich auch heute noch.» Und den hat er: Evi begleitet ihn nicht nur zu offiziellen Anlässen, innerhalb der Zunft hat sie auch Damenanlässe ins Leben gerufen und ist in der Vorsteherschaft des Kostümkomitees. Auch die Kinder sind aktiv, Tochter Anne war jahrelang das Blumenmädchen ihres Vaters und ist auch heute noch auf den Zunftbällen anzutreffen, Sohn Eric ist Gesellenobmann und wird nächstes Jahr mit 27 in die Zunft übertreten.
Auf das Jahr verteilt entspreche sein Engagement als Zunftmeister rund 20 Prozent, so Peter Neuenschwander. Die intensivsten Tage stehen gerade an, jene vor dem Sechseläuten. Gestern traf sich Peter Neuenschwander mit den anderen Zunftmeistern zum Lunch, heute Freitag ist er bei der Begrüssung des Gastkantons auf dem Lindenhof dabei, morgen steht der Zunftball an, am Sonntag dann der Kinderumzug.
Der Startschuss zum grossen Highlight eines jeden Zünfters fällt für den Zolliker am Montag um 10.30 Uhr. Zu dieser Zeit wird mit der Zunft zur Saffran auf der Gemüsebrücke das erste Champagnerglas erhoben und werden die Ehrengäste begrüsst. Acht solche hat die Zunft zur Schiffleuten dieses Jahr eingeladen, unter ihnen die Frau Landammann des Kantons Uri, der Gemeindepräsident von Thalwil, der Präsident des Limmat-Clubs Zürich sowie der oberste Schiffer der Armee. Beehren wird die Zunft zur Schiffleuten auch ein Gast aus dem Ausland, wie Peter Neuenschwander nicht ohne Stolz erzählt: Jeremy D. Randall, seines Zeichen «Master of the Worshipful Company of Watermen & Lightermen of the River Thames». Auf des Zunftmeisters Wunschliste stand auch der Bürgermeister der City of London. Leider ist dieser am Montag aber bereits anderweitig verpflichtet. Dafür wurde Peter Neuenschwander in London zusammen mit 110 Londoner Mitmeistern ans jährliche Bankett der Zunftmeister ins «Mansion House» eingeladen, den Amtssitz des Bürgermeisters. «Das kam fast schon einem Ritterschlag gleich», erzählt der Zolliker lachend und mit funkelnden Augen.
Dass man ihn gerne empfängt, durfte Peter Neuenschwander schon mehrmals erfahren. «Als Zürcher Zunftmeister werden einem sofort die Türen geöffnet», egal ob Gemeindepräsident oder Bundesrat, die Leute kämen gerne ans Zürcher Frühlingsfest. Ins Schwärmen bringen ihn auch die Gegeneinladungen, die ihn etwa in den Ratskeller nach St. Gallen, in den Schweizerischen Nationalpark oder mit dem Superpuma zum Panzerschiessen nach Hinterrhein brachten. «Einladungen, die nicht alltäglich und deshalb umso schöner sind» – und für die sich ein Zunftmeister ins Zeug legen muss. «Die Ehrengäste am Umzug mitlaufen zu lassen», schmunzelt Peter Neuenschwander, «damit ist es nicht getan.» Die prominenten Gäste verbringen den ganzen Tag bei der entsprechenden Zunft und halten eine Rede, auf die der Zunftmeister sofort eine Replik gibt – wenn immer möglich besser und witziger als jene des Gastes. Eine Herausforderung, die der Zolliker liebt und die er noch so gerne annimmt. «Reden vorbereiten ist Fleissarbeit», sagt er überzeugt, «replizieren aber kann nicht gelernt werden.» Dazu brauche es Spontaneität, Humor und die Fähigkeit, in Windeseile den Blickwinkel des Redners einzunehmen und aus diesem zu agieren. Peter Neuenschwander tut dies mit Leidenschaft. Wachsam zu sein, entspricht seinem Naturell, auf Argumente Gegenargumente zu bringen, seinem Beruf.
Ist am Montagabend der heiss ersehnte Knall erfolgt, sind die Minuten und Sekunden nach 18 Uhr gezählt und der brennende Holzstoss von der letzten Reitergruppe umritten, ziehen sich die Zünfte in ihre Zunfthäuser zurück. Im Falle der Schiffleuten ist dies das Hotel Storchen, in dessen Rôtisserie sich auch Peter Neuenschwander eine Stärkung gönnen wird. Zurücklehnen wird sich der Zunftmeister an diesem Abend aber noch lange nicht. Machen sich die Zünfte nach dem Nachtessen für den Auszug bereit, bleibt der Zunftmeister mit seinen Stubenhockern zurück und empfängt drei andere Zünfte. Welche, ist nicht bekannt. Der Verteilschlüssel liegt beim Zentralkomitee der Zünfte Zürich und ist streng geheim. Zu später Stunde ist nochmals Peter Neuenschwanders höchste Aufmerksamkeit gefragt, gilt es doch nochmals spontan auf drei Reden zu reagieren. Erst dann beginnt auch für ihn das Ausspannen, besucht auch er nach Mitternacht andere Zünfte und macht sich irgendwann in den frühen Morgenstunden zurück nach Zollikon. Vorbei ist das Sechseläuten für die Schiffleuten aber erst am Mittwochabend. Nach einem Katerbummel am Dienstag findet dann das Hechtmahl im Storchen statt, bei welchem die drei an den Umzügen mitgetragenen Hechte verspeist werden. «Ein kulinarisches Highlight », schwärmt Peter Neuenschwander voller Vorfreude
Die Schiffleuten-Zunft, sie ist für Peter Neuenschwander zu einem zweiten Zuhause geworden. «Eine Zunft verbindet», sagt er und erzählt von den Freundschaften, die entstehen, «und zwar von der Wiege bis zur Bahre.» Verbunden ist Peter Neuenschwander nicht nur mit seiner Zunft, sondern auch mit Zollikon. Hier ist er nicht nur gross geworden, hier hat er immer gewohnt und hier ist, seit er sich vor 17 Jahren selbstständig gemacht hat, auch seine Kanzlei zuhause. «Auf Wellen und vor Anker treu», die Grussformel der Schiffleuten-Zunft passt so hervorragend zum Seebueb Neuenschwander wie das Credo Kennedys, nach dem Peter Neuenschwander lebt: «Frag nicht, was dein Land für dich tun kann. Frag lieber, was du für dein Land tun kannst.» (mmw)
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