10/2016 Mehr Verkehr als am Gotthard

Von adminZoZuBo ‒ 10. März 2016

Mehr Verkehr als am Gotthard

An der Informationsveranstaltung, die letzten Donnerstag anschliessend an die Generalversammlung des Quartiervereins Zollikerberg stattfand, wurde nicht nur über den Ortskern orientiert, sondern auch über zahlreiche andere Themen heiss diskutiert.

Quartiervereinspräsident Fritz Wolf durfte letzte Woche nicht nur die Mitglieder des Quartiervereins im Gerenhaus begrüssen, sondern auch einige Mitglieder des Gemeinderats. Gemeindepräsidentin Katharina Kull-Benz und die Gemeinderäte Corinne Hoss, Martin Hirs und Urs Fellmann nahmen Stellung zu den Anfragen aus der Bevölkerung. Den Einstieg machte die Gemeindepräsidentin mit dem Umzug des WPZ und des Beugis: Es ergebe sich eine einmalige Gelegenheit, den Ortskern aufzuwerten und zu entwickeln. Dem Gemeinderat liege viel daran, die Zollikerinnen und Zolliker in diese Entwicklung einzubinden. So sei dies bereits 2013 mit der Planungswerkstatt, 2015 mit der Informationsveranstaltung und an der letzten Gemeindeversammlung mit der Abstimmung über den Planungskredit geschehen. Über die Abstimmung habe der Gemeinderat die Aufgabe erhalten, den Umzonungs- und Gestaltungsplan zu erarbeiten. Zusammen mit externen Beratern entwickelte das Bauamt daraufhin Entwürfe, die auf Testplanungen und Machbarkeitsstudien beruhen. Der Gemeinderat wird die beiden Vorlagen diesen Monat annehmen, das Mitwirkungsverfahren mit öffentlicher Auflage dauert vom 1. April bis zum 30. Mai. Zum Gestaltungsplan gehört auch ein übergeordnetes Leitbild, das der Gemeinderat diese Woche zu verabschieden plant. Die wichtigsten Eckpunkte des Leitbilds, das allen Beteiligten als Orientierungshilfe dienen soll, seien die durchlässige Bebauung und Gestaltung des Areals Beugi, die öffentlichen Verbindungswege im Ortskern und die Begegnungszonen. Am Abend des 11. April findet im Gemeindesaal eine nächste Informationsveranstaltung statt, bei der unter anderem das Leitbild präsentiert wird. Sollte alles planmässig verlaufen, wird an der Gemeindeversammlung im September 2017 über die Umzonung, den Gestaltungsplan sowie den Baurechtsvertrag und -nehmer abgestimmt werden.

Fast acht Millionen Fahrzeuge pro Jahr

Zu Diskussionen Anlass gab vor allem die Verkehrssituation im Zollikerberg. Forchbahntrassee und Forchstrasse schneiden das Dorf entzwei. Doch die Realisierung von Entlastungsmassnahmen ist laut dem Richtplan, den der Kantonsrat letztes Jahr verabschiedet hat, erst mittelfristig vorgesehen, also ungefähr 2030/35, erläutert Katharina Kull-Benz: «Darüber sind wir ziemlich enttäuscht, Entlastung wäre wirklich dringend.» Eine unterirdische Streckenführung der Forchbahn sei momentan nicht realisierbar, diese müsste beim Kanton beantragt und selbst finanziert werden. Doch nicht nur die Bahn, auch die Strasse ist ein Problem Wie dringend Entlastungsmassnahmen wären, zeigen eindrückliche Zahlen: Sage und schreibe 21 296 Fahrzeuge fahren täglich im Schnitt bei der Waldburg durch. Das sind mehr als am Gotthard – diesen passieren täglich circa 17 000 Fahrzeuge. Hochgerechnet fahren jährlich 7,8 Millionen Fahrzeuge über den Zollikerberg, im Vergleich dazu nutzen rund fünf Millionen Personenwagen und eine knappe Million Lastwagen die Gotthardachse. Dem Bau der zweiten Gotthardröhre und der Sanierung des bestehenden Tunnels wurden am letzten Februarwochenende zugestimmt. Kostenpunkt: rund 2,8 Milliarden Franken. Für den viel stärker befahrenen Verkehrsweg im Zollikerberg interessiere sich der Kanton jedoch nicht, so die Gemeindepräsidentin.

Massnahmen gegen den Lärm lassen auf sich warten

Auch die Lärmbelastung der Forchstrasse war ein Thema an der Informationsveranstaltung. Die Emissionen und die Staubbelastung seien enorm, meldete sich ein Anwohner zu Wort und sprach sich für Lärmschutzwände aus. Gemeinderat Martin Hirs verstand das Anliegen des Zollikerberglers, gleichwohl machte er darauf aufmerksam, wie gross der Einschnitt bei einem Bau von Lärmschutzwänden in diesem Gebiet wären: «Unser Quartier würde damit noch mehr zerschnitten.» Werner Biber vom Zollikerberg brachte das Thema des Wochenendfahrverbots auf der Sennhofstrasse auf, auch dies eine Problematik des hohen Verkehrsaufkommens durchs Nadelöhr Zollikerberg. Das Verbot werde leider häufig missachtet, meinte Werner Biber und schlug die Anbringung eines permanenten Radargeräts vor. Martin Hirs nahm auch dazu Stellung: Man müsse schon froh sein, dass das Wochenendfahrverbot nicht aufgehoben werde, und es sei klar eine Budgetfrage, wie oft der Radar auf- und wieder abgebaut werden könne.

Andauernder Streitpunkt Bahnschranken

Ein weiterer Punkt waren die umstrittenen geplanten Bahnschranken der Forchbahn. Diese war ursprünglich ein «Milchbähnli»; sie wurde gebaut, um die Milch vom Berg in die Stadt zu fahren. Heute wird sie intensiv von Pendlerinnen und Pendlern genutzt und fährt entsprechend oft. Gemäss Eisenbahngesetz gilt sie jedoch immer noch als Bahn, auch wenn sie so eng getaktet ist, dass die Abgrenzung zum Tram nach Ansicht der Forchbahn AG kaum möglich sei, wie Katharina Kull-Benz ausführte. Doch weil sie eben als Bahn gilt, müssen auch Schranken gebaut werden. Das Bundesamt für Verkehr, hierfür zuständig und entscheidungsbefugt, verlangt von der Forchbahn, basierend auf dem Eisenbahngesetz, die Sicherung der beiden heute mit Lichtsignalen gesteuerten Bahnübergänge mit Schranken. Der Quartierverein Zollikerberg hat dagegen Einspruch erhoben. Der Gemeinderat kann hierzu zwar Stellung nehmen und hat ebenfalls Rekurs eingereicht. Die Konsequenzen von Schranken wären nicht nur massiver Rückstau, sondern auch eine Reduktion der Leistungsfähigkeit der beiden Kreuzungen und damit der ganzen Forchstrasse. Der Gemeinderat hat im Januar letzten Jahres das Projekt zur Bearbeitung zurückgewiesen, die Forchbahn AG hat jedoch weder Vorschläge, wie dem Stau entgegengewirkt oder der Fahrplan ausgebaut werden könnte, noch Notfallszenarien für Feuerwehr und Spital formuliert. Die Forchbahn AG hat der Gemeinde letztes Jahr einen Antrag für Landabtretungen unterbreitet, der Gemeinderat hat diesen jedoch mit der Begründung zurückgewiesen, das sei nicht nötig. Der Gemeinderat wartet nun auf eine Antwort der Forchbahn AG. So viel ist sicher: Das Thema ist noch lange nicht vom Tisch.

Auch die Südanflüge und der Umbau der Schulanlage Rüterwis werden die Gemeinde wohl noch länger beschäftigen. Gemeinderätin Corinne Hoss nannte für den Umbauabschluss die Sportferienzeit 2018 als realistischen Zeitraum. Eins war nach dieser Informationsveranstaltung mehr als klar: Es stehen zahlreiche umstrittene Projekte an, die es anzupacken gilt. (ft)

 

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