Von adminZoZuBo ‒ 19. Mai 2016
Innerhalb von drei Tagen wurden alle Habseligkeiten der Bewohnerinnen und Bewohner der Wohn- und Pflegezentren «Am See» und «Beugi» ins neu erstellte «Blumenrain» gezügelt. Für alle Beteiligten eine gewaltige Herausforderung, die bereits Monate im Voraus minutiös geplant worden war.
«Generalstabsmässig haben sie alles geplant!» Georg Aschwanden sitzt wie jeden Tag um vier Uhr nachmittags mit seinen Freunden in der Cafeteria des «Beugi», das seit vier Jahren sein Zuhause ist. Die älteren Herren genehmigen sich ein Gläschen, schwatzen, lachen, sind gut gelaunt. Von Hektik keine Spur, ebenso wenig scheinen sie nervös zu sein. «Warum auch?», fragt der 87-Jährige völlig unbekümmert – der in vier Tagen anstehende Umzug ins Wohn- und Pflegezentrum Blumenrain ist in der Herrenrunde kaum mehr der Rede wert.
Dass die Senioren die bevorstehende Veränderung in ihrem Leben so gelassen nehmen, sei der monatelangen und guten Planung der Verantwortlichen zu verdanken, die sich seit Monaten mit dem Thema befasse: Antoinette Fust. Seit Mitte Oktober obliegt ihr die Leitung der beiden Heime. Kaum hatte sie in Zollikon angefangen, galt es, den Umzug vorzubereiten. «Das war natürlich eine grosse Herausforderung», blickt sie auf ihre Anfangszeit zurück, doch sei sie das Ganze stets sehr optimistisch und mit gutem Gefühl angegangen. Sie wisse, was es brauche, sei sie doch privat schon etliche Male gezügelt. Dass ein Heimumzug mit 90 Bewohnenden nochmals andere Dimensionen habe, hält sie zwar fest, fügt aber sogleich an: «Eine gute Planung ist das A und O.»
Als Transport- und Umzugsunternehmen wurde Welti Furrer ausgewählt. Sich zurücklehnen und die ganze Planung den professionellen Zügelmännern überlassen, das konnten die Verantwortlichen der beiden Zolliker Altersheime damit aber nicht. «Unser Ziel war», erklärt Antoinette Fust, «die Bewohnenden, ihre Angehörigen sowie sämtliche Mitarbeitenden von Beginn weg ins Boot zu holen.» Zu diesem Zweck fand Anfang Januar ein erster Informationsanlass statt, kurz darauf wurden Einzelgespräche mit den Bewohnerinnen und Bewohnern sowie deren Angehörigen geführt. Das Vorgehen des Umzugs wurde dabei ebenso thematisiert wie Zimmerwünsche geklärt. Gleichzeitig wurden die Mitarbeitenden instruiert und neue Teams gebildet. Gab es bis anhin pro Haus eine Teamleitung, werden es im Blumenrain deren vier sein – ausgerichtet auf die drei Etagen sowie die Demenzabteilung. Letztere wurde als Erstes geplant; zusammen mit den Angehörigen wurde diskutiert, welche Bewohnenden für diese in Frage kommen, und die Belegung der elf Zimmer im Erdgeschoss vorgenommen. Bald stand auch die restliche Aufteilung fest: Die Senioren vom See werden im Blumenrain die Zimmer im ersten, jene des Beugi diejenigen im zweiten und dritten Stock beziehen. Die Zimmerwünsche konnten ausnahmslos erfüllt werden, sagt Anoinette Fust, und Georg Aschwanden pflichtet ihr bei. Den Verantwortlichen windet er ein Kränzchen, allen voran dem Pflegedienstleiter und stellvertretenden Heimleiter Neboisa Racic: «Er kannte den Rohbau im Detail, zeigte uns die Pläne und ging auf alle unsere Wünsche ein.» Georg Aschwandens Wunsch sei ein ruhiges Zimmer gewesen, da er gerne am Schreibtisch arbeite, ebenso wünschte er sich, seine Freunde in der Nähe zu haben. Bald hielt er seinen eigenen Plan in den Händen und zeichnete zusammen mit seinen drei Töchtern die Möblierung ein. Wenig später trafen auch bereits die ersten Umzugskartons ein, und so konnte mit den individuellen Vorbereitungen begonnen werden.
Die genauen Abläufe wurden einen Monat vor Umzugstermin an einem weiteren Angehörigenabend nochmals angeschaut. Nun war auch Viviano Salvador zugegen. Der Projektleiter von Welti Furrer gab Tipps für eine gute und sichere Verpackung und erklärte den Umgang mit den farbigen Etiketten, die an sämtlichen Kartons und Einzelstücken angebracht und mit der neuen Zimmernummer versehen werden sollten. Über 90 Prozent eines erfolgreichen Umzugs laufe über das Beschriftungskonzept, «aus diesem Grund erhält jede Etage ihre eigene Farbe.» Auch machte er den Angehörigen nochmals den Ausflug schmackhaft, der von der Gemeinde für die Senioren organisiert wurde. «Je weniger Personen an den Umzugstagen im Weg stehen, desto reibungsloser wird der Umzug verlaufen», sagte der erfahrene Projektleiter. Die Worte scheinen angekommen zu sein. Am letzten der drei Umzugstage vergangener Woche sind im Blumenrain vorwiegend Zügelmänner, Zivilschützer und Mitarbeitende des Heims anzutreffen. Viele der Bewohnerinnen und Bewohner, deren Habseligkeiten gezügelt werden, sind zu diesem Zeitpunkt in Hallau. Auf einer Kutschenfahrt durch die Schaffhauser Rebbaugemeinde geniessen sie den Tag und freuen sich über das gute Wetter. Auch Viviano Salvador schaut immer wieder dankbar den zwar wolkenverhangenen, aber keine Regenschauer produzierenden Himmel an. «Das Wetter war das einzige, das sich nicht planen liess», meint er schmunzelnd und zeigt sich über die vergangenen zwei Umzugstage zufrieden. Ein happiges Programm sei es gewesen, pro Tag 30 Zimmer zu zügeln, die körperliche Anstrengung entsprechend gross. Im Schnitt wurden zehn Fahrten mit den beiden je 25 Kubikmeter umfassenden Lastwagen absolviert, bis zu elf Stunden waren die 14 Zügelmänner pro Tag vor Ort und transportierten 950 Umzugs- und 150 Kleiderkartons – die beiden Heimküchen sowie Lagerwaren und Pflegeprodukte nicht mit gerechnet. Viviano Salvador bezeichnet den Grossumzug vor allem deshalb als besonders, da es sich um eine sensible Klientel handle. «Das Hab und Gut der Bewohnenden ist sehr persönlich», erläutert er, häufig bestehe eine emotionale Verbundenheit.
Unterstützung erhielten die Zügelmänner von rund 25 Zivilschützern, die an allen drei Tagen mit anpackten. Aufgeteilt in drei Einsatzbereiche, sorgten sie für die Beschäftigung der in Zollikon gebliebenen Senioren, halfen beim Einrichten der Zimmer und leisteten Gesellschaft während des Ausflugs. Kommandant Thomas Stettler spricht von anstrengenden, für die Zivilschützer aber sehr lehrreichen Tagen. Der Zeitplan sei knapp bemessen gewesen, und so sei es nicht immer gelungen, bis zum Abend alle Zimmer wunschgemäss eingerichtet zu haben. Diese Erfahrung machte auch Georg Aschwanden. Während die Zügelmänner wie Zugpferde krampften, genoss er die Fahrt mit der Kutsche durch die 450 Hektaren Rebberge in Hallau. Angekommen im Blumenrain, erlitt seine Freude auf das neue Zuhause einen kleinen Dämpfer. In seinem Zimmer befanden sich falsche Möbel und auch die extra vorbereitete Wäsche war nicht auf Anhieb auffindbar. «Der Einzug war etwas chaotisch», meint Georg Aschwanden im Beisammensein seiner Freunde drei Tage später. Die Vierergruppe hat im Blumenrain im Esssaal bereits ihren fixen Platz bezogen, und selbst der nachmittägliche Apéro geht wie gewohnt über die Bühne. Klagen über das Durcheinander am Mittwochabend möchte er nicht, auch nahm er es gelassen, dass sämtliche Fernsehgeräte wegen einer vergessen gegangenen Leitung erst Tage später in Betrieb genommen werden konnten. Etwas mehr Mühe bereiteten ihm die fehlende Toilettenpapierhalterung, Seifenschale und Zahnglashalterung, hatte er sich doch so auf sein eigenes Badezimmer gefreut. Der technische Dienst habe aber rasch ausgeholfen, und so freut sich Georg Aschwanden jeden Tag mehr über sein neues Daheim. Eindrücklich weitläufig sei der Blumenrain. «Ich muss viel mehr laufen als im Beugi», sagt er und lächelt zufrieden, das tue ihm gut. (mmw)
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