15/2018 «Das Leben ist ein Lernprozess»

Von adminZoZuBo ‒ 12. April 2018

«Das Leben ist ein Lernprozess»

Seine sonore Stimme beruhigt sofort den Pulso, ohnen einen einzulullen. Werner Troxler könnte das Telefonbuch vorlesen und es würde sich stimmig anhören. Kommunikation ist seine Welt und so gründete der Coach vor 20 Jahren den kleinen Verlag «Hirschi + ­Troxler». Der Zumiker über die Anfänge, über Kommunikationskultur und über Streit.

Wie kamen Sie damals dazu – mit über 50 Jahren – einen Verlag zu gründen?

Als Kommunikationscoach wurde mir damals, besonders bei Ärzteseminaren, klar, dass Beziehungsprobleme den Arbeitsalltag stark beeinflussen. Wer Probleme in seiner Beziehung hat, verfügt über nicht mehr genügend Energie für seinen Job. So kam ich auf die Idee, einen Ratgeber mit dem Titel ­«Beziehungskiste» zu schreiben. Parallel war mein Kollege Frédéric Hirschi damals mitten in einem Burn-out und hatte sich mit seiner künstlerischen Seite neu orientiert. Er übernahm die künstlerische Gestaltung. Diese erste «Beziehungskiste» war ein solcher Erfolg, dass wir weitermachten.

Sie haben für die Sexkiste der Liebe, für die Paarkiste oder für die Elternkiste unterschiedlichste Autoren zu bieten. Wie finden Sie die?

Manchmal haben wir schon ein Thema und suchen konkret, manche Autoren haben selber eine Idee und finden uns. Ob auf Vorträgen oder auf Seminaren: Es lassen sich überall Kontakte knüpfen.

Und diese Autoren werden dann mit ihren Ratgebern bei Ihnen reich?

Im besten Fall reicher an Erfahrung. Nein, von diesen Büchern leben kann keiner der Autoren. Wenn man sich vorstellt, dass jedes Jahr allein auf dem deutschsprachigen Markt gegen 100 000 neue Bücher erscheinen, von denen es vielleicht zehn auf die geldbringende Bestseller-Liste schaffen, wäre diese Hoffnung auch utopisch.

Haben Sie ein Lieblingsbuch Ihres Verlags?

Nein. Das wäre ja, als würde man einen Vater fragen, ob er ein Lieblingskind hat. Es gibt vielleicht Kinder, die erfolgreicher sind als andere. Aktuell schwärme ich natürlich für das jüngste Werk, die «Elternkiste».

Ein weiterer Erziehungsratgeber?

Eben nicht. Es gibt unzählige Erziehungsratgeber auf dem Markt. Und alle legen den Fokus fast ausschliesslich auf das Kind. Zunächst müssen doch erst mal Vater und Mutter sich klar darüber werden, was sie im erzieherischen Alltag wollen, welche Werte ihnen wichtig sind. Die Eltern sollten zunächst miteinander kommunizieren, um Wünsche, Hoffnungen und Ziele abzugleichen.

Und wie funktioniert eine gute Kommunikation?

Kommunikation ist viel mehr als die Ansammlung von Wörtern und Begriffen. Es ist der Austausch von eigenen Vorstellungen und von Gefühlen. Erst, wenn ich mich selber öffne, kann der andere mich verstehen. Dazu zählt natürlich auch die non-verbale Kommunikation. Wer scheinbar über seine Emotionen redet und dabei die Arme verschränkt hat, der öffnet sich nicht. Kommunikation sind zum Beispiel auch die Schwingungen in der Stimme. Auch darüber erhalten wir Informationen über das Gegenüber.

Sie sind seit 49 Jahren verheiratet – mit der gleichen Frau. Leben Sie Ihre Beziehungsratgeber?

Immer wieder (lacht)! Natürlich war in den 49 Jahren nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Aber wir waren immer im Gespräch miteinander, im Austausch. Wahre Liebe ist mehr als die Schmetterlinge im Bauch. Es ist die innere Verbindung. Und es ist der Respekt vor dem anderen. Streit kann auch gut sein. Das zeigt unser Ratgeber «Schrei mich nicht an». Manchmal muss etwas Erstarrtes erschüttert werden. Aber es soll konstruktiv sein.

Was gilt denn jetzt eigentlich: Gleich und gleich gesellt sich gerne oder Gegensätze ziehen sich an?

Beides. Bei zu viel Gleichheit, bei immer nur «Ja, Schatz» wird es schnell langweilig. Gegensätze bringen oft positive Spannung in eine Beziehung, es wird dem Paar nicht langweilig. Ausserdem gibt es ja nicht die richtige Meinung. Gegensätze helfen zu hinterfragen. Das Leben ist ein Lernprozess.

Sie sind auch Gründer des «Integral Trainings» und waren damit schon in vielen grossen Firmen tätig. Was versteckt sich dahinter?

Menschen bewegen Dinge. Es sind nicht die Maschinen, es ist nicht das Geld. Also sollten wir eine Kultur für die Menschen schaffen, in der sie sich wohl fühlen, konstruktiv sind. Wie bei einer Familie geht es auch im Unternehmen um Werte, dann um Wertschätzung und daraus entsteht schliesslich Wertschöpfung. Dabei wird vor allem die Geschäftsführung gecoacht, weil sie genau das vorleben soll. Firmen, die diese Kultur leben, müssen sich nicht wundern, wenn es in der Kasse klingelt …

Gibt es neue Projekte in der Pipeline?

Ja, schon. Aber wir wählen sehr vorsichtig aus. Es braucht das richtige Thema, die richtige Autorin und den richtigen Zeitpunkt dafür. Der Buchmarkt stagniert und bei Ratgebern gab es einen spürbaren Rückgang. Zudem ist der Kostendruck immens geworden. Verlage und Buchhandlungen leiden besonders darunter.

Ihre Käufer sind wahrscheinlich überwiegend weiblich, oder?

Ganz klar. Männer finden Beziehungsfragen zu bereden oft sehr anstrengend. Aber immerhin habe ich eben eine Anfrage eines Ehepaares aus der Westschweiz erhalten, das einen Ratgeber auf Französisch haben will. Es gibt also auch die interessierten Männer.

Wenn man die psychologischen Tests auf Ihrer Webseite ehrlich beantwortet, merkt man schnell, dass man eigentlich sämtliche Ratgeber braucht. Ist das Marketing?

Nein. Das ist einfach eine spielerische Herausforderung an den Benutzer, über sich selber nachzudenken. Zu ernst sollte das niemand nehmen. (bms)

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