Von adminZoZuBo ‒ 11. Juli 2019
Der Fotograf und sein Objekt – scharf beobachtet von der Grossmutter (Bild: © Joe d’Souza)
Jenseits von Bollywood kommt mit dem neuen Spielfilm «Photograph» eine feine indische Liebesgeschichte ins Kino.
Daniel Frey
Was entsteht für ein Film, in dem zwei Introvertierte sich verlieben und entsprechend ihrem psychologischen Typ eher wenig sprechen? Exakt: ein Film, in dem stumme Blicke, Mimik, Gestik, flüchtige Berührungen sowie Taten umso wichtiger sind. Und es braucht eine extravertierte Grossmutter, die mit ihren Sprüchen und Kommentaren alles ein wenig aufmischt. Dies alles enthält die indisch-deutsche Koproduktion «Photograph», der neue Film von Ritesh Batra (Lunchbox, 2013), in der ein Foto Rafi und Miloni zusammenführt. Er (Nawazuddin Siddiqui) ist selbständiger Fotograf in Mumbai beim «Gateway of India», wo er Touristen und Einheimische, die vorbeiströmen, vor imposanter Kulisse ablichtet. Miloni (Sanya Malhotra) ist wohlbehütete Tochter aus gutem Hause und klassenbeste Studentin im Bereich Wirtschaftsprüfung. Er befindet sich unter der lebenslangen Fuchtel der Grossmutter, sie unter dem Einfluss ihrer ambitionierten Eltern, vor allem der Mutter. Seine Grossmutter, beste und Bestie in einem, weiss genau, was ihrem Enkel zu seinem Glück noch fehlt. Und auch ihre Eltern wissen exakt, wer eine gute Partie für sie sein könnte, und ziehen an den entsprechenden Fäden.
«Photograph» ist die meiste Zeit ein ruhiger und unaufgeregter Film. Einmal mehr also nichts für nervöse Zapper, denen in einem Schweizer Kino in der Regel nicht einmal die Aufregung einer über die Füsse huschenden Ratte vergönnt ist. Der Film gibt zahlreiche Einblicke in die verschiedenen Parallelwelten im heutigen Indien, in die Unterschiede der Lebenshaltung und -führung zwischen den gebildeten Eliten und den unterprivilegierten Schichten. Einblicke in das Leben in der Stadt und in das auf dem Lande. Die meisten regen sich nicht auf. Gott lenkt alles, glauben die Leute. «Photograph» enthält auch viele schöne und stimmungsvolle Momente, in denen die Protagonisten mit dem wenigen, das sie sagen, oft ins Schwarze treffen. Die Emanzipationsprozesse und Entwicklungsschritte der beiden Hauptfiguren im Laufe des Films sind – wohl wie im richtigen Leben – zaghaft und bescheiden. Aber sie sind da. Wer eine im indischen Milieu spielende Liebesgeschichte jenseits von Bollywood erleben und Einblicke in den indischen Alltag in der Millionenmetropole Mumbai erhaschen möchte, wird mit «Photograph» ein schönes Filmerlebnis haben.
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