Gemeindesaal statt Urne

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 26. November 2020

Die Gemeindeversammlungen finden vor Ort statt. Ein Not­budget wollen Zollikon und Zumikon unbedingt vermeiden.

Geht es nach dem Regierungsrat, sollen Zürcher Gemeinden während der Corona-Pandemie wichtige Geschäfte wie das Budget an die Urne verschieben können. In Zollikon und Zumikon werden die Gemeindeversammlungen am kommenden Mittwoch und morgen real stattfinden. Beide Gemeinderäte sprachen sich gegen die Abstimmung an der Urne aus.

Der Zumiker Gemeinderat kritisiert vor allem den späten Entscheid und die unpräzisen Formulierungen. Demnach wäre eine Urnenabstimmung frühestens am 31. Januar 2021 möglich. Das würde bedeuten, dass die Gemeinde mindestens einen Monat lang mit einem sogenannten «Notbudget» arbeiten müsste. In dieser Zeitspanne dürften lediglich Ausgaben für gesetzliche und vertragliche Verpflichtungen geleistet werden. «Jede Gemeinde, die bereits einmal mit einem Notbudget agieren musste, weiss, was das bedeutet, und wird sich hüten, sich freiwillig in eine solche Situation zu begeben und sich diese Einschränkungen selbst gewählt aufzuerlegen», unterstreicht Gemeindeschreiber Thomas Kauflin die Medienmitteilung des Gemeinderats. Ferner versuche die Gemeinde trotz vieler Unsicherheiten den Betrieb sämtlicher Arbeitsbereiche aufrecht zu erhalten. ­Dieser soll nicht freiwillig heruntergefahren werden, weil gewisse Aufgaben unter einem Notbudget vorübergehend nicht erledigt werden dürfen. Sollten auch im neuen Jahr sofortige Corona-Unterstützungsleistungen in irgendeiner Form notwendig sein, sollen diese beschlossen und aus­gerichtet werden können – unter ­einem Notbudget-Regime wäre dies nicht oder zumindest nur sehr eingeschränkt möglich.

Unklare Gesetzesvorlage

Durch die schwammige Formulierung in der Gesetzesvorlage sei unklar, welche zusätzlichen Geschäfte an die Urne gebracht werden dürfen und welche nicht. Zu jedem Geschäft wird es zwei Meinungen geben, ob es nun rechtens ist, dieses an der Urne zu beschliessen, oder ob zwingend eine nächste Gemeindeversammlung abgewartet werden soll. Viele Unsicherheiten würden kreiert und zu erwarten sei, dass entsprechende Beschlüsse des Gemeinderats beim Bezirksrat angefochten werden. Thomas Kauflin: «An einer Gemeindeversammlung kann jeder Stimmberechtigte seine Meinung äussern, es können Änderungen eingebracht und über diese abgestimmt werden. An der Urne hingegen gibt es zu jedem Geschäft nur ein Ja oder Nein.»

Das lokale Gewerbe schützen

Die Gemeinde verfüge glücklicherweise über einen ausreichend grossen Saal, in welchem die geforderten Abstände und auch die Schutzmassnahmen einzuhalten sind. An der Gemeindeversammlung teilzunehmen, sei problemlos möglich, ohne sich einer erhöhten Infektionsgefahr auszusetzen.

So sieht es auch der Zolliker Gemeinderat. Das Gremium billigt die Bemühungen des Regierungsrates für ein neues Gesetz, die Nachteile aber würden überwiegen. «In der aktuellen Pandemie-Situation ist es gut möglich, dass Stimmberechtigte zögern, an einer Gemeindeversammlung teilzunehmen», räumt Gemeindepräsident Sascha Ullmann ein. «Doch im Sinne der demokratischen Mitwirkung ist die Beschneidung des Rechts auf Diskussion und Antragstellung zu Budget und Steuerfuss mindestens gleich zu gewichten wie die Absenz von Stimmbürgern aus Risikogruppen.» Denn mit der Urnenabstimmung verlieren die Stimmberechtigten das Recht, an den Vorlagen Änderungen anzubringen. So könnten beispielsweise bei einer Budgetvorlage, wie sie in Zollikon als einziges Geschäft ansteht, einzelne Positionen weder angepasst noch könnte der Steuerfuss verändert werden. Das vorgelegte Budget könnte also nur in seiner Gesamtheit aus Budget und vorgeschlagenem Steuerfuss an der Urne angenommen oder abgelehnt werden.

Erschwerend hinzu käme der frühestmögliche Urnenabstimmungstermin, eben der 31. Januar 2021, und damit das Notbudget. «Das möchten wir unbedingt vermeiden, weil Verzögerungen bei der Ausführung von Arbeiten negative Auswirkungen auf das lokale Gewerbe ­hätten», erklärt Sascha Ullmann. «Die Pandemie-Situation ist schon schwierig genug, das Gewerbe soll nicht noch mehr leiden müssen – mit einem Notbudget könnten wir auch keine Notlage überbrücken.»

Gemeindeversammlung Zumikon: Samstag, 28. November, 10 Uhr, Gemeindesaal
Gemeindeversammlung Zollikon: Mittwoch, 2. Dezember, 19.45 Uhr, Gemeindesaal

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