Von eingesandt ‒ 26. Februar 2021
Julie Vater, die im WPZ Blumenrain wohnt, ist vergangenen Samstag 100 Jahre alt geworden. Der reformierte Pfarrer Simon Gebs besuchte die Jubilarin.
«Ich bin ein Glückskind von Geburt an», antwortet Julie Vater spontan, wenn sie nach ihren hundert Lebensjahren gefragt wird. Dabei strahlt sie über das ganze Gesicht und steckt einen mit ihrer Fröhlichkeit an.
Kurz vor Julie Vaters Geburt 1921 verstarb ihr leiblicher Vater im Militärdienst. Die junge Mutter musste notgedrungen arbeiten, um über die Runden zu kommen, und entschied sich schwersten Herzens, ihre neugeborene Tochter zur Adoption frei zu geben.
Von ihren Adoptiveltern habe sie alles gelernt – insbesondere die Dankbarkeit, welche sie ihr ganzes Leben begleitet habe, berichtet Julie Vater. Sie sei viel gereist, Jerusalem und Paris besuchte sie schon in jungen Jahren. Nach der Volksschule absolvierte sie in der familieneigenen Tragflächenfabrik eine Ausbildung zum Bürofräulein und unterstützte ihren Adoptivvater in der Firma.
Als Julie Vater volljährig war, machte sich ihre leibliche Mutter auf die Suche nach ihrer Tochter. Knapp acht Jahre dauerte es, bis es eines Tages an der Haustür von Julies Adoptiveltern klingelte. Es entstand eine wunderbare Freundschaft zwischen den beiden Frauen. Auch zwischen ihrer Mutter und den Adoptiveltern.
Über 47 Jahre war Julie Vater glücklich verheiratet. Mit Mann und Tochter führte sie eine Hühnerfabrik und belieferte die städtische Stammkundschaft regelmässig mit frischen Eiern. Drei Katzen und zwei Hunde gehörten zur Familie. Nachdem die Fabrik erfolgreich verkauft wurde, gönnte sich das Ehepaar mit dem Erlös eine Auszeit. Die beiden genossen mehrere Kreuzfahrten und unternahmen sogar eine Weltreise. «Schöne Erinnerungen», schwärmt die seit zehn Jahren verwitwete Jubilarin.
Mit Veränderungen hat Julie Vater keine Mühe. Sie finde immer etwas, das ihr Freude bereite. Im Wohn- und Pflegezentrum Blumenrain fühlt sie sich wohl. «Mir isch gliich, woni bin. Da woni bin, da bin i und det gfallts mer denn au.»
Zum Abschluss unseres Gesprächs bitten wir die Jubilarin, uns zu verraten, wie es ihr gelang, stets optimistisch zu sein. Sie freut sich, den Leserinnen und Lesern die folgende Botschaft mit auf den Weg zu geben: «Lernen Sie, Gutes von Schlechtem zu unterscheiden. Befreien Sie sich von Schlechtem – und falls das nicht möglich ist, machen Sie aus dem Schlechten das Beste!»
Falls es Sie wunder nimmt, wie alt Julie Vater werden will – hier ihre Antwort: «I ha nüüt für mini Geburt gmacht und tue au nüüt für de Tod. Es isch wie immer – es chund, wies chund.»
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