Von Franca Siegfried ‒ 21. Juli 2022
Thomas Koelliker bekommt an der 1.-August-Feier das Wort in Zollikon. 20 Jahre war er reformierter Pfarrer im Zollikerberg. Er bereitet seine Rede nicht etwa als Seelsorger vor, sondern er wird als Mitbürger am Rednerpult stehen.
Ich wurde vom Zolliker Gemeindepräsidenten angefragt, ob ich die 1.-August-Rede halten werde. Das wird in doppelter Ausführung geschehen, am Nachmittag beim Wohn- und Pflegezentrum Blumenrain und am Abend auf der Allmend Zollikon.
Zollikerinnen und Zolliker mit ihren Kindern wie auch Gäste, die nicht in den Ferien sind. Falls Hitze und Trockenheit weiter andauern, könnten jedoch Höhenfeuer und Feuerwerk zu Recht verboten werden. Damit verliert der Anlass für viele seine Attraktivität.
Tragisch ist nicht das passende Wort. Wegen der Corona-Pandemie galt das Veranstaltungsverbot auch für die Nationalfeier. Nach zwei Jahren Stille ist eine traditionelle 1.-August-Feier besonders notwendig.
Die Nationalfeier dient der Identitätsstiftung in unserem Land. Die braucht es nach der offensichtlichen Spaltung der Gesellschaft während der Pandemie und seit diesem Jahr mit dem Ukraine-Krieg in Europa. Der Krieg hat zum Beispiel eine breite Debatte über die Neutralität der Schweiz entfacht.
Eigentlich hat die 1.-August-Feier viel ältere Wurzeln. Dahinter steht höchstwahrscheinlich das keltische Fest Luganasad. Die Feier ist ein Ritual, das den Menschen den Jahresablauf veranschaulicht als Auftakt vor der grossen Ernte. Mit Essen, Trinken, Tanzen und Lachen liess sich das Zusammengehörigkeitsgefühl besonders gut stärken, das wiederum half, die kommende Mühsal der Erntearbeit gemeinsam besser zu ertragen.
Ich will mich noch nicht festlegen, es gibt jedoch aktuellere Themen, die mich und uns alle beschäftigen und berühren.
Das Thema überlasse ich gerne Klimaexperten, die können mehr dazu sagen und ihre Empfehlungen abgegeben.
Ich werde am 1. August nicht als Pfarrer, sondern als Mitbürger reden. Aber worauf ich mich besinnen werde, ist der Ukraine-Krieg. Ich habe als Seelsorger der Armee erfahren, wie es ist, ständig von einem möglichen Ernstfall zu sprechen. Und jetzt ist ein Krieg ausgebrochen, der nur 28 Stunden Autofahrt von uns entfernt liegt. Der sogenannte Ernstfall ist keine Metapher mehr, sondern ist eine beängstigende Wirklichkeit geworden.
Bestimmt. Wir müssen über diese neue Wirklichkeit nachdenken. Wir leben privilegiert und sind verwöhnt in Zollikon. Wir haben wieder Gemeinderäte unseres Vertrauens gewählt, die sich für uns engagieren. Ich frage mich manchmal, ob uns bewusst ist, wie gut es uns geht.
Eine Predigt im eigentlichen Sinn wird es selbstverständlich nicht sein. Doch auch hier sollen meine Worte in den Köpfen einen Prozess des Nachdenkens auslösen. Egal, ob man damit einverstanden oder dagegen ist. Hauptsache, man denkt nach.
Ich werde an der Festrede das gesprochene Wort pflegen. Eine Rede ist keine Schreibe. Streng ans Manuskript habe ich mich immer nur an Abdankungen gehalten.
Es gab tatsächlich Fälle, in denen Seelsorger von Hinterbliebenen rechtlich belangt wurden mit der Klage, dass die Abdankung die Würde des Verstorbenen verletze. Also ist das strikte Ablesen vom Manuskript eine vorsorgliche Massnahme. Das wird am 1. August auf der Allmend von Zollikon nicht notwendig sein (lacht). Es soll festlich sein, spontan, eine gewisse Leichtigkeit darf nicht verloren gehen. Ich denke auch an das unterschiedliche Publikum, einige werden mit der Wurst bestimmt mehr als ein Bier getrunken haben.
Öffnung der Festwirtschaft um 18 Uhr. Feier ab 21 Uhr, Allmend.
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