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Einen Plan B gibt es nicht

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 9. Februar 2023

Mitglieder des Gemeinderats informierten über die geplante Asylunterkunft im Dorf.

Nach den Kurzvorträgen war Gelegenheit zum Studium der Visualisierungen. (Bild: bms)
Nach den Kurzvorträgen war Gelegenheit zum Studium der Visualisierungen. (Bild: bms)

Die Reaktionen gingen von «Herzlichen Glückwunsch zu diesem Projekt» bis zu «Warum sollen wir Flüchtlinge überhaupt integrieren?» Dabei hatten sich die Akteure bemüht, die Infoveranstaltung zur neuen Asylunterkunft so sachlich wie möglich zu gestalten. Zu Beginn betonte Gemeindepräsident Stefan Bührer, dass es nicht um das «ob», sondern um das «wie» ginge. «Wir machen hier keine Asylpolitik. Unser Auftrag ist es, den Menschen mit schwieriger Vergangenheit eine Unterkunft anzubieten.» Dabei seien ihm und dem gesamten Gemeinderat bewusst, dass ein solches Projekt nicht nur auf Goodwill stosse. «Aber uns fehlen schlicht Plätze. Wir müssen handeln.»

Sorgfältige Prüfung

2018 hat Zumikon die nicht mehr betriebstüchtigen Asylcontainer zurückgebaut. Da damals die Asylquote tief war, bestand kein unmittelbarer Handlungsbedarf, zumal ein Bau auf Vorrat politisch kaum mehrheitsfähig gewesen wäre. Dann kam der Februar 2022 und die Flüchtlingswelle aus der Ukraine. Diese konnte nur aufgefangen werden, weil Wohnungen über dem alten Feuerwehrgebäude angemietet werden konnten und Zumiker Einwohner und Einwohnerinnen spontan Familien aufnahmen. «Diesen Mitbürgern danken wir nochmals», sagte Mirco Sennhauser, Vorsteher der Abteilung Gesellschaft. Asylpolitik sei kein Wunschkonzert. «Unsere Aufgabe ist es, für die nötige Infrastruktur zu sorgen.» In absehbarer Zeit werde es keine Stabilisierung im Ukrainekrieg geben und selbst danach sei die Rückkehr in ein Land, das grossflächig zerstört ist, schwierig.

Auf der Suche nach einer Immobilie bzw. einem passenden Grundstück ist der Gemeinderat gründlich vorgegangen. «In Zumikon entsteht kein kantonales Durchgangszen­trum. Wir wollen keine Kollektivunterkunft und möchten auch ­niemanden mehr in dem sanierungsbedürftigen Bunker am Dorfplatz unterbringen», unterstrich Thomas Epprecht, Vorsteher Liegenschaften. Er zeigte Fotos aus dem alten Ortskommandoposten, in dem seinerzeit syrische Flüchtlinge untergebracht werden mussten. «Wir planen temporären Wohnraum für geflüchtete Menschen und andere Menschen in Not», skizzierte er, ­wobei temporär nicht provisorisch bedeute. Das bedinge eine robuste, einfache Bauweise, eine hohe Funktionalität sowie Flexibilität und ­Familientauglichkeit. Nach einer ersten Prüfung verschiedener ­Standorte seien das Grundstück am ­Farlifang, das Gelände bei der Scheune am Rietacher, das Chirchbüel und das Swisscom-Gebäude am Thesenacher analysiert worden. Die Aspekte Landwert, Grösse, Lage, einfache Bebaubarkeit und Umgebung hätten schliesslich den Ausschlag für das Grundstück zwischen Farlifang und Dorfstrasse gegeben.

Variable Wohnungsgrössen

Wie der geplante Bau – mit drei Geschossen und Flachdach – aussehen könnte, zeigte Architekt Mark Aurel Wyss mit unterschiedlichen Visualisierungen. Geplant sind insgesamt acht Wohnungen variabler Grösse, mit sogenannten «Schaltzimmern», tauglich für kleine und grössere Familien. Über zwei Aussentreppen und einen Laubengang seien die Wohnungen in den oberen Etagen erreichbar. Sollte die Gemeindeversammlung im Juni zustimmen, könne sofort mit dem robusten Holzbau begonnen werden. Der Zeitrahmen sieht vor, dass im Sommer 2024 die Wohnungen bezugsfertig sind. Im Budget ist dazu ein Betrag von 2,9 Millionen Franken vorgesehen. Die Frage, warum die Kosten derart hoch sein müssen, beantwortete Thomas Epprecht: 2,9 Millionen für acht Wohnungen seien im Vergleich zu einem normalen Wohnblock nicht teuer – günstigere Lösungen wie Container seien kurzlebiger. Die Langlebigkeit des geplanten Baus sei ein weiteres ­Argument für die Annahme. Werde kein Wohnraum mehr für Flüchtlinge gebraucht, könne der Neubau flexibel genutzt werden – zum Beispiel für die Schule.

Die Antwort auf die Frage aus dem Plenum nach einem Plan B war ernüchternd: Es gibt keine denkbare Alternative. Schon jetzt müssen im Herbst teure Übergangslösungen ­gefunden werden, da die Wohnungen am Mettelacher nicht mehr zur Verfügung stehen. Angebote auf dem freien Immobilienmarkt gibt es kaum. Im Zweifelsfall müssten Teile der Turnhalle mit Feldbetten bestückt werden, um die vorgeschriebene Quote zu erfüllen.

Im Anschluss konnten die rund 60 interessierten Bürger und Bürgerinnen die Visualisierungen studieren und mit den Podiumsteilnehmern ihre Anliegen besprechen. Die konkreten Ausmasse des Neubaus werden in den nächsten ­Wochen sichtbar, wenn das Gebäude ausgesteckt ist.

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