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Gemeindeversammlung und ein Blick in die Glaskugel

Von Franca Siegfried ‒ 16. März 2023

Die Gemeindeversammlung hatte nur ein Geschäft zu beschliessen. Eine neue Heizung für die Schulanlage Rüterwis wurde einstimmig angenommen. Danach informierte der Gemeinderat über seine Legislaturziele bis 2026.

Legislatur 2022 bis 2026 vom Zolliker Gemeinderat mit grossen Zielen und vielen Unbekannten. (Bild: cef)
Legislatur 2022 bis 2026 vom Zolliker Gemeinderat mit grossen Zielen und vielen Unbekannten. (Bild: cef)

Die Heizung der Schulanlage Rüterwis im Zollikerberg muss ersetzt werden. Ein Vorhaben mit neuen gesetzlichen Vorgaben, entsprechender Planung und einem akribischen Bauprogramm, damit die Kinder beim ­Unterricht nicht gestört werden. Das war das einzige Geschäft für die Gemeindeversammlung am 15. März. Trotzdem haben sich an diesem Abend 85 stimmberechtigte Zollikerinnen und Zolliker die Zeit genommen. Der angekündigte zweite Teil der Versammlung hat neugierig gemacht: Ein Werkstattbericht beziehungsweise Informationen über die Legislaturziele.

Gemeindepräsident Sascha Ullmann begrüsst und spult das rechtliche Prozedere ab, quasi das «Kleingedruckte». Über das Geschäft selbst berichtet Gemeinderat Patrick Dümmler als  Ressortverantwortlicher. Die Wärmeerzeugungsanlage der Schule ist 21 Jahre alt. Wärmeerzeuger ist ein Sammelbegriff für alle Arten von Heizgeräten und Trinkwassererwärmung. Kurzum, die Gasheizung im Rüterwis ist in die Jahre gekommen. Seit 2022 gilt im Kanton Zürich das neue Energiegesetz, das den Verzicht auf fossile Brennstoffe verlangt, sobald eine Anlage ersetzt wird. Zumal die Schulanlage aus fünf Schulhäusern und einer Turnhalle besteht. Das älteste Schulhaus wurde 1911 gebaut, das jüngste 2018. Die Heizzentrale befindet sich im ältesten.

Erdsonden auf dem Pausenplatz

Das Ingenieurbüro Evoplan AG empfiehlt eine Wärmepumpe mit Erdsonden. Die Ausführungen kosten 2,84 Millionen Franken. Das Bauprogramm ist dicht. Die Arbeiten mit den grössten Immissionen konzentrieren sich jeweils auf die Sommerferien 2023 und 2024. Das ideale Grundstück für das Erdsondenfeld ist der Pausenplatz, da dieser auch bei einer allfälligen Schulerweiterung unbebaut bleiben wird. Eine genaue Kosteneinsparung ab Inbetriebnahme im 2024 sei mit der aktuellen Energiepreissituation schwierig zu beziffern, erklärt ­Patrick Dümmler. Man rechnet mit 40 bis 50 Prozent. Die Abschreibung der Anlage über 20 Jahre beträgt 148 000 Franken pro Jahr. Auch die Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission stellt den Antrag, den Ausführungskredit anzunehmen. Danach folgen zwei Wortmeldungen. In 30 Minuten ist das Geschäft vom Tisch – einstimmig angenommen.

Legislatur 2022 bis 2026

Nachhaltigkeit, Ortsentwicklung, Verkehr, Schule, Digitalisierung, Lebensqualität, Liegenschaftenstrategie – diese Schwerpunkte geben den Legislaturzielen den inhaltlichen Rahmen. Claudia Irniger, Präsidentin der Schulpflege, erklärt beispielsweise, wie die Schule Kinder auf den digitalen Wandel vorbereiten muss. Für eine rechtzeitige Planung von Schulräumen werde mit der Liegenschaftenabteilung zusammengearbeitet, da die Zahl der Schülerinnen und Schüler wächst. Sie erwähnt auch, wie man den Mangel an Lehrpersonen mit einer guten Arbeitskultur eindämmen könnte. Auch sind schulergänzende Betreuungen ein Thema.

Gemeinderätin Sandra Fischer als Ressortvorsteherin Gesellschaft konzentriert sich auf ein attraktives Zollikon für Familien und ein gutes Leben im Alter mit diversen Wohnformen. Dafür brauche es Bedürfnisabklärungen in der Bevölkerung und ein demokratisches Mitwirken der Jugend.

Dorian Selz, Ressortverantwortlicher Bau, hat zwei Themen im Fokus: Netto Null und Biodiversität. Er spricht über eine naturnahe Pflege der Grünflächen in Zollikon. In Netto Null bis 2035 sieht er die grosse Chance mit dem Energieverbund Lengg. Hinzu komme die Planung von Photovoltaik für Liegenschaften. Zudem engagiert sich der Gemeinderat für Kundenprozesse im Zeitalter der Digitalisierung, etwa für Baueingaben und Behördengänge. «Ausgenommen sind Gemeindeversammlungen und der gemeinsame Aperitif danach», sagt Dorian Selz lachend. Trotzdem weist er darauf hin, dass ein politischer Diskurs in der Gemeinde zwischen den Versammlungen intensiviert werden könne mittels digitaler Kommunikation.

Gemeinderat Patrick Dümmler hat sich der Ortsentwicklung beziehungsweise Zentrumsentwicklung verschrieben – im Dorf und besonders im Berg. Hinzu kommt ein attraktives Seeufer auf der Wässerig-Wiese und beim Altersheim am See.

André Müller, Ressortverantwortlicher Sicherheit und Umwelt, zeigt den kantonalen Richtplan – und was Zollikon noch alles zu erwarten hat. Schluss mit Schleichverkehr durch die Gemeinde, sichere Velowege usw., Messungen und Studien sind geplant. Zollikon will nicht tatenlos zusehen, auch nicht beim Flugverkehr. Der Gemeinderat signalisiert an diesem Abend Entschlossen- und Geschlossenheit.

«Netto Null mit Photovoltaik lässt sich gut und schnell umsetzen, die Biodiversität in unserer Gemeinde benötigt mehr Zeit», sagt Sascha Ullmann beim Aperitif. «Und es braucht eine durchgehende Vereinfachung der Verwaltungsprozesse. Voraussetzung ist die Bereitschaft zum Umdenken.» Der Aperitif beweist, wie trotz oder gerade wegen der Digitalisierung der persönliche Austausch geschätzt wird. Es ist an diesem Abend offensichtlich: Der Gemeinderat hat das Wohl der Bevölkerung ohne Parteipolitik in ihre Ziele aufgenommen. Noch stehen sie am Anfang. Im rasanten Wandel der Zeit sind diese für das Jahr 2026 jedoch ein Blick in die Glaskugel.


Mehr Information über Legislaturziele: www.zollikon.ch/aktuellesinformationen/1810769
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