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Von Zolliker Crèmeschnitten

Von Franca Siegfried ‒ 5. April 2023

Auf der Suche nach einem ­lebendigen Quartier. Der Quartierverein Zollikerberg hat nach der Generalversammlung den Gemeinderat Dorian Selz eingeladen. Diskutieren, zuhören, sich zu Wort melden, ­lachen – ein Abend mit guten Begegnungen. 

Nach der GV berichtete der geladene Gemeinderat Dorian Selz (GLP) über seine neun Monate als Verantwortlicher der Bauabteilung. (Bild fs)
Nach der GV berichtete der geladene Gemeinderat Dorian Selz (GLP) über seine neun Monate als Verantwortlicher der Bauabteilung. (Bild: fs)

40 Jahre lang hat sich Fritz Wolf für den Quartierverein eingesetzt. Im März verfasste er seinen letzten Jahresbericht. Ein Verein mit 227 Mitgliedern, letztes Jahr sind 22 neue dazu gekommen, zehn ausgetreten. Es sind Menschen, die begriffen haben, was es bedeutet, in einem lebendigen Quartier zu wohnen. Sie wollen sich für eine Oase in einer Welt engagieren, die undurchschaubar geworden ist – einen Ort in dem sich alle Generationen wohlfühlen. Das Wort «Heimat» ist politisch befrachtet, jedoch in der globalisierten Welt als Lebensmittelpunkt wichtig, es geht um soziale Räume, um Begegnungen. Am 30. März trafen sich 43 Mitglieder zur General­versammlung: Die Entwicklung des Zollikerbergs gibt viel zu reden, zumal der Quartierverein ein Ansprechorgan für Behörde und Politik ist. In der Gemeinde ist der Dialog gewährleistet, der Kanton setzt andere Prioritäten. Beispiel Forsthütte im Feufbühl, sie wird abgerissen. Regierungsrat Martin Neukom (Grüne Schweiz) fand keine freie Minute für ein klärendes Gespräch mit dem Quartierverein. Oder die grosse Sorge um einen Verkehrskollaps auf der Forchstrasse, welche aus dem Berg schon jetzt ein Strassendorf macht.

Sehr viel Geld für Grundstücke

Nach der Generalversammlung berichtet Gemeinderat Dorian Selz (GLP) über seine neun Monate als Verantwortlicher der Bauabteilung. Er will sich unter anderem um das Zentrum am Berg kümmern. Die erste, klärende Frage richte sich an die Bevölkerung und den Quartierverein: «Wollen wir eine bauliche Verdichtung, ein Zentrum wie im Dorf unten oder wollen wir die grüne Lunge als Central Park East beibehalten?» Die Bau- und Zonenordnung (BZO) ist bis 2025 in Revision. Zudem führen hohe Grundstückspreise jetzt schon zu maximalen Ausnützungen, die das Verhältnis zwischen Grundstück- und Bruttogeschossfläche beziffern. Eine klare Zwischenfrage aus dem Publikum lautet: «Wieviel wird für Parzellen bezahlt?» Dorian Selz spricht von 3000 Franken und mehr pro Quadratmeter, je nach Bauzone, die Preise von Berg und Dorf hätten sich angeglichen. Die monetäre Auswirkung auf die Architektur ­offenbare sich in Crèmeschnitten, wie der Gemeinderat Neubauten bezeichnet: «Keller mit Tiefgargage, dann Betonplatte, danach Glas, wieder Betonplatte, Glas darauf, neue Betonplatte und als Zuckerguss ein Penthaus.» Mit seiner ­bildhaften Sprache erreicht er das Publikum.

«Netto Null» und Biodiversität

Zu seinen Ausführungen kommen Zwischenfragen. Vieles haben die Anwesenden schon gelesen, an der Gemeindeversammlung gehört, aber im kleinen Kreis bekommen die Informationen ein neues Gewicht. Etwa auch das Ziel «Netto Null» mit dem Energieverbund Lengg für erneuerbares Heizen mit Seewasser. In 30 Metern Tiefe wird im See Wasser in die unterirdische Zentrale in Zollikon gepumpt und fliesst einige Grad kühler wieder zurück in den Zürichsee. Reicht diese Energie auch für den Zollikerberg? «Bis zum Spital Zollikerberg und im nahen Umfeld wäre es möglich», sagt der Gemeinderat. «Sonst könnten zusammen mit der Holzkorporation Holzschnitzelheizungen realisiert werden. Oder Photovoltaik-Anlagen, wo es vom Standort her sinnvoll ist.» Bei der Roswies plädiert Dorian Selz für eine Zwischennutzung: «Als Unternehmer finde ich es spannend, etwas auszuprobieren». Das bedeutet auf der Parzelle den Blumenladen Verdissimo, ein Pop-Up-Restaurant vom «Wilden Kaiser» und Frau Arnold mit Pferden und Schafe. Ein Mitglied des Quartiervereins kann ­diesem Vorschlag nur zustimmen. Er kennt ein ähnliches, gelungenes Beispiel von der anderen Seeseite. Weiter hat sich die Gemeinde der Biodiversität verpflichtet. Ein Vertreter des Verschönerungsvereins im Saal bestätigt, man sei auch im Zollikerberg auf gutem Weg.

Beim Aperitif zwanglos und ernsthaft

Dank dem Milizsystem sitzt mit ­Dorian Selz ein veritabler Vertreter der Digitalisierung im Gemeinderat. Sein zweites Startup war local.ch. Kein Wunder schaut er sich auch die bürokratischen Prozesse an und sucht nach Beispielen, wo eine ­Digitalisierung sinnvoll ist, etwa mit E-Baugesuchen. Diese werden die Bauverfahren abkürzen und die Gesuchstellenden zwingen, vollständige Dossiers abzuliefern: «In Zeiten der Digitalisierung sind Veränderungen zur Konstante geworden», sagt Dorian Selz. Beim Verkehr spricht er über die Verknüpfung von Kantons- und Bundes­gesetz, etwa mit der Forchbahn. «Es nützt nichts zu täubele, solange die übergeordnete Behörde nicht will», so Selz. «Zumikon hat das damals gut gemacht mit der Untertunnelung.» Er verweist auf den neuen Verein «Ostumfahrung Zürich», der dieses Jahr von seinem Vorgänger Martin Hirs gegründet wurde. Drei Tunnels sind im kantonalen Richtplan eingetragen; diese sollten den Verkehr im Bezirk Meilen, so auch im Zollikerberg, beruhigen. Das mit dem lebendigen Quartier ging beim Aperitif weiter. Dieser Abend ist ein schönes basisdemokratisches Beispiel: zusammen reden, zuhören, lachen, unterschiedliche Meinungen und Begegnungen mit viel Respekt – nur so lässt sich auch Vertrauen gewinnen. Neu wird das Frauenteam Renate Diener und ­Esther Meier den Quartierverein präsidieren.


www.quartierverein-zollikerberg.ch

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