Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 20. April 2023
Bereits bei einer Informationsveranstaltung zum Neubau für Geflüchtete war klar geworden: Nicht alle Zumiker stehen hinter diesem Vorhaben. Nicht überraschend verkündete Marc Wachter vergangene Woche, dass ein «Komitee Asylzentrum Farlifang Nein» gegründet wurde. Bereits 20 Bürger seien diesem Gremium beigetreten. Das Impressum der entsprechenden Webseite verrät keine weiteren Namen. Das Komitee unterstreicht dabei: «Es steht ausser Frage, dass wir als Gemeinde unsere humanitäre Verantwortung wahrnehmen und Schutzbedürftigen helfen müssen.» Die Frage nach dem «wie» oder «wie nicht» müsse aber erlaubt sein.
Gleich in mehreren Punkten lehnt das Komitee den Neubau ab: Er stehe an der falschen Stelle, sei zu teuer, komme zu spät und die Frage, wer denn komme, könne niemand beantworten. So plane Zumikon zwar für Familien, letztlich gebe es aber keine Wahlmöglichkeit. Bei der Informationsveranstaltung wurde verdeutlicht, dass schnelles Handeln gefragt sei. Wenn der Neubau aber erst Mitte 2024 bezugsfertig sei, sei es sinnvoller, weiterhin Mietwohnungen anzumieten. Das sei, so das Komitee, auch kostengünstiger. Mittlerweile lägen die Kosten mit 4,5 Millionen Franken über dem Zumutbaren. Auch die Lage direkt neben dem Chindsgi missfällt dem Komitee: «Durch das Bevölkerungswachstum ist absehbar, dass wir den Kindergarten in den nächsten Jahren erweitern müssen. Das Asylzentrum verbaut die letzte Landreserve, die für den Ausbau des Kindergartens in Frage kommt.» Zudem sei der Pausenplatz aktuell schon übernutzt. Ein Neubau für Flüchtlingsfamilien würde die Situation noch verschärfen.
Dem widerspricht die Gemeinde, die eben auch nicht von einem Asylzentrum spricht. «In Zumikon entsteht kein kantonales Durchgangszentrum. Wir wollen keine Kollektivunterkunft», hatte Thomas Epprecht, Vorsteher Liegenschaften, bei der Vorstellung des Projektes unterstrichen. Bei der Auswahl des Standortes war dem Gemeinderat wichtig, dass der Neubau in der Zone für öffentliche Bauten liegt. «Aufgrund der eingeschränkten möglichen Nutzung ist der Marktwert für ein solches Grundstück einfach deutlich niedriger als sonst in einer Bauzone», erläutert Gemeindeschreiber Thomas Kauflin. In einer Medienmitteilung heisst es dazu: Das gut erschlossene Grundstück ist Teil der knapp 18 000 Quadratmeter grossen Parzelle. Es ist unbebaut und flach, was eine vergleichsweise kostengünstige und rasche Bauweise erlaubt. Ausserdem ermöglicht die Nähe zur Schulanlage den kostengünstigen und umweltfreundlichen Anschluss an das Fernwärmenetz. Dank der Grösse der gesamten Parzelle wären spätere Erweiterungsbauten der Schulanlage trotz der geplanten Asylunterkunft immer noch problemlos möglich. Alle anderen Standorte liegen ebenfalls in Wohngebieten, würden aber vergleichsweise teures Land in Bauzonen beanspruchen. Der Gemeinderat hatte auch den Einsatz eines Wohncontainer-Provisoriums in Erwägung gezogen, aber wieder verworfen. Im Vergleich lägen die Kosten für den Holzelementbau in absoluten Zahlen zwar rund eine Million Franken höher, gemessen an den Abschreibungskosten sei ein Container-Provisorium aber um ein Mehrfaches teurer, so Thomas Kauflin.
Auch die Integration war für den Gemeinderat ein Argument. Am Siedlungsrand bestehe die Gefahr von fehlender sozialer Kontrolle, sagt Thomas Kauflin und räumt unumwunden ein, dass die Kosten zur ursprünglichen Schätzung deutlich gestiegen seien. Der Anstieg wird unter anderem auch mit der erneuten Erhöhung der Aufnahmequote auf 1,3 Prozent zum 1. Juni erklärt. Für Zumikon bedeutet das einen Anstieg von 155 Prozent von 29 Personen im April 2022 auf 74 Personen. Zusammengefasst seien die höheren Kosten zum grösseren Teil darauf zurückzuführen, dass die Gebäudehülle und -grundstruktur im Hinblick auf die höhere Belegung und spätere Umnutzungsmöglichkeiten wertiger ausgeführt würden als geplant. Dazu kämen Kosten für Umgebung und Realersatz für notwendige Abbrüche. Demgegenüber würden Innenausbau (Küchen, Bäder, Oberflächen) nach wie vor einfach gehalten, sodass lediglich die Grundanforderungen an eine Asylunterkunft erfüllt seien. Parallel sollen für die Zukunft vielfältige Nutzungen möglich sein. Sollten die Asylzahlen wieder sinken, soll das Gebäude ohne grosse Zusatzkosten auch für andere Zwecke genutzt werden können.
Für den Gemeinderat ist es keine Lösungen, dauerhaft günstige Wohnungen auf dem freien Markt anzumieten. Erstens seien die kaum verfügbar und zweitens meistens auch nicht günstig. «Dazu liegt hier auch eine gewisse Gefahr: Wenn die Gemeinde sämtliche günstigen Wohnungen mietet, um sie für Asylsuchende zur Verfügung stellen zu können, werden diese spärlichen günstigen Zumiker Wohnungen dem Wohnungsmarkt für eine gewisse Zeit entzogen. Dadurch würde es für den/die gewöhnliche/n Zumiker/in noch schwieriger, günstige Wohnungen zu finden. Diese müssten dann möglicherweise sogar Zumikon verlassen; das ist sicher nicht das Ziel des Gemeinderats.»
Das Komitee ist ein Zusammenschluss von Anwohnern, Eltern, Bürgern und Mitgliedern verschiedenster Ortsparteien. Der Zusammenschluss entstand aus vielen persönlichen Kontakten.
Das Komitee formiert sich im Moment. Bis auf weiteres bin ich mit der Kommunikation betraut, es werden sich aber im Laufe der Zeit auch noch andere Personen in unserem Namen zu Wort melden. Es gibt aber auch Komiteemitglieder, welche aufgrund der Brisanz des Themas anonym bleiben wollen.
Das Komitee ist nicht gegen die Unterbringung von Asylbewerbern in Zumikon. Einige unserer Komiteemitglieder haben bei der Ankunft ukrainischer Familien sogar aktiv mitgeholfen. Darum geht es nicht. Wir empfinden den Standort direkt neben dem Kindergarten als falsch. Unsere Schule, der Hort und der Kindergarten werden in Zukunft mehr Platz benötigen. Diesen Platz mit einem Asylzentrum zu verbauen ist strategisch falsch. Hinzu kommt, dass das Asylzentrum für bis zu 70 Asylbewerber ausgelegt ist. Damit wird die bestehende Infrastruktur überlastet.
Diverse Eltern, aber auch die Schule haben dies bereits thematisiert. Im ausgebauten Szenario werden bis zu 70 Personen neben dem Kindergarten beheimatet. Das erträgt die bestehende Infrastruktur nicht.
Als Stimmbürger haben wir die Möglichkeit Ja oder Nein zu diesem Geschäft zu sagen. Im Moment lautet die Lösung Nein. Der Gemeinderat hat zwölf weitere Standorte evaluiert, welche dann zur Diskussion kommen würden. In anderen Gemeinden werden von der Gemeinde Wohnungen angemietet. Dies würde wohl zu einer besseren Integration führen, als wenn sämtliche Asylbewerber an einem Standort zentralisiert sind.
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