Zwischen Geschäftslast, Redelust und Budgetplan

Von Franca Siegfried ‒ 11. Mai 2023

In vier Wochen sind Gemeindeversammlungen, am 13. Juni in Zumikon, am 14. in Zollikon. Von Jahresrechnungen, Millionenerträgen, schwierigen Geschäften und möglicher Redezeit­beschränkung – ein Überblick.

Ja oder Nein? An den nächsten Gemeindeversammlungen müssen die Stimmberechtigten von Zumikon und Zollikon viel entscheiden. (Bild: asl)
Ja oder Nein? An den nächsten Gemeindeversammlungen müssen die Stimmberechtigten von Zumikon und Zollikon viel entscheiden. (Bild: asl)

Der Monat Juni ist gesetzt für die obligaten Gemeindeversammlungen. Zumikon hat drei fixe Geschäfte auf der Traktandenliste, Zollikon mehr als doppelt so viele. Gemeinden mit über 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern könnten ­sogar ein Gemeindeparlament aufstellen – was nicht möglich ist für Zumikon mit seinen 5620 Einwohnern. Für Zollikon mit seiner Einwohnerzahl von 13 576 Personen wäre das Parlament eine Option. Anhand der aktuellen Traktandenliste ist es offensichtlich, dass die Geschäfte für eine grosse Gemeinde immer aufwendiger werden.

In Zumikon

Ertragsüberschuss beträgt 25,79 Millionen Franken. 4,61 Millionen Nettoinvestitionen liegen unter Budget. Das Eigenkapital wächst auf 93 Millionen Franken – das ist Zumikons Jahresrechnung 2022 kurz und knapp. «Das zweite Traktandum, der private Gestaltungsplan für die Wohnüberbauung Dorfplatz Nummer 13, bringt auch einen grossen öffentlichen Nutzen, deshalb erwarten wir keinen grossen Widerstand; möglicherweise entsteht trotzdem eine Diskussion», sagt Gemeindeschreiber Thomas Kauflin. Der Plan ist die baurechtliche Voraussetzung für ein Mehrfamilienhaus mit einer im Grundbuch eingetragenen Auflage für die öffentliche Nutzung des Erdgeschosses. Dort könnte eine Pächterin oder ein Pächter Gäste im Dorfrestaurant empfangen. Das dritte Traktandum, die geplante Asylunterkunft an der Farlifangstrasse 28 wird kontrovers dis­kutiert und an der Gemeindeversammlung viel Zeit benötigen. Die kantonale Quote von Unterbringungen beträgt 1,3 Prozent der Wohnbevölkerung. Thomas Kauflin: «Zumikon muss ab Juni 74 Personen aufnehmen können. Mit der geplanten Asylunterkunft kann eine dauerhafte, nachhaltige und dadurch auch vergleichsweise günstige ­Lösung umgesetzt werden.» Insgesamt 4,5 Millionen Franken wird der Elementbau aus Holz für 48 Asylsuchende kosten. Diese Lösung gefällt nicht allen, was nicht zuletzt die Leserbriefe im Zolliker Zumiker Boten zeigen.

In Zollikon

Die Stimmberechtigten erwartet ein Entscheidungsmarathon mit acht Traktanden. Eine Gemeindeversammlung darf jedoch nicht länger als bis 23 Uhr dauern. «Der Gemeinderat wird eine Redezeitbeschränkung beantragen; die Versammlung muss jedoch diesem Ordnungsantrag zustimmen», sagt die Kommunikationsverantwortliche Melanie Marday. 2021 wurde eine Masterarbeit über Redefreiheit und Pendenzenberg an der Universität Bern geschrieben. Ausgangslage war, dass das Berner Parlament zu lange parliert. Die Empfehlungen für Massnahmen ohne Verletzung des Rederechts sind mehr Disziplin, ­Voten nur noch pro Fraktion, je nach Geschäft nicht länger als drei Minuten usw.

Aber was geschieht in Zollikon, wenn trotz Redezeitbeschränkung nicht alle Geschäfte erledigt werden können? «Die Versammlung würde am Folgetag, also am Donnerstag, 15. Juni weitergehen. Dass es so ­viele Geschäfte sind, konnten wir leider nicht steuern. Es hat mit der Aktualität zu tun, etwa Einreichung ­einer Initiative, Fortschreiten von Projekten und Zeitpunkt des Verkaufs einer Liegenschaft.»

Geschäft Nummer eins: Die Jahresrechnung 2022 schliesst mit ins­gesamt 223,2 Millionen Franken, es ergibt sich ein Ertragsüberschuss von 27 Millionen. Die Nettoinvestitionen betragen 10,6 Millionen und sind 4,8 Millionen unter Budget. Das Nettovermögen von Zollikon ist auf 89,3 Millionen Franken gestiegen. Vier Geschäfte, die Nummern 3, 5, 6 und 8 werden jedoch an der Versammlung für ­Voten sorgen. Beispielsweise Traktandum 5 als Einzelinitiative von Fritz Wolf – das Restaurant Trichtenhausermühle im Zollikerberg soll erhalten bleiben. Zollikon müsste die Liegenschaft erwerben, sanieren, andernfalls über ein Servitut mit dem Eigentümer verhandeln. Oder das Geschäft Nummer 8: Tennisspielen ist in Zollikon besonders bei Jugendlichen beliebt. In den Wintermonaten fehlen ­jedoch Gelegenheiten. Eine Änderung der Bau- und Zonenordnung (BZO) ermöglicht, dass die temporäre Halle in Zollikon durch eine grössere Halle ersetzt wird. Und im Tennisclub Zollikerberg könnte eine weitere temporäre Halle im Winter entstehen.

Die Kunst der Budgetplanung

Zumikons Ertragsüberschuss beträgt 25,79 Millionen – budgetiert waren 7,67 Millionen, also 18 Millionen daneben. Mit dem erfolgreichen Verkauf der Liegenschaft Mettel­acher 5 und höheren Steuereinnahmen hat sich der Überschuss mehr als verdreifacht. Ein ähnliches Zahlenbild zeigt sich in Zollikon. Der Ertragsüberschuss von 27 Millionen Franken liegt sogar 25 Millionen über Budget. Das Ergebnis stammt hauptsächlich aus gestiegenen Steuererträgen, trotz reduziertem Steuerfuss um 3 Prozent. Die aktuellste ausgewertete Steuerkraft (pro Einwohner) vom Statistischen Amt im Kanton bezieht sich auf das Jahr 2021. Für Zollikon liegt die Steuerkraft bei 11 829 Franken, für Zumikon bei 11 674 Franken. Damit belegen die beiden Gemeinden im Kanton Zürich die Plätze 5 und 6 – hinter Küsnacht, Erlenbach, Kilchberg und Rüschlikon, auf Platz 7 folgt Herrliberg. Das kantonale Mittel wird mit 4368 Franken ausgewiesen, das Mittel im Bezirk Meilen liegt bei 8790 Franken. «Das Aufstellen eines Budgets ist die Kunst, Enttäuschungen gleichmässig zu verteilen.» Dieses Zitat des US-Politikers Maurice Stans (1908–1998) verlangt zumindest bei den Jahresrechnungen 2022 in Zumikon und Zollikon eine inhaltliche Korrektur.

Werbung

Neuste Artikel

Newsletter

Dieses Feld wird benötigt.

ANMELDEN

Herzlich willkommen! Melden Sie sich mit Ihrem Konto an.