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«Viel Steak, wenig Fett»

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 23. Juni 2023

Regisseur Niklaus Helbling über die Openair-Inszenierung von «Kapitän Kap Verde» auf dem Zumiker Dorfplatz.

Der Hamburger Regisseur Niklaus Helbling traf in Zürich auf ein ­eingespieltes Ensemble. (Bild links: zvg / Bild rechts: Theater Kanton Zürich, T + T Fotografie, Tanja Dorendorf)
Der Hamburger Regisseur Niklaus Helbling traf in Zürich auf ein ­eingespieltes Ensemble. (Bild links: zvg / Bild rechts: Theater Kanton Zürich, T + T Fotografie, Tanja Dorendorf)
Herr Helbling, was ist das Besondere oder auch Reizvolle am ­Openair-Theater?

Es ist die verschärfte Variante des normalen Theaters. Ich bin aber sehr beeindruckt, wie professionell das beim Theater Kanton Zürich läuft. Die Truppe kommt früh am Morgen zusammen, baut alles auf. Beleuchtung und Ton werden eingerichtet, dann wird gespielt und direkt danach alles wieder abgebaut und quasi besenrein übergeben. Dabei ist ja jede Stadt, jeder Spielort anders und braucht für jede Infrastruktur neue Lösungen.

Haben Sie das Stück mitausgewählt?

Nein. Das stand schon fest, als ich aus Hamburg dazu kam. Ich habe ein bisschen gebraucht, aber dann bin auch ich diesem Voltaire verfallen. Es ist einfach ein speziell gutes Stück und eher konventionell. Vor allem, wenn man überlegt, dass es im 18. Jahrhundert verfasst wurde. 30 Jahre vor der Minna von Barnhelm eine so schlaue Frau auf die Bühne zu stellen, ist schon stark. Da ist ganz viel Steak und wenig Fett. Das Stück ist zudem gut auf die Bühne zu bringen. Um es mit Goethe zu sagen: Es ist bretterig.

Die Geschichte könnte auch der Plot einer Soap auf RTL sein, oder?

Das Stück hat durchaus einen gewissen Trash-Anteil und ist zeitlos. Es bietet merkwürdige und komische Rollen. Keine der Figuren ist vollkommen doof, aber jede hat auf ihre Art auch etwas Liebenswertes. Voltaire hat die Komödie in London geschrieben, wo sie eher für die Stadt und nicht so sehr für den Hof gespielt wurde. Dabei bleibt sie natürlich auch eine Stände-Komödie.

Inwieweit hat Gendern auf der Bühne eine Bedeutung?

Ich finde, dass alle Neuerungen absolut berechtigt sind. Im Mittelpunkt des Stücks steht eine junge, selbstbewusste und initiative Frau. Damit ist es erstaunlich modern. Daneben, klar, gibt es das Patriarchat. Aber das Publikum kann ein Werk aus dem 18. Jahrhundert sehr gut einordnen. Zuschauer sollten generell stets als Erwachsene betrachtet werden.

Gibt es eine Figur, die besonders spannend ist – auch in der Entwicklung seit der Premiere?

Nein, weil alle Figuren wie Zahnräder ineinandergreifen. Das Zusammenspiel insgesamt ist das Spannende, wobei Intelligenz und Dämlichkeit sich hervorragend ergänzen. Bei den Proben war von Anfang an Spass dabei. Keiner musste sich seiner Rolle erst vorsichtig annähern oder überzeugt werden.

Im Mai war Premiere. Wie lange wird für ein solches Stück geprobt?

Wir hatten komfortable sieben Wochen. Aber da am Ende der Probezeit eine Mitspielerin krankheitsbedingt ausgefallen ist, wurde die Zeit doch knapp. Der Vorteil ist, dass sich die Schauspieler und Schauspielerinnen sehr gut kennen und sich nicht erst aneinander gewöhnen müssen. Auch musste bei den Proben nie lange diskutiert werden. Das ging alles sehr zügig.
Sie spielen fast täglich. Es geht von Uster über Winterthur und Rüti bis nach Dübendorf und Grüningen.

Ist so eine Tournee nicht sehr anstrengend?

Es ist ja kein Triathlon. Gespielt wird ausschliesslich im Kanton Zürich, das heisst, alle Darsteller und Darstellerinnen fahren am Abend mit der Bahn oder dem Auto wieder nach Hause und können im eigenen Bett schlafen. Ausserdem gibt es nach den Proben am Morgen vorgeschriebene Ruhezeiten. Die Schauspielerinnen und Schauspieler sind fit, wenn am Abend die Scheinwerfer angehen.

Das Theater Kanton Zürich gastiert am Samstag, 1. Juli um 20.30 Uhr auf dem Dorfplatz in Zumikon. Tickets gibt es auschliesslich an der Abendkasse.
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