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Opposition und ­politisches Prüforgan

Von Franca Siegfried ‒ 30. Juni 2023

Mit den Informationen zur Situation Rüterwis von Schulpräsidentin Claudia Irniger an der Gemeindeversammlung hätte Besonnenheit einkehren sollen. Wir haben bei der Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission nachgefragt.

Das Thema Rüterwis beschäftigt auch noch nach dem Gemeindeversammlungs-Marathon. (Bild: cef)
Das Thema Rüterwis beschäftigt auch noch nach dem Gemeindeversammlungs-Marathon. (Bild: cef)

Der Souverän hat das letzte Wort – auch in Zollikon. In einer Gemeinde besteht die Opposition nicht nur aus einer abgewählten Ortspartei, sondern umfasst alle Stimmberechtigten. Das war vorletzte Woche am Gemeindeversammlungs-Marathon offensichtlich. Am ersten Abend wurde die Schule Rüterwis zum Lackmustest für die Schulpräsidentin Claudia ­Irniger. Drei Anfragen verlangten nach Paragraf 17 des Gemeinde­gesetzes (GG) Informationen zur Situation Rüterwis. Claudia Irniger legte die Fakten auf den Tisch, so wie es das Öffentlichkeitsprinzip verlangt. Nur fünf Tage danach schickte die Ortspartei SVP ein Schreiben an die Schulpräsidentin.

Dem Zolliker Zumiker Boten und der Zürichsee-Zeitung wurde der Brief zugespielt: «Anlässlich der Gemeindeversammlung vom 14. Juni haben Sie gleich zu Beginn Ihres Auftrittes coram publico eine mögliche Amtsgeheimnisverletzung von Rui Biagini (Mitglied Schulpflege) erwähnt», schreiben der SVP-Präsident und sein Vize. Aus der Verletzung des Kollegialitätsprinzips wurde im besagten Schreiben ein Offizialdelikt bzw. eine Amtsgeheimnisverletzung. Jetzt geht es also um Anschuldigungen, wer was gesagt, wer wem gedroht hat und wer eine Strafklage einreichen könnte. Das klassische Dramadreieck: Wer bekommt die Verfolger-, wer die Opfer- oder die Retter-Rolle? Die Dynamik des Konflikts fördert den schnellen Wechsel der Rollen je nach Per­spektive.

Reale Hoffnung auf ein vorzeitiges Ende des Dramas liegt nun auf dem sachlichen Handeln und Reagieren der Rechnungs- und Geschäfts­prüfungskommission (RGPK). Als ­Milizbehörde ist sie in erster Linie ein politisches Prüf­organ. Thomas Winkler hat deshalb an der Gemeindeversammlung vom 14. Juni eine Mitteilung der RGPK vorgelesen: Die Kommission habe keine Missstände angetroffen, keine Gesetzesverstösse und Kompetenzüberschreitungen. Nach § 61 GG übt die RGPK in Zollikon die politische Kontrolle aus über die Geschäftsführung der Gemeindebehörden und Schulpflege – und rapportiert der Gemeindeversammlung oder je nach Fall auch der Aufsichtsbehörde.

Fragen an Viktor Sauter, Präsident der Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission (RGPK).

Was war der Auslöser für die RGPK, sich im Fall Rüterwis einzuschalten?
Viktor Sauter: Die RGPK ging aus eigenem Antrieb ihrem neuen gesetzlichen Auftrag nach, nachdem sie aus der Medienberichterstattung von den Vorgängen an der Schule Rüterwis Kenntnis erhielt. Der Aufgabenbereich der RGPK umfasst auch die Prüfung der Geschäftsführung. Die RGPK wurde weder von einer Behörde, noch von einer Partei, noch von einer betroffenen Person aufgefordert, in dieser Angelegenheit tätig zu werden.

Welchen Fokus hat die Kommis­sion in der Untersuchung gewählt?
Aufgabe der RGPK bei der Geschäftsprüfung ist u. a. die Auf­deckung von eigentlichen Missständen. Die RGPK hat sich in einem ersten Schritt zu einem ausführ­lichen Austausch mit der Schulpflege entschieden. Die an die Schulpflege, den Leiter Bildung und das Schulleiterteam gerichteten Vorwürfe waren den Medien und den Verlautbarungen von Elterngruppierungen sattsam zu entnehmen. Die RGPK behält sich aber einen Austausch mit weiteren involvierten Personen, insbesondere betroffenen Eltern, vor und wird die Angelegenheit weiterhin verfolgen.

Also kein Missstand im Rüterwis?
Ein Missstand hätte aus Sicht der RGPK bestanden, wenn es zu Gesetzesverstössen oder Kompetenzüberschreitungen gekommen wäre. Einen Missstand hätte die RGPK aber auch darin gesehen, wenn ein geordneter Schulbetrieb an der Schule Rüterwis nicht mehr gewährleistet gewesen wäre.

Solches ist aus Sicht der RGPK nicht der Fall.
Wie wird sich nach Ihrer Einschätzung der Fall weiterentwickeln?
Eine solche Einschätzung will und kann die RGPK nicht abgeben. Aber selbstverständlich hegt auch die RGPK die Hoffnung, dass sich die Situation bald möglichst beruhigt.

Kann sich die RGPK vorstellen, Strafanzeige zu erstatten?
Bei ihren Abklärungen stiess die RGPK darauf, dass Indizien für eine Amtsgeheimnisverletzung vorliegen könnten, es also zu einer solchen gekommen sein könnte. Darüber informierte die RGPK die Gemeindeversammlung. Die RGPK ist ein reines Kontrollorgan. Sie kann den Behörden nicht vorschreiben, wie diese ihre Arbeit zu tun haben und kann insbesondere nicht an deren Stelle Entscheide fällen. Die RGPK erachtet es deshalb grundsätzlich nicht als ihre Aufgabe, Strafanzeigen einzureichen. Eine Ausnahme dürfte nur dann gegeben sein, wenn die RGPK selbst die Einreichung einer Strafanzeige als unerlässlich erachtet und eine entsprechende Empfehlung der RGPK an die Behörden von diesen nicht beachtet wird. Die RGKP hat der Schulbehörde keine Empfehlungen im Zusammenhang mit dem möglichen Einreichen ­einer Strafanzeige abgegeben.

Was ist mit der Schulpflege?
Die Schulpflege hat im Übrigen keine Pflicht, eine solche Strafanzeige einzureichen. Die Schulpflege und andere Behörden können von einer solchen insbesondere dann absehen, wenn sie eine solche – aus welchen Gründen auch immer – als nicht zielführend oder gar kontraproduktiv erachten.
Sie haben die Gemeindeversammlung informiert, was ist mit der Aufsichtsbehörde?
Allgemeines Aufsichtsgremium über die Gemeinden ist im Kanton Zürich in erster Instanz der Bezirksrat, im Fall von Zollikon der Bezirksrat Meilen. Der Bezirksrat greift ein, wenn Hinweise auf klare Rechtsverletzungen bestehen oder die ordnungsgemässe Führungs- oder Verwaltungstätigkeit in einer Gemeinde auf andere Weise gefährdet ist. Das ist aus Sicht der RGPK in der Angelegenheit Rüterwis klar nicht der Fall. Eine Aufsicht über den Schulbetrieb hat aber auch das Volksschulamt inne. Dieses wurde durch eine Elterngruppierung ja ­direkt angegangen und steht bereits seit längerer Zeit im Kontakt mit der Schulpflege. Stand heute sieht die RGPK deshalb keine Veranlassung, bei einer Aufsichtsbehörde vorstellig zu werden.

Sie haben die Gemeindeversammlung informiert, was ist mit der Aufsichtsbehörde?
Allgemeines Aufsichtsgremium über die Gemeinden ist im Kanton Zürich in erster Instanz der Bezirksrat, im Fall von Zollikon der Bezirksrat Meilen. Der Bezirksrat greift ein, wenn Hinweise auf klare Rechtsverletzungen bestehen oder die ordnungsgemässe Führungs- oder Verwaltungstätigkeit in einer Gemeinde auf andere Weise gefährdet ist. Das ist aus Sicht der RGPK in der Angelegenheit Rüterwis klar nicht der Fall. Eine Aufsicht über den Schulbetrieb hat aber auch das Volksschulamt inne. Dieses wurde durch eine Elterngruppierung ja ­direkt angegangen und steht bereits seit längerer Zeit im Kontakt mit der Schulpflege. Stand heute sieht die RGPK deshalb keine Veranlassung, bei einer Aufsichtsbehörde vorstellig zu werden.

Zum Schreiben der SVP: Mangelt es der Ortspartei an Vertrauen in die RGPK?
Das Schreiben der SVP vom 19. Juni 2023 war nicht an die RGPK gerichtet, wurde dieser aber zugestellt. Das betreffende Schreiben befasst sich nicht mit der Arbeit der RGPK. Stand heute ist uns nicht bekannt, dass Ortsparteien die Arbeit der RGPK kritisieren. Anzumerken ist allerdings, dass das Schreiben der SVP die Abläufe an der Gemeindeversammlung aus Sicht der RGPK dahingehend nicht korrekt wiedergibt, als dass die Präsidentin der Schulpflege ihrerseits nicht von ­einer Amtsgeheimnisverletzung sprach, insbesondere nicht von ­einer Amtsgeheimnisverletzung durch eine bestimmte Person.

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