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Seilziehen um 800 Meter Dufourstrasse

Von Franca Siegfried ‒ 6. Juli 2023

Zwischen Gutachten und Bau­rekurs – die endlose Geschichte der Dufourstrasse. Die kantonale Bau- und Sicherheitsdirektion schiebt Verbindlichkeiten hin und her. Mit einer Petition für «Tempo 30» verlangen Anwohnende Massnahmen gegen die zunehmende Lärmbelastung und abnehmende Verkehrssicherheit.

Die Zolliker Strasse ist bereits 30er-Zone, die Dufourstrasse in Richtung Tiefenbrunnen mit den Buslinien sollte gemäss Petitition auf 800 Meter ebenfalls auf Tempo 30 reduziert werden. (Bild: cef)

Wer zahlt, befiehlt. Diese Regel gilt im Schweizer Strassennetz. Geordnet nach Bau- und Unterhaltskosten existieren in unserem Land drei Typen von Strassen: Die National-, Kantons- und Gemeindestrasse. Bestimmend für die einzelnen Typen sind nicht nur die Kosten mit Zuständigkeiten, sondern die damit verbundenen Gesetze. Das prägt auch den Fall Dufourstrasse: Es geht um eine Distanz von 800 Metern – vom Ortsschild Zollikon beim Viadukt bis zum Verkehrskreisel. Auf diesen Metern hat der Kanton das Sagen – und nicht die Gemeinde, ob es ihr passt oder nicht. Diese Woche wurde Martin Neukom, Vorsteher kantonale Baudirektion, und Mario Fehr, Vorsteher Sicherheitsdirektion eine Petition übergeben. Gefordert wird per sofort Tempo 30 für die Dufourstrasse als Sicherheitsmassnahme zum Schutz verschiedener Interessengruppen.

Der Kick aufs Gaspedal

Die 588 Unterschriften der Petition, gesammelt innerhalb von zwei Wochen, stammen nicht nur von Anwohnenden, sondern auch von Menschen, welche zu Fuss, per Velo oder Bus auf der Dufourstrasse unterwegs sind. Die Strasse ist während der Hauptverkehrszeiten besonders stark befahren. Nach der verstopften Bellerivestrasse verlockt die Dufourstrasse zum Kick aufs Gaspedal. Das beweisen sporadisch gemessene Geschwindigkeitsüberschreitungen mit dem «mobilen Blechpolizisten». Dem Verkehrsaufkommen entsprechen die zunehmende Lärmbelastung und die gleichzeitig abnehmende Verkehrssicherheit.

Hinter der Petition verbirgt sich jedoch eine längere Geschichte. Die Kurzform: «Gemäss Gesetz müsste die Dufourstrasse seit 2018 durch den Kanton Zürich lärmsaniert sein», sagt Johannes Braun, der mit seiner Familie an der Dufourstrasse lebt. «Der Kanton versuchte kurz vor Ablauf dieser Frist, die Anwohnenden mittels einer Scheinsanierung mit finanzieller Entschädigung an Schallschutzfenster ruhig zu stellen und die alarmierenden Lärmwerte zu ignorieren.» Mit dem Resultat, dass acht Anwohnende vor Gericht gingen. «Die involvierten Behörden (Bau- und Sicherheitsdirektion) verzögern das Verfahren – es geschieht nichts», so Johannes Braun. «Ein kantonales Expertengutachten, das allen Behörden vorliegt, empfiehlt als kurzfristige, kostengünstigste Lösung die Temporeduktion.» Mit der Petition soll jetzt den verantwortlichen Regierungsräten Martin Neukom und Mario Fehr die Verzögerungstaktik der Behörde vorgeführt werden. «Nur schon die geplante Übergabe der Petition war kompliziert», sagt Braun. «Die Baudirektion ist für den Lärmschutz zuständig und schiebt die Zuständigkeit betreffend Tempo 30 der Sicherheits­direktion zu.»

Rekurse, Einsprachen, Gericht

Es existieren zwei Gutachten, verfasst von Experten für Lärmschutz (März 2021) und für Verkehrs­sicherheit (November 2021). Das ­Fazit für Lärmschutz: Im Untersuchungsperimeter der Dufourstrasse in Zollikon stehen 33 anspruchsberechtigte Gebäude, bewohnt von 273 Personen. Die Notwendigkeit von Lärmschutzmassnahmen ist nachgewiesen (Art. 108, Abs. 2 SSV). Aus diesen Gründen wird die Kombination Temporeduktion und lärmarmer Belag empfohlen. Im späteren Gutachten mit einer verkehrstechnischen Gesamtbetrachtung haben Ingenieure den Handlungsbedarf nicht in Frage gestellt. Im Kapitel «Verhältnismässigkeit» wird jedoch ein Abschnitt der ­Dufourstrasse aufgrund Lage und Funktion nur bedingt für eine Temporeduktion taxiert. Gründe sind etwa fehlende Veloführung und schmale Trottoirs. Das bedeutet grosse bauliche Massnahmen. Mit der Temporeduktion wurde ein Zeitverlust für den Bus von bis zu 39 Sekunden berechnet.

Mit dieser Einschätzung war die Fortsetzung absehbar: Rekurse, Einsprachen, Baurekursgericht … Auch die verkehrstechnische Abteilung der Kantonspolizei Zürich und die Politische Gemeinde Zollikon sind als Beteiligte im Rekursverfahren aufgeführt. Die Erkenntnis des Baurekursgerichts (Oktober 2022): «Der Rekurs wird teilweise gutgeheissen. Demgemäss wird die Verfügung Nr. 1516 der Baudirektion Kanton Zürich vom 24. Mai 2022 mit Ausnahme von Dispositivziffer III aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zur Durchführung eines ausreichend koordinierten Verfahrens und zu neuem Entscheid an die Baudirektion Kanton Zürich zurückgewiesen.» Die Gerichtskosten muss die Baudirektion übernehmen und bezahlt eine Umtriebsentschädigung von je 200 Franken an die acht Rekurierenden. Ihre Petition ist ein weiterer «Aufschrei».

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