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Tarifverhandlung im Hickhack

Von Franca Siegfried ‒ 20. Juli 2023

Zusatzleistungen der Privat- und Halbprivat-Versicherten der Krankenkasse Concordia sind seit dieser Woche bei acht Spitälern im Kanton Zürich nicht mehr gedeckt – auch im Spital Zollikerberg. Wie es dazu kam.

Die Concordia ist in die Schlagzeilen geraten, in Zollikon sponsert sie Fussball für Kinder. (Bild: cef)
Die Concordia ist in die Schlagzeilen geraten, in Zollikon sponsert sie Fussball für Kinder. (Bild: cef)

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) wirft keinen Blick in Kristallkugeln, sie prüft als Aufsichtsbehörde Fakten, etwa von Krankenzusatzversicherungen. In einer Medienmitteilung vom Dezember 2020 schreibt sie jedoch, beim Aushandeln neuer Verträge der Versicherer mit Spitälern könnte es künftig zu vertragslosen Situationen kommen. Seit dem 17. Juli ist diese Voraussage eine Tatsache: Für Privat- und Halbprivat-Versicherte der Krankenkasse Concordia sind bei acht Spitälern im Kanton Zürich die Zusatzleistungen nicht mehr gedeckt – auch im Spital Zollikerberg. Was ist geschehen? «Weil die Concordia trotz zweijährigen Verhandlungen mit dem Verband Zürcher Krankenhäuser (VZK) Angaben zu den Vertragsgrundlagen nicht erhalten hat, musste sie den befristeten Vertrag mit acht Spitälern Ende 2022 auslaufen lassen», sagt Manuel Bamert, Concordia-Mediensprecher. Der Verband Zürcher Krankenhäuser vertritt die Spitäler Zollikerberg, Limmattal, Bülach, Männedorf, Uster, Affoltern am Albis, GZO Spital Wetzikon und See-Spital Horgen.

Streit um Abgeltung

«Uneinigkeit herrscht bei den Tarifen für die privaten und halbprivaten Abteilungen in den acht Spitälern, welche im Vergleich zu ähnlichen Spitälern in Bezug auf die angebotenen Leistungen deutlich überhöht und nicht nach­vollziehbar sind», erklärt Manuel Bamert. Streitpunkt sei nicht die Abgeltung medizinischer Leistungen, sondern die Mehrleistungen. Diesen Kostenvergleich müsse die Concordia offenlegen, entgegnet der VZK. Es handle sich nicht um ein systemisches, sondern um ein spezifisches Problem der Concordia. Christian Etter, Direktor des Spitals Zollikerberg, sagt dazu: «Die Tarifverträge mit allen anderen Krankenkassen wurden vereinbart. Das Spital Zollikerberg kann den Forderungen der Concordia mit Preissenkungen von bis zu 15 Prozent nicht nachkommen, insbesondere um die hochstehende Qualität der Zusatzleistungen nicht zu gefährden.» Weitere Verhandlungen würden stattfinden. Der VZK habe mit der Concordia wie auch mit allen anderen Krankenversicherern Gespräche geführt. «Die Basis ist ein Mehrleistungskatalog, der transparent die Zusatzleistungen und den Mehrnutzen aufzeigt, von welchen Zusatzversicherte profitieren», sagt Ronald Alder, stellvertretender Geschäftsleiter des VZK.

Versicherte bleiben gedeckt

«Den Versicherten stehen in jedem Fall die Leistungen zu, die ihnen gemäss den geltenden Vertrags­bedingungen (AVB) ihrer Krankenzusatzversicherung versprochen wurden», schrieb die Finma in ihrer Voraussage vor drei Jahren. Die Concordia hat eine Hotline eröffnet zur Beratung der Betroffenen. Es ist unbestritten, dass die Bevölkerung von Zollikon und Zumikon das Spital Zollikerberg besonders schätzt. Das Wissen, dass es in unmittelbarer Nähe ein modernes Akutspital mit 180 Betten im stationären Bereich gibt, ist Teil ihrer gefühlten Lebensqualität.

Programm zur Kostendämpfung

Die Krankenzusatzversicherung untersteht dem Privatrecht beziehungsweise alle Versicherer sind frei im Abschluss der Verträge – im Unterschied zur Grundversicherung. Trotzdem muss die Finma vor der Markteinführung über Tarife und Bedingungen informiert werden. Verlangt wird unter anderem Kostengerechtigkeit und Transparenz bei Abrechnungen. Zumal der Bundesrat 2018 ein Kostendämpfungsprogramm lanciert hat, welches missbräuchliche Geschäftspraktiken in Zusatzversicherungen verhindern sollte. «Angesichts der grossen Herausforderungen für die Spitäler ist die Preisforderung der Concordia verantwortungslos. Bevölkerungswachstum und demografischer Wandel mit einer zunehmend älteren Bevölkerung führen zu einem medizinischen Mehrbedarf, gleichzeitig herrscht ein Fachkräftemangel», sagt Ronald Alder vom VZK. Alle anderen Krankenversicherer hätten den Handlungsdruck erkannt. Der VZK meint zur Finma: «Offenbar hat sie festgestellt, dass die Prämien der Krankenversicherer zu hoch sind. Wenn dem so ist, müssen die Krankenversicherer ihre Prämien senken.» In diesem Hickhack um Tarife, Gewinn und Macht ist kaum noch Platz für Vertrauen – dieses gehört jedoch zum Grundkapital jeder Versicherung.

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