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150 Jahre Schule Zollikon: Die neue Lehrerin

Von Adrian Michael ‒ 8. September 2023

Im Winter 1970/71 wurde das grosse alte Sekundarschulhaus mit Baujahr 1900 auf dem
Buchholzhügel dem Erdboden gleichgemacht. Das Gebäude war verschwunden – zum Leid der Einen, zur Freude der Anderen. Was aber blieb, waren Erinnerungen; an fröhliche und wohl auch weniger fröhliche Stunden, die zahlreiche Jugendliche in diesem «Schulpalast in stolzer Höhe» verbracht hatten. Mehrere ehemalige Schülerinnen und Schüler haben ein paar dieser Erinnerungen mit uns geteilt, und wir geben ihre Geschichten in den kommenden Ausgaben mit Freude wieder weiter.

Das im Jahr 1900 erbaute Sekundarschulhaus war 70 Jahre lang Stätte für viele Begegnungen. (Bild: zvg)
Das im Jahr 1900 erbaute Sekundarschulhaus war 70 Jahre lang Stätte für viele Begegnungen. (Bild: zvg)

Es geschah vor 74 Jahren in der Schule Zollikon: Juhui, die Aufnahmeprüfung in die Sek bestanden! Das hiess aber auch, unser schönes Schulzimmer im Oescher verlassen und ins alte hässliche Haus auf dem Buchholzhügel umziehen. Aber es kam noch schlimmer: Wir würden das ältere Fräulein Steyer als Klassenlehrerin in Sprachfächern erhalten, eine bewährte Lehrerin zwar, aber ein «Fräulein» in der Oberstufe? Nach einem strengen Mittelstufenlehrer freuten wir uns aber doch auf eine dreijährige «Wohlfühloase» in der Überzeugung: Eine Frau unterrichtet bestimmt grosszügiger, sanfter, nachsichtiger, weniger konsequent. Weit gefehlt, es kam anders.

Bereits in den ersten Tagen machte uns die neue Lehrerin sehr schnell klar, wie sie sich den Unterricht mit uns vorstellte. Gerade aufgerichtet stand sie vor der Klasse, in einem karierten Faltenjupe, einer dunkelblauen, hochgeschlossenen Bluse, die grauen Haare im Pagenschnitt leicht onduliert, durch und durch Autoritätsperson, die uns sofort den nötigen Respekt abverlangte.
Wir begriffen dann auch sehr rasch, dass nur Fleiss, Lerneifer und gutes Benehmen für eine sorglose Schulzeit garantieren würde. Wir haben wunderbare Aufsätze geschrieben, immer wieder das Voci auswendig gelernt, uns mit französischen Verben geplagt, unter ihrem Motto: «Ihr lernt nicht für mich, sondern…» Ein bekannter Ratschlag!

Ja, streng war sie. Wir wurden gefordert, gefördert, gemassregelt, gelobt, vielleicht auch geliebt oder gehasst. Wir haben ihren Lehrstil akzeptiert, weil wir hinter ihren nicht immer «femininen» Härte spürten, wieviel wir lernten und was wir von ihrem profunden Wissen profitieren konnten.
Und dann … nach einem Jahr hat sie uns verlassen, plötzlich war sie weg. Und, man glaubt es kaum, wir waren sehr traurig, aber dankbar für alles, was sie uns mit ihrer ­harten, aber fairen Art fürs weitere Leben mitgab.

Susy Baumberger-Knittel


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